Hostname: page-component-745bb68f8f-f46jp Total loading time: 0 Render date: 2025-02-06T04:15:46.922Z Has data issue: false hasContentIssue false

Kynische Argumentation im Römerbrief: Römer 1–2 und Ps.-Diogenes, Epistula 28 im Vergleich

Published online by Cambridge University Press:  08 December 2017

Torsten Jantsch*
Affiliation:
Evangelisch-Theologische Fakultät, Ludwig-Maximilians-Universität München, Geschwister-Scholl-Platz 1, 80539 München, Germany, and Faculty of Theology and Religion, University of the Free State, Bloemfontein, PO Box 339, Bloemfontein 9300, South Africa. Email: Torsten.Jantsch@evtheol.uni-muenchen.de
Rights & Permissions [Opens in a new window]

Abstract

Recent studies have discussed Paul's letters against the backdrop of ancient Greek philosophy, particularly of Stoicism, Platonism and Cynicism. This article will take up the latter suggestion, as it shows significant similarities between Paul's argument in Rom 1–2 and the Cynic tradition, which is a neglected aspect in scholarly discussion. A comparison of Rom 1.18–32; 2.14–29 and the Cynic epistle Ps.-Diogenes, Epistula 28 will outline decisive assumptions and argumentative patterns that both letters have in common.

German abstract: Die paulinischen Briefe wurden vor dem Hintergrund der antiken Philosophie, besonders der Stoa, des Platonismus und des Kynismus, interpretiert. Dieser Artikel nimmt die letztere Anregung auf und weist auffällige Parallelen zwischen der Argumentation des Paulus in Röm 1–2 und der kynischen Tradition nach. Dies ist ein Aspekt, der in der bisherigen Forschung übersehen wurde. Ein Vergleich zwischen Röm 1.18–32; 2.14–29 und dem kynischen Brief Ps.-Diogenes, Epistula 28 zeigt entscheidende Ähnlichkeiten beider Schreiben im Hinblick auf anthropologische Grundannahmen, bestimmte Vorstellungen sowie Argumentationsmuster auf.

Type
Articles
Copyright
Copyright © Cambridge University Press 2017 

1. Forschungsgeschichtliche Einordnung

Im 20. Jahrhundert wurde Paulus als Philosoph entdeckt.Footnote 1 Dies hat eine gewisse Vorgeschichte, etwa wenn Paulus in Apg 17 im Gespräch mit Philosophen und in Parallele zu Sokrates gezeichnet wird,Footnote 2 oder wenn im vierten Jahrhundert ein Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca fingiert wird.Footnote 3 Damit, dass Paulus auf eine Ebene mit Philosophen gestellt wird, soll eine spezifische Erinnerung an Paulus geprägt werden,Footnote 4 die nicht den Anspruch der Historizität erheben kann. Allerdings hat die Forschung gezeigt, dass Paulus tatsächlich nicht aus dem Zusammenhang des antiken philosophischen Diskurses gelöst werden kann. Einen platonischen Hintergrund der paulinischen Anthropologie haben etwa George Henk van KootenFootnote 5 und Emma WassermanFootnote 6 erörtert. Troels Engberg-Pedersen dagegen versteht Paulus in einem stoischen Kontext.Footnote 7 Andere Exegeten, insbesondere Abraham Malherbe und F. Gerald Downing,Footnote 8 wiesen auf mögliche Berührungspunkte zwischen Paulus und der kynischen Philosophie hin.

Für die beiden ersten Kapitel des Römerbriefs, die hier im Mittelpunkt stehen, wurden verschiedene Hintergründe erörtert. Dabei spielen natürlich das Alte Testament und die frühjüdische Tradition eine herausragende Rolle, aber auch Parallelen zur antiken Philosophie wurden aufgezeigt (z.B. die stoische Thematik in Röm 2.14–15). Auffällig ist jedoch, dass der Kynismus nicht als möglicher Hintergrund von Röm 1–2 diskutiert wurde, insbesondere nicht das hier vorgestellte Schreiben, Pseudo-Diogenes, Epistula (= Ps.-Diog. Ep.) 28.Footnote 9 Ich werde im Folgenden kynische Parallelen zu einzelnen Motiven und zum Grundmodell der Argumentation des Paulus in Röm 1–2 aufweisen anhand eines Vergleiches mit dem kynischen Brief Ps.-Diog. Ep. 28.

