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Ein flavischer Nero: Zur Domitian-Darstellung und Datierung der Johannesoffenbarung

Published online by Cambridge University Press:  16 December 2013

Robert Mucha*
Affiliation:
Katholisch–Theologische Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität München, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München, Germany. email: Robert.Mucha@kaththeol.uni-muenchen.de
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Abstract

Recent archaeological and historical research has stressed the manifold relationship between Nero and Domitian thereby opening fresh insights into both the ‘remembered persecution’ of Christians by Domitian and the probable date of the Book of Revelation. It is this form of memorial strategy that throws new light on the old problem of Domitian and Revelation.

German Abstract:In archäologischen und althistorischen Diskursen werden neuerdings die Verbindungslinien zwischen Nero und Domitian herausgestellt. Aus einer Verbindung beider Kaiser ergeben sich auch neue Erkenntnisse hinsichtlich der ‘erinnerten Christenverfolgung’ unter Domitian und der Datierung der Johannesoffenbarung. Diese Erinnerungsstrategie lässt das Verhältnis zwischen domitianischem Prinzipat und der kanonischen Apokalypse in einem neuen Licht erscheinen.

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Copyright © Cambridge University Press 2014 

Die Forschung hat die Annahme einer reichsweiten Christenverfolgung unter Domitian hinter sich gelassen.Footnote 1 Die Herrschaft des letzten Flaviers ist dadurch als Ansatz zur zeitlich-situativen Verortung vieler urchristlicher Schriften fraglich geworden und die Exegese steht vor der Aufgabe, von dieser These abhängige Datierungen erneut zu prüfen.Footnote 2 Aus einem Wegfallen der Verfolgungsthese müssen aber nicht notwendigerweise Umdatierungen resultieren, sondern andere Datierungsargumente neu gewichtet werden. Wenn Domitian als Christenverfolger erinnert wurde (Tert.apol. 5.3–4; Lac.mort.pers. 3.2–3), obwohl er nie systematisch Christen verfolgt hatte, ist zu fragen, wo eine solche Tradition ansetzte und wie sie sich im Christentum festigen konnte.

Der vorliegende Beitrag versucht die Erklärungslücke zu schließen: Ein die konventionellen Datierungen in domitianische Zeit unterstützendes Argument ist in der typologischen Parallelführung zwischen Nero und Domitian erkennbar, die intensiver verlief als bislang beachtet. Besonders prägnant zeigt sich diese Tradition in der Johannesapokalypse (Offb): Dort wurden die Erinnerungen an Nero und Domitian so eng miteinander verbunden, dass Domitian zu einem zweiten Nero wurde.Footnote 3

1. Nero und Domitian – Schnittfelder der Erinnerung

Um die negative Darstellung Domitians im frühen Christentum zu verstehen, müssen die Erinnerungstraditionen seines Vorgängers Nero näher untersucht werden. Nero bietet sich nicht nur deshalb an, weil er der erste auch durch pagane Traditionen belegte Christenverfolger, sondern auch – wie Domitian – der Letzte seiner Herrscherdynastie war. Per se scheinen beide Herrscher viele Gemeinsamkeiten zu haben, denen im Folgenden nachgegangen wird.

1.1. Gleichheiten in literarischer Erinnerung und im Tyrannenbild

Die nachfolgende Grafik (Tab. 1) zeigt, wie sich hinsichtlich Domitians zum ersten Mal im Abfassungszeitraum der neutestamentlichen Schriften ein negatives Erinnerungsmuster wiederholt.Footnote 4

Tabelle 1. Nero-Erinnerung im Vergleich zu seinen Nachfolgern

Anhand dieser Analogien kann man erkennen, dass Domitian in der Tradition historiographischer Schriften in einem Atemzug mit Nero als schlechter Kaiser genannt wurde, an dem sich künftige Herrscher kein Vorbild nehmen sollten (vgl. SHA.Comm. 19.2).Footnote 14 Gerade die senatorische Historiographie und adulatorische Poesie beschrieben den letzten Flavier nach dessen Tod mit ähnlicher Motivik, wie zuvor den letzten Julier (vgl. Tab. 2).Footnote 15

Tabelle 2. Nero und Domitian – Gleichheiten

Auch wenn diese Ähnlichkeiten den meisten Bewohnern des Reiches nur bedingt vertraut gewesen sein mögen, stellten die Kalenderreformen beider Herrscher auch eine außerhalb senatorischer Kreise erfahrbare Parallele dar: Domitian benannte September und Oktober in ‘Domitianus’ und ‘Germanicus’ um,Footnote 16 wie Nero zuvor den April in ‘Neroneus’ umbenannt hatte.Footnote 17 Beide Kaiser zeichneten sich – ebenfalls weithin wahrnehmbar – durch eine sakrale Herrscherimago aus, die zumindest im Fall Domitians auch ‘religionspolitisch’ folgenreich war (vgl. Suet.Dom. 8.3–4).

Ein für die parallel verlaufende Erinnerung an Nero und Domitian wichtiger Umstand ist ihre Wahrnehmung als Tyrannen. In der römischen Literatur wird Nero immer mehr zum Typus eines Tyrannen, dessen Merkmale auch für nachfolgende Kaiser aufgegriffen werden konnten.Footnote 18 Er galt bald als Urbild eines tyrannischen Herrschers, wobei zu beachten bleibt, dass für die verschiedenen Erinnerungsgruppen ‘Römer’, ‘Juden’ und ‘Christen’ der Begriff Tyrann jeweils anders gefüllt war.

Während für die senatorische Historiographie – vereinfacht gesprochen – die Stilisierung als sakraler Herrscher nach hellenistischem Vorbild, das aggressive Vorgehen gegen die senatorische Elite, ein dekadenter Lebensstil und autokratische Manier einen Tyrannen ausmachten,Footnote 19 waren es bei einem jüdisch erinnerten Tyrannen Sanktionen und Verfolgungen gegen das Gottesvolk oder eine Missbilligung des Monotheismus.Footnote 20 Beide Erinnerungsfelder konnten sich überschneiden, aber auch erheblich divergieren.Footnote 21 Das Christentum scheint sich, aus jüdischen Denkkontexten stammend, in der römischen Welt noch einmal anders eingeordnet zu haben: Es bediente sich römischer wie jüdischer Erinnerungsmuster und erinnerte einen Tyrannen als gottlästernden Autokraten und selbsternannte Gottheit, der – gerade deshalb – Züge eines Verfolgers tragen musste. Ein solches Tyrannenbild ließ sich im Christentum zuerst auf Nero anwenden (vgl. Euseb.h.e. 2.25).

Nero füllt somit als Verfolger und Despot gleichermaßen den Tyrannenbegriff in allen Wahrnehmungskreisen aus.

Der erste Herrscher, der nach Nero wieder von römischen Historiographen, Juden und Christen umfassend als Tyrann wahrgenommen wurde, ist Domitian: Wie Nero wurde er als pessimus princeps erinnert. Die römischen Autoren der frühen nachdomitianischen Zeit ließen keine Gelegenheit aus, um den Herrscher in Kontrast zu seinen guten Nachfolgern posthum als Bestie darzustellen.Footnote 22 Auch wenn die senatorischen Berichterstatter die Umstände gezielt übertrieben,Footnote 23 scheint der negative Tonus auf historischen Grundlagen zu fußen.

Gerade weil die negative Sicht auf Domitian historisch fragwürdig bleibt, wurde der letzte Flavier zwiespältig wie kaum ein anderer Herrscher beschrieben.Footnote 24 Als Grund für die negative Erinnerung Domitians durch die römischen Autoren wird vor allem die Unmöglichkeit politischer Teilhabe unter seiner Herrschaft angeführt.Footnote 25

Im Judentum scheinen sich die Erinnerungen sehr zu widersprechen: Mal wird Domitian neutral blass (vgl. OrSib 5.40), mal sogar eher positiv gesehen (vgl. unter Vorbehalt christlicher Bearbeitung OrSib 12.124–142). Diese Stellen zeugen von einer Pluralität von Sichtweisen auf den Kaiser, wobei allerdings (wie bei den paganen Traditionen) die positiven durch die negativen Erinnerungsmomente überdeckt werden.

Als Beispiel für eine negative Wahrnehmung Domitians im Judentum kann das später auch im christlichen Bereich populär gewordene vierte Esrabuch dienen.Footnote 26 Es ist jüdischer Provenienz und weist Domitian eine Schlüsselstellung in der sogenannten Adlervision (4 Esr 11–12) zu. Gegen das letzte Haupt des Adlers richtet sich der Zorn Gottes.Footnote 27 Der Untergang dieses Hauptes, welches oft als Domitian gedeutet wird,Footnote 28 kündigt das Ende der Herrschaft Roms an (4 Esr 12.1–3; vgl. 11.45). Als direkter Adressat des Zornes des Messiaslöwen (vgl. 4 Esr 11.45–12.2) wird Domitian als eschatischer Widersacher und gefallener Herrscher beschrieben, der sich als Feind des Gottesvolkes erweist.

Mit Domitian ist folglich in der römischen wie in der jüdischen Erinnerungstradition ein negatives Bild verbunden – ein Zustand, der sich auf diese Weise zuvor nur bei Caligula und Nero gezeigt hatte. Das Christentum griff, wie noch gezeigt wird, auf dieses Muster zurück und beschrieb Domitian als Abbild des Tyrannen Nero.

Nero und Domitian sind damit die ersten gleichermaßen pagan, jüdisch und christlich als Tyrannen erinnerten Kaiser. Sie schufen ein Klima der Angst,Footnote 29 das auch durch die Sanktionierung oppositionellen Denkens entstand (für Nero: Suet.Nero 39.3; für Domitian: Suet.Dom. 10.2–4).Footnote 30 Ähnlichkeiten zwischen Nero und Domitian finden sich auch über ihren Tod hinaus: Statuenzerstörungen und Eradierungen von Inschriften sind für beide bezeugt.Footnote 31 Auch die unklare Nachfolgeregelung trug zu einem Klima der Angst bei.Footnote 32

Diese nur bruchstückartige Übersicht zeigt die Vielfalt der Gleichsetzungen auf, die sich literarisch festigten und in den einzelnen Erinnerungsgruppen unterschiedlich rezipiert wurden. Literarisch und in ihrer politischen Stellung als Monarchen gegen den Senat sind beide Kaiser als sich ähnelnde Tyrannen erinnert.

1.2. Medial vermittelte Gleichheiten

Nicht nur literarisch und politisch sind Ähnlichkeiten zwischen Nero und Domitian zu erkennen, sondern auch visuell und medial. Inschriften, Münzen und Statuen boten ein sichtbares Programm herrschaftlicher Propaganda und waren in den Reichsprovinzen oft die einzigen Wahrnehmungsfaktoren neben kursierenden Marktgerüchten. Vor allem Statuen dienten als Medien,Footnote 33 die in hohen Auflagen hergestellt wurden. Wegen der hohen Materialkosten wurden viele dieser Statuen auch wiederverwendet.Footnote 34 Bei diesen umgearbeiteten, palimpsestähnlichen Statuen ist die Physiognomie des aktuellen Herrscherbildes stark durch die vorher abgebildete Herrscherfigur beeinflusst, was eine genaue Typisierung schwer durchführbar macht.Footnote 35 Solche Umarbeitungen wurden bei einigen Bildern sogar mehrfach durchgeführt.Footnote 36 In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass einige Porträts Domitians charakteristische Merkmale Neros aufweisen und allem Anschein nach aus ehemaligen Nero-Statuen umgearbeitet worden sind.Footnote 37 Bergmann und Zanker resümieren: ‘Bezeichnenderweise sind wohl auch alle bisher bekannten Domitianporträts des ersten Typus aus Nerobildnissen gewonnen.’Footnote 38 Auch das den Kaiser in heroischer Nacktheit als gottgleich darstellende Domitianbildnis der Münchener GlyptothekFootnote 39 weist starke Überarbeitungsspuren auf (siehe Abb. 1.).Footnote 40

Abbildung 1. Nero/Domitian als göttlicher Princeps. Glyptothek München, Kat.-Nr. 394, Inv.-Nr. KH 263; Fotographie des Verfassers; zur Reproduktion autorisiert durch die Glyptothek München.

Bei der Umarbeitung von Nero auf Domitian spielten die Ähnlichkeit der Kopfform und der Frisur eine maßgebliche Rolle,Footnote 41 was vermuten lässt, dass der erste wahrnehmbare Bestand von umgearbeiteten Nerobildnissen aus der Zeit Domitians stammt.Footnote 42 Der regelrechte ‘Statuenboom’ unter Domitian (ab ca. 85 n.Chr.) überstieg die Produktionskapazitäten, so dass ein Rückgriff auf Bestandsmaterial unausweichlich wurde.Footnote 43

Nicht nur hinsichtlich der Statuen ist die domitianische Stilisierung der neronischen in vielen Punkten ähnlich: So führte Nero die Strahlenkrone, ein Attribut des Sonnengottes, ein, um sich als Gott zu stilisieren.Footnote 44 Die Flavier übernahmen das Motiv auf Münzbildern.Footnote 45

Zudem wird eine Gleichsetzung mit dem Göttervater auf Münzen und InschriftenFootnote 46 vollzogen: Das häufigste Sesterzbild Domitians war Jupiter bzw. Domitian mit den Attributen des Jupiter.Footnote 47 Zuvor hatte sich Nero als letzter Princeps offensiv als Zeus Eleutherios stilisiert (vgl. Cass.Dio 62.26.3–4).Footnote 48 Die in mancher Hinsicht vergleichbare, hellenistischen Vorbildern folgende Herrschaftspropaganda Domitians und NerosFootnote 49 wurde folglich durch unterschiedliche Medien wie Münzen und Statuen bis in die Provinzen getragen.

Visuell, medial, literarisch und politisch scheint eine gleichartige Erinnerungsgrundlage zwischen Nero und Domitian zu bestehen: Durch senatorische Stilisierungen und äußerliche Ähnlichkeiten wurde der letzte Flavier dem letzten Claudier in römischer und jüdischer Erinnerung immer ähnlicher, was nicht ohne Auswirkungen für das Christentum bleiben sollte.

2. Die Verschmelzung von Nero- und Domitianbild in der Johannesapokalypse

Auf diesem durch mündliche Erzählungen und visuell wahrnehmbare Medien in den Reichsprovinzen erfahrbaren Hintergrund ist ein Blick auf die Bildwelt der Offb lohnend. Hier scheinen pagane und jüdische Tyrannenerinnerung zusammenzulaufen: Das Römische Reich und sein Kaiser werden als gieriges, verschwenderisches Tier (Offb 17–18), das Anbetung fordert (Offb 13.1–10) und das Gottesvolk bedrängt (etwa Offb 2.2–3, 9; 3.8, 10), vorgestellt.

Offb ist als Werk eines judenchristlich geprägten Autors in unterschiedlichen sozialen Milieus Kleinasiens beheimatet (vgl. Offb 1–3). Der Seher greift als verbindendes Moment die drohende Assimilation an eine – in seinen Augen – verderbte Welt herausFootnote 50 und scheint vor allem auf den Herrscherkult als sichtbares Merkmal antiker Herrschaftsrepräsentation anzuspielen.Footnote 51 Dass gerade in Kleinasien der Herrscherkult seit Beginn der römischen Kaiserherrschaft wirkmächtig war, ist immer wieder Thema monographischer Untersuchungen gewesen.Footnote 52 Die herrschaftskritische Theologie des Sehers durchzieht das gesamte Werk und fällt insbesondere in den Visionskapiteln 12, 13 und 17 ins Auge. In ihnen wird der eschatische Gegenspieler Gottes und des Lammes als dreigestaltiges Monstrum beschrieben, das zusammen mit der Hure Babylon gemeinhin zeitgeschichtlich als Bild für das Kaisertum und das Römische Reich gedeutet wird.Footnote 53

Gerade in diesen Visionskapiteln scheint eine Verbindung zwischen der Erinnerung an Nero und der Herrschaftsrepräsentation Domitians erkennbar zu sein: Die todbringende Wunde (Offb 13.3–4), welche das Tier als negatives Spiegelbild des Lammes stilisiert,Footnote 54 wurde in der Auslegungsgeschichte häufig als Anspielung auf die Todeswunde Neros verstanden.Footnote 55 Wie Christus von den Toten auferstand, so der Auslegungsduktus, erstand auch sein Widerpart, der Anti-Christus Nero, zu neuem Leben. Diese Deutung ist plausibel, da das Gerücht, dass Nero noch oder wieder lebe, noch lange Zeit nach dessen Tod kursierte.Footnote 56

Es ist vor allem das frühjüdische Schrifttum, das die Legende um eine Wiederkunft Neros vielseitig rezipiert: Das 4. Buch der Sibyllinen (entstanden um 79 n.Chr.) berichtet etwa von einer Flucht Neros zu den Parthern (vgl. OrSib 4.124, später auch OrSib 5.147–9)Footnote 57 und einer Rückkehr als Rächer gegen Rom (OrSib 4.138–9). In OrSib 4 wird Nero noch gänzlich ohne gegenspielerisch-widergöttliche Motivik gedeutet und als lebendig wiederkehrend gedacht. Anders dagegen das 5. Buch der Sibyllinen (entstanden ca. 70–100 n.Chr.):Footnote 58 Darin wird Nero zunehmend dämonisiert und als wiederkehrender eschatischer Gegenspieler dargestellt (vgl. OrSib 5.28–34, 93–110, 138–146, 361–384).Footnote 59 Die Nero-Legende machte folglich eine Entwicklung durch, die den Kaiser immer mehr als endzeitlichen Rivalen Gottes bzw. des Lammes zu erinnern pflegte. Innerhalb dieser Legendengenese verbinden sich Reichs- und Herrscherkritik.Footnote 60

In Zusammenhang mit diesen Wiederkehrphantasien um Nero mögen die zwischen 69 und 88 n.Chr. auftauchenden PseudonerosFootnote 61 zu erklären sein, die auch in Kleinasien auftraten und sich zudem als Bildvorlage für antichristliche Gegenspielermotivik geeignet haben könnten.Footnote 62

Die Deutung der Todeswunde als Anspielung auf diese kursierenden Wiederkehrmythen ist, zusammen mit der Deutung der Zahl des Tieres (Offb 13.18) auf Nero nach gematrischer MethodeFootnote 63 ein Indiz dafür, dass der Seher ein neronisches Kaisertum beschreibt. Folgt man Collins’ Theorie der Genese der Nerolegende,Footnote 64 ergibt sich für Offb eine Position zwischen den beiden Beschreibungsmustern der Sibyllinen: dem frühen Wiederkehrmotiv aus OrSib 4 und dem Gegenspielermotiv aus OrSib 5. Die in Offb relevanten Stellen für das Nero redivivus-Motiv (vgl. Offb 13.3, 12; 17.11) tragen keine Züge einer realen Wiederkunft des historischen Nero wie in OrSib 4 in sich und liegen näher an der Darstellung von OrSib 5. Der Übergang vom Nero redux zum Nero redivivus als eschatischer Widerpart konnte in letzter Konsequenz erst erfolgen, als alle Pseudoneros verschwunden waren – also ab dem Jahr 88.Footnote 65 Diese inhaltliche Position der Offb zwischen der Abfassung von OrSib 4 und 5 hinsichtlich der Nerolegende lässt vermuten, dass es sich nicht nur typologisch, sondern auch mit Blick auf die Datierung um eine Zwischenstellung handelt. Anhand des Entwicklungsstadiums der Nerolegende ist somit die Spätzeit der Regierung Domitians als Abfassungszeit der Offb durchaus plausibel.Footnote 66

Hinzu kommt noch, dass sich das antichristliche Kaisertum, wie die Königsliste in Offb 17.9–11 andeutet, erst in einem neuen Herrscher, einem zweiten Nero, zu konkretisieren scheint: Der in der Endzeit auftauchende achte König wird einer von den sieben sein, und ist doch individuell – eine Art ‘alter Bekannter’ in neuem Gewand (vgl. Offb 17.10–11). Der Seher hat hier womöglich einen bestimmten Kaiser als Reinkarnation Neros vor Augen. Für diese Rolle scheint Domitian der am besten geeignete Kandidat zu sein,Footnote 67 wofür neben dem Entwicklungsstand der Nerolegende auch andere Gründe sprechen:

(1) Intensiver wahrgenommene Kultpolitik in der Provinz Asia

Domitian ist ein zweiter Nero – weil er seinen eigenen und den offiziellen, paganen Kult forciert.