2. Inhalt und Argumentation in Ps.-Diog. Ep. 28

Weil im Gegensatz zum Römerbrief Ps.-Diog. Ep. 28Footnote 10 weniger bekannt sein dürfte, betrachten wir zunächst Inhalt und Argumentationsgang dieses Schreibens in aller Kürze. Es wird zu den sogenannten kynischen Briefen gezählt.Footnote 11 Im Kern gehören dazu Briefe, die auf Diogenes und Krates zurückgeführt werden. Es gibt 51 pseudepigraphische Diogenes- und 36 Kratesbriefe, die nur teilweise gemeinsam in Handschriften überliefert werden (Ps.-Diog. Ep. 1–29 und Ps.-Krates Ep. 1–14).Footnote 12 Abraham Malherbe hat in seine Study Edition der kynischen BriefeFootnote 13 darüber hinaus weitere sieben Sokrates und 35 weiteren „Sokratikern“ zugeschriebene Briefe, zehn Anacharsis- und neun Heraklitbriefe aufgenommen. In dieser Form hat es jedoch keine Sammlung kynischer Briefe gegeben. Dennoch ist die kynische Herkunft dieser Schreiben deutlich: Sie behandeln ähnliche Themen in einem vergleichbaren Stil, sie zeigen kynisches Denken und kynische Argumentationsmuster, und die Briefe beziehen sich regelmäßig auf Personen, die für die Kyniker wichtige Vorbilder waren, wie Sokrates, Antisthenes, Diogenes von Sinope, Krates und andere. Während einige der Briefe womöglich in das 2. oder gar 3. Jh. v.Chr. zu datieren sind, dürften andere aus dem frühen 1. Jh. n.Chr. stammen.Footnote 14

Die Inscriptio des fingierten Briefes Ps.-Diog. Ep. 28, bei dem – wie so oft in den Kynikerbriefen – die Brieffiktion kaum ausgeführt ist,Footnote 15 lautet: „Diogenes der Hund an die sogenannten Griechen, wehe über euch (οἰμῴζειν)!“ Dies fasst den Ton des Briefes gut zusammen, der durch Flüche und Verwünschungen bestimmt ist. Zu Beginn des Schreibens fasst „Diogenes“ in einer These zusammen, wie er die Adressaten einschätzt und was er ihnen vorwirft: Sie sind nur dem Aussehen nach Menschen, den Seelen nach aber Affen; obwohl sie Anspruch auf alles erheben, wissen sie nichts (28.1: γινώσκετε δὲ οὐδέν). Die Folge davon ist, dass die Natur (φύσις) sie straft (τιμωρεῖται ὑμᾶς ἡ φύσις, 28.1). Erst später wird klar, worin diese Strafe (auch hier τιμωρεῖται) besteht: „Denn über euch alle ist der Tod verhängt, den ihr fürchtet“ (28.5). Doch zunächst begründet „Diogenes“ in 28.1–2, warum die Natur die Angesprochenen straft – wegen der ihnen innewohnenden Schlechtigkeit (ἐμπεφυσιωμένη κακία) und ihres Neides (28.1: φθονοῦντες). Ein weiterer Grund wird in 28.1 (vgl. auch 28.6) angegeben als: κακοὶ κακῶν ἐπιτήδειοι ὄντες. Eike Müseler übersetzt hier: „denn ihr seid schlecht und Freunde von Schlechten“, Malherbe dagegen: „evil persons fit for evil“,Footnote 16 was als die treffendere Wiedergabe erscheint. Die Ursache für diese Lebensweise ist, dass die Angesprochenen nichts mit gesundem Verstand (ὑγιεῖ λόγῳ) beurteilen, sondern nur auf der Basis bloßer Meinung statt gesicherter Erkenntnis urteilen (28.2). „Diogenes“ fasst dies zusammen: „Ihr aber wisst nichts, weder eure Vorfahren, noch ihr selbst, sondern von Unwissenheit und Unverstand zum Spott gemacht, werdet ihr gefoltert – und das zu recht.“Footnote 17 Diese Formulierung wird in 28.6 wiederholt; in 28.7 wird deutlich, dass das Foltern auf die schmerzhaften Therapien der Ärzte verweist,Footnote 18 die die Folgen ungesunden, den Gelüsten und Lastern ergebenen Lebenswandels kurieren – sie schneiden und brennen und schnüren und verabreichen Arzneien zur inneren und äußeren Anwendung und tun dies mit vollem Recht (καλῶς ποιοῦντες; vgl. bereits 28.2, 6). Wegen all dieser Gründe hasst sie „der Hund“ (d.h. der Kyniker par excellence, Diogenes, vgl. auch 28.5)Footnote 19 und die Natur selbst. Dann (28.6) fordert „Diogenes“ dazu auf, vom weisen Sokrates und Diogenes („mir“) zu lernen, vernünftig zu sein (σωφρονεῖν) – „oder erhängt euch!“ (ἠ ἀπάγξασθε). Der diesem σωφρονεῖν entgegengesetzte Lebensentwurf, den die Angesprochenen jetzt pflegen, wird als „wie im Symposion“ (ἐν συμποσίῳ) sein bezeichnet – vollkommen betrunken und benebelt, schwankend, so dass sie von anderen geführt werden müssen, unfähig, sich selbst zu retten bzw. zu bewahren (ὑφ’ ἑτέρων ἄγησθε καὶ μὴ αὐτοὶ δύνησθε σωθῆναι).