Zunächst ist anzunehmen, dass auch in Kleinasien Gerüchte über beide Kaiser in Umlauf waren, durch welche sich ihre ‘ähnliche Regierungsweise’ artikulieren konnte.Footnote 68 Diese zeigte sich auch hinsichtlich der Kultpolitik: Durch den städtebaulich zentralen Sebastoi-Tempel Domitians in EphesusFootnote 69 (erbaut 88–91 n.Chr.) wurde die Provinz Asia zum ersten Mal nach Nero wieder als Kultort wahrnehmbar.Footnote 70 Die damit verbundenen Ehrentitel zeichneten den Bau besonders ausFootnote 71 und der (lebende) Kaiser war vermutlich auch selbst Teil dieses dynastischen Kultes.Footnote 72 Domitian kreierte auf diese Weise ähnlich wie seine Nachfolger – aber nach einer Vakanz von etwa 20 Jahren ohne die Einsetzung eines neuen Kultes deutlich exponierter wahrgenommen – ein auffallend sakrales Bild seines Kaisertums und versuchte durch zahlreiche Baumaßnahmen und InschriftenFootnote 73 eine omnipräsente Position zu erlangen. Diese Kultintensivierung unter Domitian gab dem Seher die Möglichkeit, Lokalkolorit Kleinasiens und Herrschaftskritik in Form der Nero-Typologie zu verbinden.

(2) Neromotivik als Form typisierter Herrscherkritik

Domitian ist ein zweiter Nero – weil Nero als typische Grundlage für Herrscherkritik fungierte.

Das in Offb gezeichnete Nerobild scheint Teil einer herrscherkritischen Typologie zu sein. Anders als die senatorische Historiographie es später tat, opponierten der Seher und die christlichen Schriftsteller der ersten Jahrhunderte nicht durch direkte Anklage, sondern durch eine bildreich-verzerrte Sprache, die sich primär der eigenen Bezugsgruppe erschließen sollte.Footnote 74 Der Seher schöpfte für seine Art der Kritik neben dem Danielbuch u.a. aus der Nerolegende und beschreibt Nero somit bereits als ‘typisch schlechten Kaiser’, dessen Charaktermerkmale aktualisierend auf Domitian übertragen werden konnten.

(3) Mythen als Teil neronischer wie domitianischer Herrschaftsrepräsentation

Domitian ist ein zweiter Nero – weil sich beide Kaiser zu Gott machen, doch in Wahrheit Ungeheuer sind.

Im Zuge typisierter Herrschaftskritik erschließen sich Bilder wie jene aus Offb 12 anders: So erkennt van Henten in Offb 12 eine Adaption des Leto-Mythos.Footnote 75 Dieser Mythos handelt davon, wie Leto nach der Geburt Apolls vom Ungeheuer Python verfolgt wird – aber noch auf den Armen seiner Mutter erlegt der junge Gott das Ungeheuer.Footnote 76 Neben dieser religionsgeschichtlichen Parallele zu Offb 12.4, 13–17Footnote 77 wird bei der Auslegung des Drachen zusätzlich der Typhon-Mythos herangezogen.Footnote 78 Beide Mythen sind miteinander verwandt und auch im ägyptischen (dort als Seth-Mythos) und vor allem kleinasiatischen Raum in den ersten beiden nachchristlichen Jahrhunderten bekannt.Footnote 79

Dieser Mythenkreis lässt sich nun auch auf die Herrschaftsstilisierung Neros und Domitians beziehen: Von Nero ist hinlänglich bekannt, dass er sich als neuer Apollon stilisierte (vgl. Sen.apoc. 4.1–2).Footnote 80 Nero entspricht dem ‘verfolgten Siegreichen’ – Apollon im Mythos und dem Himmelskind auf der Bildebene von Offb 12. Es existiert allerdings auch eine Tradition, in der Nero als Typhon bezeichnet wird, der von Zeus vernichtet wird – auf der Bildebene der Offb also als Drache.Footnote 81 Der Kaiser bedient folglich beide Bildebenen: positiv wie negativ.

Bei Domitian ist eine zweifache Auslegung des Bildes ebenfalls möglich: Einerseits negativ als Tyrann mit typhonischer Ähnlichkeit,Footnote 82 andererseits als Besieger Typhons. Der Obelisk an der Piazza Navona betitelt Domitian als Horus, den Sohn des Osiris, der Seth (≙Typhon) tötete.Footnote 83 Zahlreiche Münzdarstellungen zeigen Domitian als Typhon-Bezwinger Jupiter Footnote 84 und auch apollinische Eigenschaften prägten ihn.Footnote 85

Domitian steht somit auch bezüglich einer Stilisierung als Bezwinger mythischer Monster in einer Traditionslinie mit Nero: Der selbststilisiert gute Gott-Kaiser wurde in beiden Fällen zum fremdstilisierten, typhonischen Monstrum – eine Erinnerungsleistung, die vom Seher u.U. bewusst konstruiert wurde.

(4) Visuelle Gleichheit Neros und Domitians durch umgearbeitete Statuen

Domitian ist ein zweiter Nero – weil in Domitian Nero auch visuell ‘aufersteht’.

Für solche rein literarischen Umbesetzungen gab es in Kleinasien aber vermutlich auch einen visuellen Rahmen: Die erwähnte Methode der Umarbeitung von Nero- zu Domitianstatuen erhellt das rätselhafte Bild der verschiedenen Köpfe des Tieres bei gleichbleibendem Körper ebenso wie das Herrschen der Häupter nacheinander (vgl. Offb 17.10). In diesem Bild scheint die Kontinuität des Kaisertums samt seinen wechselnden Herrschern dargestellt zu sein. Der auffällige Umstand, dass es gerade Domitianbildnisse sind, in denen Neros Büsten ‘auferstehen’, hinterließ literarische Spuren in Offb 17.11. Ein archäologischer Beleg steht für Kleinasien allerdings noch aus und die damnatio memoriae Domitians erschwert den Nachweis zusätzlich.Footnote 86

Plausibilisiert wird diese These zusätzlich dadurch, dass Dan 7 als Bezugstext zu Offb 13 keine sprechenden Häupter, sondern nur ein (meist als Antiochus iv. gedeutetes) sprechendes Horn kennt (vgl. Dan 7.8, 11, 20). Das Bildrepertoire wurde also abweichend zur Vorlage geändert: In Offb 13 sprechen nicht die ebenfalls erwähnten Hörner (13.1), sondern die Köpfe, und zwar aus einem Mund (vgl. στόμα, Offb 13.5–6). Die Häupter sind individuell, agieren aber kollektiv. Genauso wie Kollektivität, Individualität und Austauschbarkeit das Bild in Offb 13 prägen, folgten auch Herrscherstatuen kollektiv-wiedererkennbaren Mustern, waren aber, wie man an den Umarbeitungen der Köpfe erkennen kann, individuell-austauschbar.

Aufgrund der in der breiten Wahrnehmung notierten Ähnlichkeiten zwischen beiden Kaisern kann das negativ überlieferte Nerobild dem Seher dazu gedient haben, das Tier neronisch zu beschreiben und Domitian zu meinen. Er wird zum Tier, ‘das war und nicht ist … und doch eines aus den sieben’ ist (Offb 17.11).Footnote 87 Ähnlich wie später in 4 Esra wird der Kaiser zum Gegenspieler des Guten (vgl. 4 Esr 11.45–12.2 mit Offb 19.11–21). In dem unter Domitian forcierten Herrscherkult und der mythischen und medial austauschbaren Ähnlichkeit zwischen Domitian und Nero lag für den Seher der motivische Grundbestand, um seine auf die Gegenwart gerichtete Opposition gegen das Römische Reich auszudrücken. Unabhängig davon, ob der Seher die römische Wahrnehmungs- oder Erinnerungsstrategie der Verbindung Domitians mit Nero kannte, konnte er die Herrschaftsrepräsentation des letzten Flaviers mit derjenigen des letzten Claudiers anhand der in der Provinz zugänglichen Medien und Gerüchte korrelieren. Der Seher musste seine Adressaten von dieser Sichtweise nicht überzeugen, sondern lediglich ihren Blick dafür schulen, dass gegenwärtiges und vergangenes Herrschaftsübel eins sind.

3. Folgerungen für die Datierung und Gründe für die negative Nachgeschichte Domitians

Die genannten Übereinstimmungen zwischen Nero und Domitian lassen eine Datierung der Offb zur Spätzeit der Regierung Domitians aus textinternen Gründen plausibel erscheinen.Footnote 88 Im Text der Offb wird die Nerotypologie zur Mahnung: Die Hörer sollten erkennen, dass der gegenwärtige Tyrann Domitian voll und ganz Nero ist.

Abgegrenzt wird der Abfassungszeitraum zusätzlich durch die unklare politische Situation vor den Partherkriegen Trajans: Setzt die Schrift die Zerstörung Jerusalems voraus, ergibt sich als Terminus post quem 70 n.Chr.Footnote 89 Eine Bedrohung, die an vielen Stellen der Offb immer wieder präsent wird, ist die Furcht vor einem Parthereinfall.Footnote 90 Diese Angst wird unter anderem in Offb 6 durch das Bild der apokalyptischen Reiter reflektiert.Footnote 91 Eine permanente Unruhe war vor allem zur flavischen Zeit spürbar, nachdem Vespasian sich mit dem Partherkönig überworfen hatte.Footnote 92 Die Provinz Kleinasien liegt zudem militärisch empfindlich zwischen Rom und dem Partherreich und vieles deutete zur domitianischen Zeit auf einen geplanten Militärschlag hin.Footnote 93 Dies alles erhärtet zwar die Vermutung einer Datierung zur domitianischen Zeit, beweist sie aber nicht, denn durch das ‘geöffnete Zeitfenster’Footnote 94 bis in die trajanische Zeit hinein ist eine genauere ‘äußere’ Datierung unmöglich und nur unter Hinzuziehung der verwendeten textinternen Motivik möglich.

Neben der textinternen Stärkung des Datierungsarguments ist durch die Nerotypologie auch die christliche Entwicklung des Domitianbildes besser zu verstehen: Da Nero als schlechter Kaiser und Verfolger des GottesvolkesFootnote 95 erinnert wurde, nahm das frühe Christentum in Folge unter Hinzuziehung der Offb und pagan-senatorischer SchriftenFootnote 96 Domitian als schlechten Herrscher und zweiten Nero wahr. Dies führte zwangsläufig dazu, dass dieser Nero secundus Christen verfolgt haben musste.Footnote 97 Offb hatte somit entscheidenden Anteil daran, dass sich Theorien über eine domitianische Verfolgung entwickeln konnten. Diese Theorien basieren aber nicht auf historischen Tatsachen, sondern vielmehr auf den Erinnerungstraditionen Neros, die bereits in Offb auf Domitian bezogen worden waren.

4. Fazit

Die Untersuchung hat durch eine Zusammenschau des medial wahrnehmbaren und literarischen Umfelds aufgezeigt, dass Nero und Domitian pagan wie christlich als ähnliche Herrschertypen erinnert wurden. Diese Ähnlichkeiten bündeln sich in Offb: Textinterne Hinweise wie das Stadium der Nerolegende und die vielfältig beschriebenen Gleichheiten zwischen Nero und Domitian legen in Verbindung mit äußeren Umständen wie der Furcht vor einer militärischen Auseinandersetzung mit den Parthern die Vermutung nahe, dass die Abfassung der Offb noch im ersten Jahrhundert – vermutlich in der Spätzeit der Regierung Domitians verfasst wurde. Nachfolgende Herrschergestalten wie Nerva, Trajan oder Hadrian werden in der christlichen und römischen Rezeption wesentlich positiver als Domitian erinnert und bieten im Text der Offb anders als Domitian keine Anknüpfungspunkte an den ‘Urtyrannen’ Nero.

Aufgrund der beschriebenen Gleichheiten in Offb wurden Nero und Domitian aber auch in ihrer auffälligen ‘Nachgeschichte’ als (erinnerte) Christenverfolger miteinander in Beziehung gesetzt. Diese hinsichtlich Domitian überwundene Aussage verrät, wie wichtig die motivische Verbindung zum Erzverfolger Nero war. Die sog. domitianische Verfolgung kann als weitreichende Erinnerungskonsequenz im Zuge der Verbindung von Nero- und Domitianerinnerung verstanden werden und fußt somit nicht auf historischen Grundlagen. Sie ist vielmehr eine Weiterführung der in Offb begonnenen Erinnerungs-Syzygie.

Die christliche Sicht auf Domitian wurde von der Neromotivik folglich zuerst inspiriert, dann allerdings bis ins Letzte beeinflusst – Offb ist dafür ein erster Indikator. Auch ohne das Verfolgungsargument spricht somit viel für eine Datierung in die domitianische Ägide. Text und Rezeption erhellen in der Zusammenschau, wie aus dem letzten Flavier ein flavischer Nero wurde.

References

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2 Vgl. zur Datierungsfrage ausführlich Witetschek, S., ‘Ein weit geöffnetes Zeitfenster? Überlegungen zur Datierung der Johannesapokalypse’, Die Johannesapokalypse: Kontexte – Konzepte – Rezeption (Hg. J. Frey/J. Kelhoffer/F. Tóth; WUNT 287; Tübingen: Mohr Siebeck, 2012) 117–48Google Scholar.

3 Mit dem Verhältnis zwischen den Prinzipaten Neros und Domitians beschäftigte sich auch eine interdisziplinäre Fachtagung (Nero und Domitian. Mediale Diskurse der Herrscherrepräsentation im Vergleich) in Freiburg i.Br. am 24. und 25.02.2012 im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts ‘Mediale Diskurse römischer Herrscherrepräsentation’. Neben den Vorbereitungstreffen der Arbeitsgruppe in München hatte ich auch die Möglichkeit, an dieser Tagung teilzunehmen. Ich danke den Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern aus den verschiedenen altertumswissenschaftlichen Disziplinen für diese außergewöhnliche Chance zur perspektivischen Weitung.

4 Während Vespasian und insbesondere Titus als Tempelzerstörer im Judentum negativ erinnert wurden, ist ihre Wahrnehmung in der römischen Historiographie wesentlich positiver. Nerva ist als medial präsenter Kaiser für den kleinasiatischen Raum kaum relevant, während Trajan und Hadrian zwiespältig wahrgenommen wurden; vgl. dazu Hengel, M., ‘Hadrians Politik gegenüber Juden und Christen’, JANES 16–17 (1984–85) 153–82Google Scholar. Dennoch werden auch sie in römischer und christlicher Erinnerung weitestgehend positiv gesehen (vor allem vor dem Zweiten Jüdischen Krieg).

5 Nerva ist aufgrund seines kurzen Prinzipats vermutlich kaum so breit wie die übrigen Kaiser im Reich wahrgenommen worden.

6 Obwohl sie vermutlich in weiten Teilen die Religionspolitik Domitians fortführten, wurden Trajan und Hadrian kaum negativ erinnert – selbst trotz der aus trajanischer Zeit bezeugten ersten Christenprozesse (Plin.epist. 10.96–7). Als Christenverfolger wird Trajan zudem nicht derart bestialisch beschrieben wie Domitian (vgl. etwa Euseb.h.e. 3.33 mit 3.17–20). Ähnlich verhält es sich bei Hadrian: Durch ein Reskript stärkte er die Position der Christen im Reich, was ihn vor einer allzu negativen Erinnerung bewahrte; vgl. Galimberti, A., ‘Hadrian, Eleusis, and the Beginning of Christian Apologetics’, Hadrian and the Christians (Hg. M. Rizzi; Millennium-Studien 30; Berlin: de Gruyter, 2010) 7183Google Scholar, hier: 83.

7 Die Frage, ob die jeweiligen Kaiser als Individuum oder als allgemein negativer Herrschertypus erinnert wurden, muss an dieser Stelle offen bleiben. Für eine individuelle Wahrnehmung sprechen Herrschaftsspezifika, die im Urchristentum ebenfalls wahrgenommen werden konnten: siehe etwa die ausdrückliche Notiz über das Kaisertum des Augustus (Lk 2.1) oder die durch die Stimme angedeutete Gesangsleidenschaft Neros in Apg 12.22; dazu ausführlich Klauck, H.-J., ‘Des Kaisers schöne Stimme: Herrscherkritik in Apg 12,20–23’, Religion und Gesellschaft im frühen Christentum. Neutestamentliche Studien (WUNT 152; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003) 251267Google Scholar.

8 Vgl. dazu Giesen, H., ‘Das Römische Reich im Spiegel der Johannes-Apokalypse’, Studien zur Johannesapokalypse (SBAB 29; Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2000) 100213Google Scholar, hier: 113; Bengtson, H., Die Flavier: Vespasian, Titus, Domitian. Geschichte eines römischen Kaiserhauses (München: Beck, 1979) 186Google Scholar.

9 Vgl. u.a. Suet.Dom. 4.4.

10 Trajan und Hadrian übertrafen Domitian in der Herrschaftsstilisierung; vgl. Witulski, T., Kaiserkult in Kleinasien: Die Entwicklung der kultisch-religiösen Kaiserverehrung in der römischen Provinz Asia von Augustus bis Antoninus Pius (NTOA 63; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2007) 88–9, 99, 153–6Google Scholar. Dennoch lässt sich allein aus dieser Beobachtung keine Spätdatierung der Offb rechtfertigen, da ein intensiverer Kult nicht automatisch eine intensivere Wahrnehmung durch die Christen bedeutet, denen Kulte in Kleinasien schon vor Trajan und Hadrian vertraut waren; vgl. hierzu ausführlich Friesen, S., Imperial Cults and the Apocalypse of John. Reading Revelation in the Ruins (Oxford: Oxford University, 2001) 23131CrossRefGoogle Scholar.

11 Vgl. Suet.Dom. 23.1 und Aur.Vict.Caes. 11.8, sowie zu den Zerstörungen Cass.Dio 68.1.1–2.

12 Die jüdische Sicht auf Hadrian war zunächst äußerst positiv (vgl. Hengel, ‘Politik’, 158), schlug nach dem Zweiten Jüdischen Krieg aber ins Gegenteil um; vgl. Rizzi, M., ‘Hadrian and the Christians’, Hadrian and the Christians (Millenium-Studien 30; Berlin: de Gruyter, 2010) 720Google Scholar, hier: 13.

13 Vgl. u.a. Domitian als pessimus princeps in Plin.paneg. 95.3–4; Tac.Agr. 2–3.

14 Vgl. dazu Kneppe, A., Metus temporum: Zur Bedeutung von Angst in Politik und Gesellschaft der römischen Kaiserzeit des 1. und 2. Jhdts. n.Chr. (Stuttgart: Steiner, 1994) 216Google Scholar.

15 Die vorliegende Liste ist nicht erschöpfend und versucht nur annähernd die motivische ‘Familienähnlichkeit’ beider Kaiser darzustellen. Auf dieser Basis wird das Argument Nautas gestärkt, das von einem untergründigen Diskurs der Gleichsetzung beider Kaiser innerhalb der Senatorenschaft und Panegyrik ausgeht, der erst nach dem Tod Domitians publik wird; vgl. Nauta, R., ‘Flauius ultimus, caluus Nero: Einige Betrachtungen zu Herrscherbild und Panegyrik unter Domitian’, Tradition und Erneuerung: Mediale Strategien in der Zeit der Flavier (Hg. N. Kramer/C. Reitz; Berlin/New York: de Gruyter, 2010) 239–71Google Scholar, hier: 243, 265.