In 28.8 werden die Angesprochenen (obwohl sie Griechen sind) als Barbaren angesprochen, die klagen müssen, bis sie, obwohl sie die griechische Sprache gelernt haben, wirkliche Griechen geworden sind. Dies nimmt zunächst auf die Vorstellung Bezug, dass für die Griechen jener ein Barbar ist, der das Griechische nicht beherrscht oder es nicht fehler- und akzentfrei sprechen kann (vgl. etwa auch Ps.-Anacharsis Ep. 1; 9, s. hierzu unten).Footnote 20 Natürlich können die in Ps.-Diog. Ep. 28 Angesprochenen Griechisch sprechen – aber dies wird hier zu einem nur äußerlichen Merkmal, das keine wahre griechische Identität verbürgt. Auf einer anderen Ebene bezeichnet „Barbaren“ nämlich aus Sicht der Griechen kulturell unterlegene Völker, die als weniger gebildet angesehen wurden, mit einem Mangel an Vernunft ausgestattet und daher mit fehlender Selbstkontrolle.Footnote 21 Diese Kriterien des Griecheseins vertritt auch „Diogenes“ – wendet sie aber gegen die Griechen selbst. Dadurch werden die „sogenannten Barbaren“ (οἱ καλούμενοι βάρβαροι) als positives Gegenbild zu den „sogenannten Griechen“ (οἱ μὲν καλούμενοι Ἕλληνες) vorgeführt. Der Punkt, der beide Gruppen voneinander unterscheidet, ist, dass die „sogenannten Griechen“ gegen die „sogenannten Barbaren“ in den Krieg ziehen (dies nimmt 28.1, 3 auf), während die letzteren sich nur verteidigen. Dies wird so interpretiert, dass die „sogenannten Barbaren“ sich selbst genügen (αὐτάρκεις – αὐτάρκεια ist ein kynisches Ideal),Footnote 22 während den „sogenannten Griechen“ nichts genügt (ὑμῖν δὲ ἱκανὸν οὐδέν). Darum sind „die Griechen“ zu nichts zu gebrauchen – denn sie sind ehrsüchtig, unvernünftig, auf unnütze Weise erzogen, was die typisch kynische Kritik an der griechischen παιδεία aufnimmt (vgl. auch schon 28.3). Die Barbaren jedoch erfüllen in ihrem Handeln das, was wahres Griechesein ausmacht.