16 Siehe Suet.Dom. 13.3 und Cass.Dio 67.4.4; vgl. auch Bengtson, Flavier, 187; Jones, B. W., The Emperor Domitian (London: Routledge, 1992) 162CrossRefGoogle Scholar und Clauss, M., Kaiser und Gott: Herrscherkult im römischen Reich (Stuttgart: Teubner, 1999) 240CrossRefGoogle Scholar.

17 Vgl. Suet.Nero 55. Dazu auch Clauss, Kaiser, 101.

18 Die Verbindung zwischen einem typologisierten Nerobild und Domitian wird in der am Anfang des 2. Jahrhunderts entstandenen vierten Satire des Juvenal erreicht; vgl. Schubert, C., Studien zum Nerobild in der lateinischen Dichtung der Antike (BzA 116; Stuttgart: Teubner, 1998) 445CrossRefGoogle Scholar. Domitian wird darin als calvus Nero bezeichnet (vgl. Juv.sat. 4.38). Er hat gemäß diesem Ausdruck alle Eigenschaften mit Nero gemein, außer der Tatsache, dass er lichteres Haar als sein Vorgänger hat. Diese typologische Zuschreibung legt das Wesen Neros als Blaupause für eine Charakterzeichnung Domitians zugrunde.

19 Vgl. die Definition von Schall: ‘[Tyranny is] characterised by the deviation of political rulers from commonly accepted standards of moral and political behavior or by the illegitimate title to the exercise of power of the persons who actually rule’. (Schall, J., ‘Tyranny’, New Catholic Encyclopedia (Hg. T. Carson/J. Cerrito; Detroit: Thomson/Gale, 2 2003) 257Google Scholar). Ein Autokrat, der die Balance zwischen Senat und Prinzipat nicht aufrecht erhielt, unterstrich seine Position meist zusätzlich durch Selbstdivinisierung; vgl. Botha, P. J. J., ‘The Historical Domitian: Illustrating Some Problems of Historiography’, Neotest. 23 (1989) 4559, hier: 54.Google Scholar

20 In der Gruppenmemoria des Judentums wäre als ‘Urtyrann’ in diesem Sinne Antiochus IV. Epiphanes zu nennen; siehe zur Diskussion Mittag, F. P., Antiochus IV. Epiphanes: Eine politische Biographie (Klio.B 11; Berlin: Akademie, 2006) 256–68CrossRefGoogle Scholar, insb. 259–62 und Keel, O., ‘Die kultischen Maßnahmen Antiochus’ IV.: Religionsverfolgung und/oder Reformversuch?’, Hellenismus und Judentum: Vier Studien zu Daniel 7 und zur Religionsnot unter Antiochus IV. (Hg. O. Keel/U. Straub; OBO 178; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2000) 87121Google Scholar, hier insb. 88, 112.

21 So wurde Titus einerseits für seine benevolentia von der römischen Bevölkerung geehrt (u.a. Suet.Tit. 8.1–2), andererseits im rabbinischen Judentum als Nachfahre des kriegstreibenden Vespasian in einer Linie zu den Erbauern des verdorbenen Rom beschrieben (vgl. MidrTeh 17.12).

22 Trajan wird als optimus princeps (Plin.paneg. 1.2; 2.7; 44.2; 53.2) und Hadrian als ‘θεῖος ἀνήρ’ (vgl. SHA.Hadr. 25.1–4) gezeichnet (ausführlich Kuhlmann, P., Religion und Erinnerung: Die Religionspolitik Kaiser Hadrians und ihre Rezeption in der antiken Literatur (Formen der Erinnerung 12; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2002) 139–42CrossRefGoogle Scholar), während Domitian als immanissima belua (Plin.paneg. 48.3–5) gilt.

23 Entscheidenden Anteil am Bild Domitians als Tyrann in der Nachfolge Neros haben im paganen Bereich vor allem die senatorischen Berichterstatter Plinius, Tacitus und Sueton; siehe Schubert, Nerobild, 444; ferner auch Peerbolte, L. J. Lietaert, The Antecedents of Antichrist: A Traditio-Historical Study of the Earliest Christian Views on Eschatological Opponents (JSJ 49; Leiden: Brill, 1996) 199Google Scholar.

24 So ist eine negative Sicht vornehmlich älteren Forschungsarbeiten zu entnehmen; etwa bei Schütz, R., Die Offenbarung des Johannes und Kaiser Domitian (FRLANT 50; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1933)Google Scholar; neuerdings auch bei Strobel, K., Kaiser Traian: Eine Epoche der Weltgeschichte (Regensburg: Pustet, 2010)Google Scholar. Eine positive Sichtweise auf Domitian wird allerdings ebenfalls vertreten; vgl. etwa Waters, K. H., ‘The Character of Domitian’, Phoenix 18 (1964) 4977CrossRefGoogle Scholar, hier: 52.

25 Die fehlende Möglichkeit zur Partizipation kränkte die Senatoren in ihrem Selbstbild, da sie sich dadurch als Geknechtete des Kaisers wahrnahmen; vgl. Tac.Agr. 2.3 und Epikt. 4.1.33, 35, 40; siehe ferner Kneppe, Metus, 156–7.

26 Die Schrift wird um das Jahr 100 datiert (70–130); vgl. dazu Stone, M. E., ‘Apocalyptic Literature’, Jewish Writings of the Second Temple Period: Apocrypha, Pseudepigrapha, Qumran Sectarian writings, Philo, Josephus (CRI Sct.2.2; Philadelphia: Fortress, 1984) 383441Google Scholar, hier: 412.

27 Vgl. Kuhn, P., Offenbarungsstimmen im antiken Judentum: Untersuchungen zur bat qol und verwandten Phänomenen (TSAJ 20; Tübingen: Mohr, 1989) 57Google Scholar.

28 Die Deutung auf Domitian ist eine Grundannahme zum Verständnis der Adlervision, die zahlreiche Ausleger teilen; vgl. etwa Hogan, K. M., Theologies in Conflict in 4 Ezra: Wisdom Debate and Apocalyptic Solution (JSJ Suppl. 130; Leiden: Brill, 2008) 183–4CrossRefGoogle Scholar. Siehe ausführlich Stone, M. E./Cross, F. M., Fourth Ezra: A Commentary on the Book of Fourth Ezra (Minneapolis, Minn.: Fortress, 1994) 363–5Google Scholar.

29 Vgl. Kneppe, Metus, 175. Die Gewaltmaßnahmen zur Zeit Neros und Domitians trugen gleiche Züge, vgl. die Beispiele bei Cook, J. G., Roman Attitudes Toward the Christians: From Claudius to Hadrian (Tübingen: Mohr Siebeck, 2010) 75–6Google Scholar. Tacitus (hist. 2.72.1) benutzt für das Ende der Regierungszeit Neros den gleichen Begriff wie Plinius für das Ende der Regierung Domitians (vgl. Plin.epist. 5.1.7; 7.19.6; 9.13.3): metus temporum; vgl. Kneppe, Metus, 80.

30 Die Sanktionen richteten sich vor allem gegen die Stoiker (vgl. Pfeiffer, S., Die Zeit der Flavier: Vespasian, Titus, Domitian (Darmstadt: WBG, 2009) 74Google Scholar) und andere intellektuelle Eliten (siehe Botha, ‘Domitian’, 52). Diese Philosophenverfolgung wird bei Plinius ebenfalls als metus temporum bezeichnet (s.o. n. 29). Er rekonstruierte dies möglicherweise als Gegensatz zur securitas temporum bei Nerva/Trajan; vgl. Kneppe, Metus, 156–7.

31 Ein anschauliches Beispiel einer solchen Eradierung aus Kleinasien bietet Friesen, S. J., Twice Neokoros: Ephesus, Asia, and the Cult of the Flavian Imperial Family (RGRW 116; Leiden: Brill, 1993) 31CrossRefGoogle Scholar. Für Nero auch Auffarth, C., ‘Herrscherkult und Christuskult’, Die Praxis der Herrscherverehrung in Rom und seinen Provinzen (Hg. H. Cancik; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003) 283317Google Scholar, hier: 294–6. Für Domitian zudem Suet.Dom. 23.1; Plin.paneg. 52.4–5.

32 Sowohl bei Nero als auch bei Domitian folgte auf die Herrschaft eine Zeit des unsicheren Machtwechsels; vgl. Kneppe, Metus, 124. Kurz nach Domitians Tod wurde Nerva zum Kaiser ausgerufen, da wieder eine nachneronische Chaos-Zeit befürchtet wurde; vgl. Cass.Dio 68.1–3. Zu Nero siehe Cass.Dio 63.29.4.

33 Vgl. Peerbolte, L. J. Lietaert, ‘To Worship the Beast: The Revelation of John and the Imperial Cult in Asia Minor’, Zwischen den Reichen: Neues Testament und römische Herrschaft (Hg. M. Labahn/J. Zangenberg; TANZ 36; Tübingen: Francke, 2002) 239–59Google Scholar, hier: 245–6. Das hohe Maß an Identifikation der Statuen mit dem Regenten zeigt sich auch bei der damnatio memoriae Domitians, bei der die Menschen ihren Zorn an den Statuen des Herrschers auslassen konnten (vgl. Plin.paneg. 52.4–5); vgl. auch Juncker, H., ‘Iulisch-claudische Kaiser- und Prinzenporträts als “Palimpseste”’, JDAI 96 (1981) 236316Google Scholar, hier: 301–2.

34 Vgl. Juncker, ‘Prinzenporträts’, 238–9.

35 Vgl. M. Bergmann/Zanker, P., ‘“Damnatio Memoriae” Umgearbeitete Nero- und Domitiansporträts: Zur Ikonographie der flavischen Kaiser und des Nerva’, JDAI 96 (1981) 317412Google Scholar, hier: 318.

36 Selbst ein bis zur Karikatur verkleinerter Nervakopf wurde als Identifikationsobjekt in Ehren gehalten, vgl. Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 318, 394, 397–9. Auch die Statuen Domitians wurden umgearbeitet, beispielsweise zu Statuen seines Bruders Titus, vgl. Andreae, B./Stadler, M./Anger, K., Bildkatalog der Skulpturen des Vatikanischen Museums. Monumenti, Musei e Gallerie Pontificie (Berlin: de Gruyter, 1995) 185Google Scholar.

37 Vgl. die vielen Beispiele in Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 350–74. Hauptindiz ist dabei vor allem die Darstellung Neros mit langem Nackenhaar (vgl. Cass.Dio 63.9.1–2 und Suet.Nero 51), das für die Domitianstatue erkennbar wegrasiert wurde; vgl. Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 320 und Nauta, ‘Flauius ultimus’, 247.

38 Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 320. Für eine Beschreibung des ersten Bildnistypus Domitians mit zahlreichen Beispielen siehe Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 350–60.

39 Dazu allgemein Daltrop, G., ‘Domitian’, Die Flavier (Hg. G. Daltrop/U. Hausmann/M. Wegner; Berlin: Mann, 1966) 3042Google Scholar, hier: 41.

40 Vgl. Daltrop, ‘Domitian’, 32 und Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 353, zur Zuordnung 370–3.

41 Vgl. Bergmann/Zanker, ‘“Damnatio Memoriae”’, 318. Vespasian und Titus kamen wegen ihrer prägnanten Kopfform für eine Umarbeitung kaum in Betracht (es gibt nur ein Beispiel für eine solche Umarbeitung; siehe dazu Andreae, Bildkatalog, 184). Zudem waren beide divi, weshalb die Statuen weitgehend unangetastet blieben.

42 Es wurden zwar im Vierkaiserjahr in Rom bereits einige Nerobüsten umgearbeitet, aber diese wurden in der Asia mit Sicherheit kaum wahrgenommen; vgl. Juncker, ‘Prinzenporträts’, 301. Auch zur frühen flavischen Zeit wurden Nerobüsten wegen der unterschiedlichen Kopfform der Bildtypen selten umgearbeitet; vgl. zu Vespasian: D. Kreikenbom, Griechische und römische Kolossalporträts bis zum späten ersten Jahrhundert nach Christus (JDAI 27; Berlin: de Gruyter, 1992) 101; und zu Titus: http://viamus.uni-goettingen.de/fr/e_/uni/b/06/index_html (10.06.2013). Es bleibt zu vermuten, dass die Bildhauerwerkstätten die Nero-Köpfe aufbewahrten und erst unter Domitian wiederverwendeten; vgl. Juncker, ‘Prinzenporträts’, 301.

43 Vgl. Juncker, ‘Prinzenporträts’, 300–1. Bengtson spricht von ‘Wäldern von Statuen’; vgl. Bengtson, Flavier, 186. Diese für Stadt-Rom ausreichend belegte Maßnahme ist in der Kaiserkult-affinen Provinz Kleinasien ebenfalls zu erwarten.

44 Vgl. Bergmann, M., Die Strahlen der Herrscher: Theomorphes Herrscherbild und politische Symbolik im Hellenismus und in der römischen Kaiserzeit (Mainz: von Zabern, 1998) 134Google Scholar.

45 Siehe dazu Bengtson, Flavier, 216. Domitian stilisierte sich auf ähnliche Weise; vgl. Bergmann, Strahlen, 238–9; vgl. auch die Gestirnmetaphorik bei Stat.silv. 4.1.3–4.

46 Vgl. für Nero: Auffarth, ‘Herrscherkult’, 294–8; und für Domitian: vgl. Daltrop, ‘Domitian’, 37–8 und Cook, Roman Attitudes, 34 (n. 17), 116.

47 Siehe dazu Carradice, I. A./Buttrey, T. V., The Roman Imperial Coinage 2/1 (London: Spink, 2 2007) 265Google Scholar. Man beachte auch Strobels Einschätzung: ‘Die Triumphalikonographie steigert sich zur Propagierung der universalen Sieghaftigkeit des Kaisers, der als stellvertretender Streiter Jupiters mit Blitzbündel und Speer auf Erden den Kräften des Chaos entgegentritt’ (Strobel, Kaiser Traian, 83). Die Zahl der erhaltenen Münzen ist beachtlich: Anhand der Denare ist zu erkennen, dass vor allem bei Regierungsbeginn und in der Zeit von 88–96 viele Münzfunde vorliegen; vgl. die Grafiken bei Carradice in Carradice/Buttery, Coinage, 258–9.

48 Siehe dazu Cook, Roman Attitudes, 34 (n. 16).

49 Es wären weitere Beispiele zu nennen wie die hohe Betonung des Herkulesmotivs (für Domitian, siehe Mart.epigr. 9.43, 64–65, 101; für Nero: Anrufungen als Nero-Herkules, vgl. Tac.ann. 13.8 und Cass.Dio 63.20.5) oder die Titulatur Domitians als dominus et deus (Suet.Dom. 13.1–2; Mart.epigr. 5.8.1; 7.34.8; 8.2.6; 9.66.3; 10.72.1–3; Cass.Dio 67.13.4, Dion or. 45.1), welche auf die Ptolemäer rückführbar ist und auch auf dem Obelisken der Piazza Navona in Rom durchscheint.

50 Die Assimilation zeige sich besonders durch Laxheit (vgl. Offb 3.15–16) und das Vollziehen heidnischer Kulte; vgl. dazu Giesen, H., ‘Lasterkataloge und Kaiserkult in der Offenbarung des Johannes’, Studien zur Johannesoffenbarung und ihrer Auslegung (Hg. F. W. Horn/M. Wolter; FS: O. Böcher; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2005) 210–31Google Scholar, hier: 231; sowie Thompson, L. L., ‘Ordinary Lives: John and His First Readers’, Reading the Book of Revelation: A Resource for Students (Hg. D. Barr; Atlanta, GA: SBL, 2003) 2547CrossRefGoogle Scholar, hier: 40–1 und Theißen, G., Die Religion der ersten Christen: Eine Theorie des Urchristentums (Gütersloh: Gütersloher, 4 2008) 331–2Google Scholar.

51 Vgl. Friesen, S. J., ‘Satan's Throne, Imperial Cults and the Social Setting of Revelation’, JSNT 27 (2005) 351–73Google Scholar, hier: 352; vgl. auch Slater, T. B., ‘On the Social Setting of the Revelation to John’, NTS 44 (1998) 232–56CrossRefGoogle Scholar, hier: 254.

52 Vgl. die Monographie von Friesen (siehe n. 31) und Price, S., Rituals and Power: The Roman Imperial Cult in Asia Minor (Cambridge University Press, 1984)Google Scholar. Differenziert zur Frage nach hartem und weichem Kaiserkult siehe auch Klauck, H.-J., ‘Das Sendschreiben nach Pergamon und der Kaiserkult in der Johannesoffenbarung’, Bib. 73 (1992) 153–82Google Scholar, hier: 181–2.

53 Siehe zur zeitgeschichtlichen Auslegungstendenz allgemein Giesen, H., Die Offenbarung des Johannes (RNT; Regensburg: Pustet, 1997) 44–5Google Scholar und mit Quellenmaterial aus dem kleinasiatischen Orakelwesen, Tóth, F., Das Tier, sein Bild und der falsche Prophet: Untersuchungen zum zeitgeschichtlichen Hintergrund von Johannesoffenbarung 13 unter Einbeziehung des antiken Orakelwesens (BThSt 126; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2012)Google Scholar.

54 Die Wunde des Tieres steht der Schächtwunde des Lammes (vgl. Offb 13.3, 8 mit 5.6) antithetisch gegenüber; zur parallelen Beschreibung von Lamm und Tier siehe Giesen, Offenbarung, 164; Schütz, Offenbarung, 49 und Beale, G. K., The Book of Revelation: A Commentary on the Greek Text (Grand Rapids, Mich.: Eerdmans, 1999)Google Scholar 691.

55 Als Befürworter einer Aufnahme der Nerosage gelten D. Aune, H. Giesen, J. Ernst u.v.m. Bereits Viktorin von Pettau zog in dem ersten Kommentar zur Offb diese Schlussfolgerung; vgl. Vict.Poet. in Apoc. 13.1–2.

56 Legendenbildung war nach Neros Tod populär; vgl. Berger, K., Theologiegeschichte des Urchristentums: Theologie des Neuen Testaments (Tübingen: Francke, 1995) 617–18Google Scholar. Obwohl Sueton beschreibt, dass Neros sterbliche Reste begraben wurden (vgl. Suet.Nero 50; siehe dazu auch Klauck, H.-J., ‘Do they Never Come Back? Nero Redivivus and the Apocalypse of John’, Religion und Gesellschaft im frühen Christentum: Neutestamentliche Studien (Hg. H.-J. Klauck; WUNT 152; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003) 268–89Google Scholar, hier: 269), gibt es zahlreiche literarische Niederschläge über eine Flucht Neros zu den Parthern, mit deren König Vologaeses I. er Kontakt geknüpft hatte (vgl. Suet.Nero 40.2; 57.1–2; Tac.hist. 2.8; Cass.Dio 66.19.3; siehe auch Klauck, ‘Nero’, 270; für weitere literarische Zeugen: Beale, Revelation, 690). Diese Nero-Traditionen waren noch lange literarisch präsent: Lukian beschreibt die Nerolegende noch um 150 n.Chr. (adv.ind.20), siehe dazu Witulski, T., Die Johannesoffenbarung und Kaiser Hadrian: Studien zur Datierung der neutestamentlichen Apokalpyse (FRLANT 221; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2007) 1415.CrossRefGoogle Scholar

57 ‘The oldest form of the Nero redux myth, which appears to have originated in Asia, is that Nero would return from the east as the champion of the east at the head of a Parthian army to retake the imperial throne in Rome. This basic version of the myth is reflected in Sib. Or.4.138–39 … In Jewish and Christian tradition, however, this usually positive image of a triumphant messianic figure was transformed into a monstrous incarnation of evil and became part of the eschatological-antagonist myth’ (Aune, D. E. (u.a.), Revelation 6–16 (WBC 52B; Nashville, Tenn.: Nelson, 1998)Google Scholar 739).