3. Ps.-Diog. Ep. 28 als typischer Text des Kynismus

In Ps.-Diog. Ep. 28 finden sich eine Reihe von Aspekten, die das Schreiben als kynisch ausweisen. Dazu gehören die Rekurse auf Diogenes, Antisthenes und Sokrates.Footnote 23 Offensichtlich wird auf bekannte Diogenes-Tradition Bezug genommen. Dazu gehört seine Bezeichnung als „Hund“.Footnote 24 Das aus der Tradition stammende Motiv, dass Diogenes in der Öffentlichkeit, auf dem Markt, seinen Bedürfnissen nach Sättigung und sexueller Befriedigung nachgegangen sei,Footnote 25 wird in diesem Brief jedoch auf die angesprochenen „Griechen“ angewandt (28.4). Es werden also anstößige Aspekte aus dem Diogenesbild getilgt – dies ist eine Strategie, die Diogenes-Erinnerung zu prägen, die auch in anderen kynischen Briefen anzutreffen ist.Footnote 26

In der Tradition wird das Bild vom „Hund“ auch so verwendet, dass Diogenes jene, die er erziehen will, mit Worten beißt. In Ps.-Diog. Ep. 28 wird dies so aufgenommen, dass „der Hund straft“ (τιμωρεῖται, 28.5). Die Diogenestradition bietet viele Beispiele dafür, dass Diogenes harte Worte führte – und in diesem Stil, der sogar die Grenze des Schicklichen überschreitet, ist auch unser Diogenesbrief gehalten („wehe über euch“, „erhängt euch“, vgl. auch die Beschreibung der Laster in 28.4 usw.). Typisch kynische Motive sind auch die Entgegensetzung von φύσις und νόμος sowie die Betonung des naturgemäßen Lebens (28.5).Footnote 27 Fest in der Diogenestradition verankert ist, dass Reichtum wegen des aus ihm folgenden ausschweifenden Lebensstils Gefahren birgt, während Bettler im Gegensatz zu den Reichen ein gesundes und tugendhaftes Leben führen (28.5–6). Im Zusammenhang mit dem kritisierten verweichlichten Lebensstil der Reichen wird ihre Schamlosigkeit und ausschweifende Sexualität inklusive homosexuellem Umgang (Päderastie!) kritisiert (28.4–5) – wie dies auch sonst in der kynischen Tradition begegnet (vgl. etwa Diog. Laert. 6.46, 53, 62 u.ö.). Weil Luxus aus kynischer Sicht der Anfang aller Laster ist, ist das Motiv der Selbstgenügsamkeit, der αὐταρκεία (vgl. 28.8), so zentral, und jeglicher Besitz wird abgewertet (vgl. 28.7). Typisch kynisch ist dann auch die Kritik an Ehrsucht (28.8: φιλόδοξοι) und die Ablehnung des griechischen Bildungsideals (28.3), dem die rechte Bildung und als ihr Inhalt Vernunft und ein Leben im Einklang mit der Natur (φύσις) entgegengestellt werden. Mit Diogenes ist in der Tradition dann auch Furchtlosigkeit vor dem Tod verbunden; entsprechend ist in Ps.-Diog. Ep. 28.5 die Wertung des Todes als etwas zu Fürchtendes die Einstellung der kritisierten Griechen.

4. Inhalt und Argumentation in Röm 1.18–2.29

Ps.-Diog. Ep. 28 ist also ein typisch kynisches Schreiben. Das ist auch der Grund dafür, dass es erhebliche Unterschiede zum Römerbrief gibt, dessen primärer Hintergrund die alttestamentlich-frühjüdische Tradition ist. Dennoch gibt es eine Reihe von signifikanten Gemeinsamkeiten, die ich im Folgenden herausarbeiten möchte. Dabei unterscheiden sich zwar die Formulierungen im einzelnen, aber die Motive und das grundlegende Argumentationsmuster sind vergleichbar. Doch soll an dieser Stelle zunächst kurz der Zusammenhang von Röm 1–2 in Erinnerung gerufen werden. Mit guten Gründen wird ein argumentativer Zusammenhang von 1.18 bis 3.20 angenommen – an dieser Stelle jedoch konzentrieren wir uns auf den Nachvollzug der Argumentation in Röm 1.18–2.29, weil sich hier die argumentativen Parallelen zu Ps.-Diog. Ep. 28 finden.

Nach der Eingangsthese (1.18) erörtert Paulus in einem ersten Argumentationsgang (1.19–32), dass die Nichtjuden wegen ihrer Gottlosigkeit unter Gottes Zorn stehen. In 2.1 spricht Paulus einen fiktiven Hörer an,Footnote 28 der andere verurteilt, dabei aber selbst unter dem Urteil Gottes steht (ὦ ἄνθρωπε πᾶς ὁ κρίνων· ἐν ᾧ γὰρ κρίνεις τὸν ἕτερον, σεαυτὸν κατακρίνεις, τὰ γὰρ αὐτὰ πράσσεις ὁ κρίνων). Paulus wendet sich in 2.1–29 in einer Anklage gegen die Juden, was allerdings erst in 2.17 deutlich wird. Jouette M. Bassler argumentiert hingegen dafür, dass Röm 1.18–2.11 eine Einheit darstellt,Footnote 29 und votiert damit gegen die klassische Aufteilung, nach der in 1.18–32 die Heiden, in 2.1–11 dagegen die Juden in den Blick genommen werden. Es stünden seit 1.19 alle Menschen im Fokus, d.h. Juden wie Nichtjuden. Sie argumentiert, dass 1.18–2.11 auf die Grundthese von Gottes Unparteilichkeit, wie sie in 2.11 ausgesprochen wird, zuläuft. Wenn in 1.18–32 von der Verkehrung des rechten Gottesdienstes die Rede ist, bezieht Bassler dies auf die Verehrung des Goldenen Kalbes (vgl. Ex 32).Footnote 30 Diese Anspielung ist jedoch für die Erstrezipienten nicht erkennbar. Zudem ist zu bedenken, dass mit 2.1 ein deutlicher syntaktischer Neueinsatz vorliegt, man vergleiche etwa den stilistischen Wechsel zur direkten Anklage und den Einsatz mit διό, was eine Schlussfolgerung aus dem zuvor Gesagten einleitet.

Da Röm 1.18–32 typisch jüdische Vorwürfe gegen den Polytheismus der Nichtjuden enthält,Footnote 31 ist es sehr wahrscheinlich, dass mit dem in 2.1 als (Ver-)Urteilendem eingeführten (fiktiven) Gesprächspartner ein Vertreter des Judentums gemeint ist.Footnote 32 Dies ist umstritten,Footnote 33 wird jedoch vom Kontext gestützt: Zum einen ist der Abschnitt 2.1–29 in sich geschlossen, weil in ihm stets ein fiktiver Gesprächspartner angesprochen ist. Sollte dieser etwa wechseln? Auch wenn das denkbar ist, ist doch deutlich, dass 1.18–32 Vorwürfe aufgreift, die Juden gegenüber polytheistischen Heiden hatten,Footnote 34 so dass als fiktiver Gesprächspartner ab 2.1 doch wohl ein Vertreter der Gegenposition, ein Jude, im Blick sein dürfte. Dies wird zudem ab 2.9 immer deutlicher, und Michael Wolter urteilt darum, dass

nicht verborgen bleiben [kann], dass der ἄνθρωπος πᾶς ὁ κρίνων und der „Jude“ von V. 17–29 ein und dieselbe Person sind … Obwohl der ἄνθρωπος πᾶς ὁ κρίνων auf den ersten Blick nicht spezifisch jüdische Züge trägt, nimmt er von Vers zu Vers immer deutlichere jüdische Gestalt an, bis dann erstmals in V. 9b.10b–11 erkennbar wird, dass Paulus von V. 1 an eine implizite Auseinandersetzung mit dem jüdischen Erwählungsanspruch geführt hat.Footnote 35