58 Zur Datierungsfrage siehe Pöhlmann, W., Die heidnische, jüdische und christliche Opposition gegen Domitian: Studien zur Neutestamentlichen Zeitgeschichte (Nürnberg: Diss.Univ., 1966) 332–3Google Scholar und Collins, J. J., The Sibylline Oracles of Egyptian Judaism (SBL.DS 13; Missoula, Mont.: SBL, 1972)Google Scholar 75. Collins geht von einem literarischen Ursprung im 1. Jh. aus, doch zur hadrianischen Zeit (in jedem Fall vor 138 n.Chr.) seien die Texte von OrSib 5 redaktionell überarbeitet und zur überlieferten Gestalt zusammengefügt worden.

59 Siehe dazu Pöhlmann, Opposition, 334: ‘Im vierten Buch wurde Nero zwar wie im fünften als Muttermörder und Frevler bezeichnet (4.121,122), sonst aber waren keine Anzeichen leidenschaftlichen Hasses gegen ihn zu spüren. Das ändert sich im fünften Buch radikal. In jedem der vier Nero-Orakel spricht sich Abscheu und Verachtung vor ihm als Inbegriff römischer Sittenlosigkeit aus.’

60 Im Abschnitt OrSib 5.228–246 wird der wiederkehrende Nero mit ‘du’ angesprochen, was sich als Anklage gegen Rom erweist. In Gestalt des Kaisers wird also die Macht Roms angeklagt; vgl. Pöhlmann, Opposition, 336; ähnlich auch Barr, D. L., ‘The Lamb Who Looks like a Dragon? Characterizing Jesus in John's Apocalypse’, The Reality of Apocalypse: Rhetoric and Politics in the Book of Revelation (SBL.SS 39; Atlanta, GA: SBL, 2006) 205–20Google Scholar, hier: 220.

61 Drei dieser falschen Neros sind literarisch bezeugt: Ein erster aus dem Jahr 69 (u.U. OrSib 4.119–124), ein zweiter auch namentlich bekannter aus der Regierungszeit des Titus (Tac.hist. 2.8; OrSib 4.137–139) und ein letzter, der in der Regierungszeit Domitians auftritt (Suet.Nero 57.1–2); siehe dazu näher Pappano, A., ‘The False Neros’, CJ 32/7 (1937) 385–92Google Scholar. Der zweite ‘Nero’ wird als der Asiat Terentius Maximus identifiziert (vgl. Heinemann, M., Suetonius: Caesarenleben (Stuttgart: Kröner, 1957Google Scholar) 384, n.1). Die Provenienz und das vermehrte Auftreten falscher Neros in Kleinasien lassen auf eine hohe Popularität Neros in Kleinasien schließen; vgl. auch Dion or. 21.10. Siehe zu dieser Thematik ferner Giesen, ‘Spiegel’, 171; vgl. auch Ernst, J., Die eschatologischen Gegenspieler in den Schriften des Neuen Testaments (BU 3; Regensburg: Pustet, 1967) 146–7Google Scholar.

62 In Anlehnung an literarische Motive (vgl. Dtn 13.14; 2 Thess 2.8 und AscIs 4.2) konnte Nero mit dem wiederkehrenden Belial identifiziert werden; vgl. Aune, Revelation, 730. Da die Weissagung vom Kommen des Antichristen gegen Ende des 1. Jahrhunderts fester Bestandteil apokalyptischen Denkens war und stellenweise mit römischer Herrschaftswahrnehmung verbunden wurde (vgl. dazu Bousset, W., Die Religion des Judentums im späthellenistischen Zeitalter (HNT 21; Tübingen: Mohr, 3 1966Google Scholar) 25.256), könnte das Auftreten der Pseudo-Neros vom Seher als endzeitliches Warnsignal wahrgenommen worden sein.

63 Zu der diskussionsreichen Frage sei verwiesen auf Klauck, ‘Nero’, 280.

64 Vgl. Collins, Sibylline Oracles, 80–9; siehe auch die Zusammenfassung bei Kreitzer, L., ‘Hadrian and the Nero Redivivus Myth’, ZNW 79 (1988) 92115CrossRefGoogle Scholar, hier: 97. Zur Bedeutung der Nerolegende in der Johannesapokalypse auch Cook, Roman Attitudes, 106–10.

65 So mutmaßt auch Ernst, Gegenspieler, 148. Für Ernst taucht in der Johannesapokalypse – im Gegensatz zu OrSib 4 – ein mythisch-antichristliches Wesen und kein historischer Herrscher auf; vgl. Ernst, Gegenspieler, 290–1; siehe auch Klauck, ‘Nero’, 276.

66 Sicher kann diese motivgeschichtliche Entwicklung eine Datierung der Johannesapokalypse zwischen OrSib 4 und OrSib 5 nicht allein belegen, zumal Ungleichzeitigkeiten bei der Tradierung nicht ausgeschlossen werden können. Doch wenn in der Provinz Asia die ‘Pseudoneros’ sogar visuell wahrnehmbar waren, kann man für die Herkunftsorte der Sibyllinen (Kleinasien, Ägypten, Palästina) ähnliche Wahrnehmungskontexte vermuten, die eine Intensivierung der Neroerinnerung vom redux zum redivivus in Kleinasien möglich scheinen lassen.

67 Vgl. Roloff, J., Die Offenbarung des Johannes (ZBK.NT 18; Zürich: TVZ, 3 2001)Google Scholar 141; Ritt, H., Offenbarung des Johannes (NEB.NT 21; Würzburg: Echter, 5 2005)Google Scholar 70; oder auch Christ, ‘Herrscherauffassung’, 202; ferner Giesen, H., Johannes-Apokalypse (SKK.NT 18; Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 4 1996)Google Scholar 107 und mit ähnlichen Argumenten auch de Villiers, ‘Persecution’, 50.

68 So wurden beide Kaiser durch eine zunächst ruhige, schließlich aber immer mehr durch crudelitas und saevitia geprägte Regierungsart charakterisiert und parallelisiert (vgl. für Nero: Cass.Dio 61.4.3–5.1, Suet.Nero 26.1; für Domitian: Suet.Dom. 3.2 und 11.1).

69 Vgl. Friesen, Twice Neokoros, 68 und Price, Rituals, 139.

70 Nero war vor Domitian der letzte Herrscher, der zumindest auf munizipaler Ebene in Kleinasien verehrt wurde; vgl. Witulski, Kaiserkult, 50–1.

71 Vor allem der Neokoros-Titel galt als solche Auszeichnung, siehe dazu Friesen, Twice Neokoros, 44, 49. Er wurde hier zum ersten Mal für einen Imperialkult verliehen; vgl. Biguzzi, G., ‘Ephesus, its Artemision, its Temple to the Flavian Emperors, and Idolatry in Revelation’, NT 40.3 (1998) 276–90Google Scholar, hier: 282; vgl. auch Price, Rituals, 64–5 und Friesen, Twice Neokoros, 56–9. Als Neokoros der Artemis ist Ephesus schon 65/66 n.Chr. bekannt; siehe dazu Friesen, Twice Neokoros, 53–4.

72 Vgl. Friesen, Twice Neokoros, 34 und Imperial Cults, 43–55.

73 Vgl. Biguzzi, ‘Ephesus’, 289.

74 Eine mögliche Art von Oppositionsstrategie unterlegener Kreise zeichnet James C. Scott in seiner Theorie von den hidden transcripts nach; siehe dazu Scott, J. C., Domination and the Arts of Resistance: Hidden Transcripts (New Haven: Yale University, 1990)Google Scholar insb. 4, 19, 120. Zur Lesart der Offb näher auch Mucha, R./Witetschek, S., ‘Das Buch ohne Siegel: Zur zeitgeschichtlichen Referentialität der Johannesapokalypse’, EC 4.1 (2013) 96125Google Scholar.

75 Vgl. van Henten, J. W., ‘Dragon Myth and Imperial Ideology in Revelation 12–13’, The Reality of Apocalypse: Rhetoric and Politics in the Book of Revelation (Hg. D. Barr; SBL.SS 39; Atlanta, GA: SBL, 2006) 181203Google Scholar, hier: 185; ähnlich auch Collins, A. Y., The Combat Myth in the Book of Revelation (HDR 9; Missoula, MT: Scholars, 1976)Google Scholar 67.

76 Vgl. Foerster, W., ‘πύθων’, ThWNT 6 (Hg. G. Friedrich/G. Kittel; Stuttgart 1933, Nachdruck 1957) 917–20Google Scholar, hier: 917–18 und von Geisau, H., ‘Python’, Der Kleine Pauly (Hg. Ziegler, K./Sontheimer, W./Pauly, A.; München: DTV, 2007) 1280–2Google Scholar, hier: 1280. Python wird als mantische Schlange auch mit dem Orakelsitz in Delphi konnotiert, was zusätzlich kultische Spannungen thematisiert; vgl. Frenschkowski, M., ‘Religion auf dem Markt’, Hairesis (Hg. M. Hutter; FS Hoheisel; Münster: Aschendorff, 2002) 140–58Google Scholar, hier: 146.

77 Leto kann mit der Frau in Offb 12 verglichen werden: Wie der Himmelsfrau Hilfe durch einen Adler zur Seite steht (vgl. Offb 12.14–15), erfuhr Leto Hilfe von Poseidon.

78 Typhon ist der Sohn von Tartaros und Gaia. Er kämpft gegen Zeus (vgl. Hes.theog. 813–864; insb. 845–849) und wird von ihm vernichtend geschlagen. Gelegentlich wird er auch mit dem delphischen Python identifiziert; vgl. von Geisau, H., ‘Typhoneus’, Der Kleine Pauly (Hg. K. Ziegler/W. Sontheimer/A. Pauly; München: DTV, 2007) 1022–3Google Scholar, hier: 1022.