In 2.1–16, einem Unterschnitt von 2.1–29, führt Paulus das theologische Prinzip der „Unparteilichkeit Gottes“ (Divine impartiality) ein:Footnote 36 Gott behandelt Juden wie Nichtjuden (2.9–10, vgl. 2.12) auf dieselbe Weise; das entscheidende Prinzip des Urteils Gottes ist das menschliche Handeln (2.6–13). Nach 2.14–16 erfüllen Heiden das Gesetz, das in ihre Herzen geschrieben ist – dies wird nach V. 16 aber erst im endzeitlichen Gericht Gottes offenbar, ist also gegenwärtig für Menschen nicht unmittelbar erkennbar. Demgegenüber werden in 2.17–24 dem angesprochenen Juden allerlei Gesetzesübertretungen vorgeworfen, sodass es in 2.25–7 zu einem Platztausch von Juden und Heiden kommt. Die Begründung liefert 2.28–9: Hier definiert Paulus, was es bedeutet, Jude zu sein. Der äußerst umstrittene Abschnitt 2.14–29 wird uns noch ausführlicher beschäftigen.

5. Signifkante Parallelen zwischen Ps.-Diog. Ep. 28 und Röm 1.18–2.29

Da wir uns nun den Inhalt von Ps.-Diog. Ep. 28 und Röm 1.18–2.29 vor Augen geführt haben, ist es an der Zeit, vergleichbare Motive und Argumentationsmuster herauszuarbeiten. Dabei wird sich zeigen, dass diese Parallelen nicht zufällig sind, sondern dass es eine m.E. enge Beziehung zwischen der Argumentation in Röm 1–2 und kynischen Motiven gibt.

Zum einen wird in beiden Texten eine Anklage gegen eine Personengruppe geführt. Diese Personengruppen unterscheiden sich, nehmen dabei aber eine in der jeweiligen Kultur verwurzelte Grundopposition von Menschen auf: Bei Paulus sind dies „Juden“ im Gegenüber zu „Griechen“ (2.9–10) bzw. „Völkern“ (2.14, 24), bei Ps.-Diogenes „Griechen“ im Gegensatz zu „Barbaren“. Weiterhin gibt es eine Reihe von Parallelen zwischen den gescholtenen Verhaltensweisen. Insbesondere der Lasterkatalog in Röm 1.26–31 hat starke Parallelen zu Ps.-Diog. Ep. 28: Bei „Diogenes“ ist vom Neid (φθονοῦντες) die Rede, der das ganze Leben hindurch zu Krieg führt (28.1), und nach 28.8 wollen sich die Griechen unrechtmäßig durch Krieg den Besitz der Barbaren aneignen. Nach 28.3 benutzen die Griechen ungerechte Männer für den Krieg. Dies hat eine Parallele in Röm 1.29, wonach die Heiden, ihren Leidenschaften ausgeliefert, u.a. geldgierig (πλεονεξία), voller Neid (μεστοὺς φθόνου) und eifersüchtig (μεστοὺς … ἔριδος) sind. In beiden Schreiben werden auf ganz ähnliche Weise sexuelle Verfehlungen thematisiert: Nach Ps.-Diog. Ep. 28.4 begehen die Angesprochenen eine Reihe von unschicklichen Handlungen, darunter öffentliches Kopulieren und homosexuellen Umgang, und in 28.5 wird den Griechen die Maßlosigkeit u.a. ihres Sexualtriebes vorgeworfen. Ähnliches – insbesondere hinsichtlich des Themas Homosexualität – ist auch Thema der Anklage gegen Nichtjuden in Röm 1.26–7 (vgl. auch den Vorwurf des Ehebruches in 2.22). Ein weiterer Anklagepunkt, der sich in beiden Schreiben findet, ist Ungerechtigkeit (Ps.-Diog. Ep. 28.3: ἀδικεῖν; Röm 1.29: ἀδικία; vgl. schon 1.18).

Nun sind diese Parallelen nicht überraschend: Es ist eine typische Strategie in der Antike, Gegner der Ungerechtigkeit, Habsucht und sexueller Verfehlungen zu bezichtigen. Die Lasterhaftigkeit der Heiden ist in frühjüdischer Polemik ebenso ein Thema, wie die Untugenden der nicht philosophisch gebildeten Menschen oder der jeweiligen Gegner in antiken philosophischen Diskursen. Aber die Parallelen zwischen Röm 1–2 und Ps.-Diog. Ep. 28 gehen über solche zufälligen und wenig aussagekräftigen Ähnlichkeiten hinaus. Bemerkenswert ist z.B., dass in beiden Schreiben ganz und gar vergleichbare Ursachen für die scharf kritisierten Handlungen angegeben werden: Nach Röm 1.29 sind die Heiden angefüllt mit Bosheit – d.h. sie erfüllt ihr Inneres (πεπληρωμένους πάσῃ … κακίᾳ). Diese Anschuldigung findet sich auch mehrfach im Diogenesbrief: Die Griechen sind böse (κακοί, 28.1, 6), ja das Böse ist gleichsam in ihrem Inneren eingepflanzt (ἐμπεφυσιωμένη κακία, 28.1). Nach dem Diogenesbrief ist eine weitere Ursache des gescholtenen Verhaltens ein Mangel an Verstand (28.6: „wenn ihr Verstand hättet“, „nehmt Vernunft an“; vgl. 28.2: sie beurteilen nichts mit dem gesunden Verstand; vgl. auch 28.8), wie die Griechen ja auch gescholten werden, nichts zu wissen (28.1, 2) und in Unverständnis und Torheit zu leben (28.2: ἀγνοία, ἀφροσύνη; vgl. 28.8: ἄλογοι). Dies ist auch ein Thema in Röm 1: Der Götzendienst der Heiden folgt aus ihrem Unverständnis Gottes (1.19–23), sie verfielen in Torheit (ἐματαιώθησαν ἐν τοῖς διαλογισμοῖς αὐτῶν, 1.21; vgl. 1.22), und ihr unverständiges Herz wurde verfinstert (ἐσκοτίσθη ἡ ἀσύνετος αὐτῶν καρδία). In der stoischen und kynischen Philosophie hat Bosheit ihren Ursprung in einer falschen Bewertung von Situationen und Werten und geht zurück auf einen falschen Gebrauch der Vernunft und (dies ist die kynische Zuspitzung) auf einen Mangel an wahrer Bildung. Die Ähnlichkeiten zwischen Paulus sowie den Stoikern und Kynikern hinsichtlich der Frage nach der Ursache der Bosheit sind offensichtlich.

An dieser Stelle ist ein kurzer Blick auf einen anderen kynischen Brief interessant: In Ps.-Anacharsis Ep. 9 findet sich ein Ursprungsmythos des Bösen, der der paulinischen Argumentation in Röm 1.19–32 vergleichbar ist. Für das Motiv, dass der falsche Gottesdienst Ursprung der Sünde und der Laster ist, lassen sich natürlich eine Reihe von frühjüdischen Vergleichstexten anführen.Footnote 37 Im kynischen Brief Ps.-Anacharsis Ep. 9 (an Krösus adressiert) wird der Ursprung alles Bösen folgendermaßen erklärt: Ursprünglich war die Erde gemeinsamer Besitz von Göttern und Menschen. Dann aber haben die Menschen diese ursprüngliche Ordnung übertreten, indem sie die Güter, die den Göttern und Menschen gemeinsam gehörten, für sich allein beanspruchten. Im Gegenzug gaben die Götter den Menschen zur Strafe Gaben, die zu ihrer Verfehlung passen: Streit (ἔρις), Lust (ἡδονή), Geiz (μικροψυχία). Aus diesen und ihrer Mischung entsteht dann jedes Übel unter den Menschen bis hin zum Krieg.

Kehren wir nun zu Röm 1–2 und Ps.-Diog. Ep. 28 zurück. Über Einzelheiten hinsichtlich der kritisierten Handlungen hinaus finden sich auch Ähnlichkeiten in den zugrunde liegenden Argumentationsmustern in beiden Schreiben. Ein Grundgedanke der paulinischen Argumentation im Römerbrief, der insbesondere 1.18–3.20 bestimmt, ist die „Unparteilichkeit Gottes“ (vgl. 2.11). Gott vergilt einem jeden ohne Ansehen der Person nach seinem Tun (2.6–11). Ein ähnliches Motiv findet sich auch in Ps.-Diog. Ep. 28.5: Hier schreibt „Diogenes“, dass die Natur alle gleichermaßen straft (ἡ … φύσις … ὁμοίως πάντας ὑμᾶς τιμωρεῖται) – nämlich diejenigen, die die zuvor beschrieben, aus Unvernunft erwachsenden falschen Handlungen tun. Besonders fällt ins Auge, dass in beiden Texten gleichermaßen der Tod als Strafe erwähnt wird: In Röm 1.32 ist jeder, der, wie zuvor beschrieben, handelt, nach Gottes Recht des Todes würdig (vgl. auch die Oppositionen in 2.6–10). Nach Ps.-Diog. Ep. 28.5 straft die Natur, „denn über euch alle ist der Tod verhängt, den ihr fürchtet“.