79 Vgl. van Henten, ‘Dragon’, 186–7; dort ist auch eine Tabelle mit der inhaltlichen Gegenüberstellung beider Mythen zu finden. Die Tatsache, dass die Mythen in Kleinasien bekannt waren, ist kaum verwunderlich, da Ephesus Tempelhüterin der Artemis, der Tochter Letos, war, an deren Geburtstagsfest dieser Kampf sogar kultisch inszeniert wurde (vgl. Strabon geogr. 14.1.20). Die Motivik paganer Mythen taucht in der kleinasiatischen Alltagswelt häufig auf; vgl. van Henten, ‘Dragon’, 190; dazu auch Friesen, Imperial Cults, 171–2.

80 Vgl. van Henten, ‘Dragon’, 192; christlich rezipiert in Apg 12.20–23 (vgl. H.-J. Klauck, ‘Des Kaisers schöne Stimme’; siehe oben n. 7). Ohnehin war eine absichtliche Konnotation des Kaisers mit Apollon vor allem bis Nero populär; vgl. van Henten, ‘Dragon’, 199–200. Auch in Offb 9.11 ist eine Parallele zu dieser Apollonstilisierung zu sehen: Hier wird der Terminus Ἀπολλύων verwendet. Roloff sieht eine Deutung als Apollon und somit einen erneuten textinternen Verweis auf die neronische Apollonstilisierung als möglich an; vgl. Roloff, Offenbarung, 103.

81 Als ein Blitzeinschlag die Statue Neros in dem von ihm gestifteten Gymnasion am Marsfeld (vgl. Tac.ann. 14.47; 15.22) schmilzt, wird dies mit der Elimination Typhons durch Zeus verglichen (vgl. Ps.Sen. Octavia 237–251); vgl. van Henten, ‘Dragon’, 195. Erstaunlicherweise wurde auch der Tempel der Flavier in Rom durch einen Blitz zerstört, vgl. Suet.Dom. 15.2.

82 Der von Domitian verbannte Dion Chrysostomos sah in dem Herrscher einen solch typhonengleichen Tyrannen (vgl. z.B. or. 40.12; 45.1; 50.8); siehe dazu auch van Henten, ‘Dragon’, 196.

83 Für eine Übersetzung der Inschrift siehe Strobel, Traian, 73; allgemein zum Obelisken Cook, Roman Attitudes, 112.

84 Auf Münzdarstellungen sieht man Domitian als den irdischen Vizeregenten Jupiters mit göttlichen Insignien ausgestattet; vgl. van Henten, ‘Dragon’, 199–200; siehe auch Carradice/Buttery, Coinage, 249–50.

85 Vgl. Karrer, M., ‘Apoll und die apokalyptischen Reiter’, Die Johannesoffenbarung: Ihr Text und ihre Auslegung (Hg. Labahn, M.; Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2012) 223–51Google Scholar, hier: 225.

86 Die für verschiedene Bereiche Italiens und weite Teile des Reiches belegten Funde dieser Art lassen sich für die Provinz Asia (bislang) nicht eindeutig verifizieren, sondern nur erahnen: In den Reichsprovinzen wurden Kolossalporträts gefunden, die Umarbeitungsspuren aufwiesen; vgl. Kreikenbom, Kolossalporträts, 99. Auch für Pergamon ist solch eine Domitianbüste bezeugt; vgl. Daltrop, ‘Domitian’, 38 und 105, Tafel 33a/b. Allerdings ist diese Statue verschollen und es lässt sich eine Umarbeitung nur anhand von Fotografien konstatieren, die eine Bearbeitung von Kopf und Hals sowie den etwas tiefer liegenden Augen plausibel machen. Nero-Domitian-Statuen könnten etwa auf dem Markt von Ephesus gestanden haben. Auch die große Kultstatue aus dem Flaviertempel von Ephesus scheint eine Umarbeitung zu sein; vgl. zu der Statue allgemein Biguzzi, ‘Ephesus’, 284–5. Sie wird meist als Domitian (vgl. Clauss, Kaiser, 130) oder Titus (vgl. Friesen, Twice Neokoros, 62; Kreikenbom, Kolossalporträts, 103 oder Daltrop, ‘Domitian’, 38) identifiziert.

87 Im Kontext von Offb 13 und Offb 17 wird breit mit der in apokalyptischer Literatur häufig auftauchenden Deutungsfigur des vaticinium ex eventu operiert. Dass diese Deutung aber umstritten ist, zeigen Klauck, ‘Sendschreiben’, 173–4; Wilson, ‘Date’, 602 und Witulski, Johannesoffenbarung, 333–4. Eine neuere Deutung, die auf Vespasian als das erste Tier abzielt, gibt Tóth, Tier, 166–78.

88 Die konventionelle Datierung der Offb ist, wie eingangs erwähnt, in neuester Zeit wieder Gegenstand wachsender Skepsis geworden, doch es halten viele Exegeten an der auf Irenäus zurückgehenden Datierung fest (vgl. Iren.haer. 5.30.3). Für weitere Argumente zur Datierung der Johannesapokalypse in die Zeit Domitians vgl. Beale, Revelation, 5–20.

89 Dazu Giesen, Offenbarung, 42. Versuche Witulskis, auch diesen Terminus auf die hadrianische Zeit zu fokussieren (siehe dazu Witulski, T., ‘Offb 11,1f und die (Neu-)Gründung Jerusalems durch Kaiser Hadrian’, BZ 55/1 (2011) 3562Google Scholar) sind wenig überzeugend, da die Gräuel des Ersten Jüdischen Krieges samt der Tempelzerstörung am Abfassungsort der Offb im kollektiven Gedächtnis schwerer wiegen als der Zweite Jüdische Krieg, bei dem die Identifikation der Christen mit dem Judentum stark nachgelassen hatte.

90 Zur Bedeutung der Parther für die Auslegung der Johannesapokalypse ausführlich Frenschkowski, M., ‘Parthica Apocalyptica: Mythologie und Militärwesen iranischer Völker in ihrer Rezeption durch die Offenbarung des Johannes’, JAC 47 (2004) 1657Google Scholar.

91 Die Parther lieferten als Reitervolk vermutlich eine imaginative Vorlage. Während Domitians Regierungszeit waren die bilateralen Beziehungen kühl. Insbesondere der Zwischenfall mit dem falschen Nero im Jahr 89 (Suet.Nero 57.2; Tac.hist. 1.2) verschlechterte die Beziehungen und es kam fast zu einer militärischen Intervention; vgl. Ziegler, K.-H., Die Beziehungen zwischen Rom und dem Partherreich: Ein Beitrag zur Geschichte des Völkerrechts (Wiesbaden: Steiner, 1964)Google Scholar 81.

92 Vgl. Cass.Dio 65.15.3. Es wird sogar berichtet, dass Domitian selbst für die Parther in den Krieg ziehen wollte (Suet.Dom. 2.2), was abermals Parallelen zur Nerolegende wachruft.

93 Domitian scheint im Sommer 93 eine entsprechende Militäroperation geplant zu haben; vgl. Strobel, Traian, 115–16. Davon zeugt auch der massive Anstieg der Münzprägung von 92–94 n. Chr. in den östlichen Reichsregionen, was ein Anzeichen für Truppenbewegung ist.

94 Vgl. den Titel der Studie von Stephan Witetschek (siehe n. 2).

95 Vgl. Theißen, Religion, 331–2.

96 Die senatorischen Schriften zeichneten in der Folgezeit Domitian und Nero immer ähnlicher. Kneppe nennt als Beispiel Philostrats Apolloniosvita, in der Nero als Ungeheuer stilisiert wird (vgl. Philostr.vit.ap 4.36–38 und 5.32); vgl. Kneppe, Metus, 177. Auch zur Zeit Cassius Dios waren Domitian und Nero die Negativbeispiele schlechthin; vgl. Botha, ‘Domitian’, 50.

97 Vgl. Timpe, D., ‘Domitian als Christenfeind und die Tradition der Verfolgerkaiser’, Heil und Geschichte: Die Geschichtsbezogenheit des Heils und das Problem der Heilsgeschichte in der biblischen Tradition und in der theologischen Deutung (Hg. Frey, J./Krauter, S./Lichtenberger, H.; WUNT 248; Tübingen: Mohr Siebeck, 2009) 213–42Google Scholar, hier: 234. Durch die literarische Engführung zwischen Domitian und Nero ist es in den Augen der frühen Kirche nur folgerichtig gewesen, Domitian ebenfalls als Christenverfolger anzunehmen und ihm eine Verfolgung anzudichten; vgl. Riemer, Tier, 172. Es ist davon auszugehen, dass zur domitianischen Herrschaftszeit zumindest lokale Pressionen vorkamen; vgl. allgemein den Beitrag Schottroff, L., ‘Die Gegenwart in der Apokalyptik der synoptischen Evangelien’, Apocalypticism in the Mediterranean World and the Near East (Hg. Hellholm, D.; Tübingen: Mohr, 1983) 707–28Google Scholar; Theißen, Religion, 330 oder auch Lietaert Peerbolte, Antecedents, 119–20. Doch wie bei ‘typisch schlechten Kaisern’ üblich, wurde eine Verfolgung durch Domitian erinnert und nicht unter ihm. ‘Typisch gute Kaiser’ wie etwa Mark Aurel, unter dem ein blutiges Pogrom gegen die Christen in Lyon überliefert ist (vgl. Euseb.h.e. 5.1), werden aufgrund anderer positiver Eigenschaften (Freund stoischer Philosophie etc.) nicht mehr mit derartigen Gräueln (ein Leiden durch ihn) konnotiert; siehe zu dieser Thematik Timpe, ‘Christenfeind’, 240.

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Tabelle 1. Nero-Erinnerung im Vergleich zu seinen Nachfolgern

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Tabelle 2. Nero und Domitian – Gleichheiten

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Abbildung 1. Nero/Domitian als göttlicher Princeps. Glyptothek München, Kat.-Nr. 394, Inv.-Nr. KH 263; Fotographie des Verfassers; zur Reproduktion autorisiert durch die Glyptothek München.