Auch die Rolle, die das Gesetz spielt, ist in beiden Schreiben trotz aller Unterschiede vergleichbar: Zwar haben sich im Diogenesbrief die Menschen die Gesetze (im Plural) selbst fabriziert (νόμους … ὑμῖν αὐτοῖς μηχανησάμενοι, 28.1), bei Paulus ist das Gesetz (im Singular) dagegen göttlichen Ursprungs. Nach Röm 2.17–23 rühmt sich der fiktiv angesprochene Jude des Gesetzes und leitet daraus eine besondere Stellung als Gesetzeskundiger, Leiter der Blinden, Licht derer in Finsternis, Erzieher und Lehrer usw. ab; dabei übertritt er das Gesetz selbst, wodurch dieses zu einem Zeugen gegen ihn wird (Röm 2.17–29; vgl. auch 3.19–20; 7.7–25). Nach „Diogenes“ haben die Griechen den größten Trug zugemessen bekommenFootnote 38 – nämlich weil die Gesetze zu Zeugen der den Griechen innewohnenden Schlechtigkeit werden (μάρτυρας τῆς ἐμπεφυσιωμένης κακίας λαβόντες). Der Ursprung des Gesetzes bzw. der Gesetze ist in beiden Schreiben unterschiedlich – aber die Funktion, Zeuge der Schlechtigkeit der adressierten Personen zu sein, ist vergleichbar.

Eine ganz erstaunliche argumentative Parallele ist darüber hinaus, dass in beiden Schreiben zwei Personengruppen im Blick sind, die in der jeweiligen kulturellen Matrix Grundoppositionen darstellen – in Ps.-Diog. Ep. 28 sind dies Griechen und Barbaren, in Röm 1–2 Juden und Griechen (Ἕλληνες) bzw. die Völker (τὰ ἔθνη). Darüber hinaus ist bemerkenswert, dass diese beiden Gruppen ihre Plätze tauschen: In Ps.-Diog. Ep. 28.8 (und Inscriptio) ist die Rede von den „sogenannten“ Griechen (οἱ μὲν καλούμενοι Ἕλληνες). In Röm 2.17 wird der fiktive Gesprächspartner angesprochen: „Wenn du dich Jude nennst“ (εἰ δὲ σὺ Ἰουδαῖος ἐπονομάζῃ). In beiden Fällen verweist die ausdrückliche Erwähnung des Benennens (καλούμενος/ἐπονομάζειν) darauf, dass zwischen der (Selbst-)Bezeichnung und der Wirklichkeit eine Diskrepanz besteht. Diese Diskrepanz verdeutlicht Ps.-Diog. Ep. 28.8 damit, dass den „sogenannten Griechen“ die „sogenannten Barbaren“ entgegengestellt werden. Damit wird eine Grundopposition aufgenommen, die für das Selbstbild der Griechen entscheidend war. Aus griechischer Sicht haben „Barbaren“ einen Mangel an Vernunft, so dass ihnen Selbstkontrolle fehlt.Footnote 39 Diese Charakterisierung liegt auch Ps.-Diog. Ep. 28 zugrunde, wird aber umgekehrt, so dass die Griechen als die wahren Barbaren erscheinen. Das entscheidende Kriterium, das jemanden nach „Diogenes“ zu einem eigentlichen (nicht nur sogenannten) Griechen macht, ist die Einstellung, genüge zu haben am eigenen Besitz (28.8: ὄντες αὐταρκεῖς). Demgegenüber genügt den Angesprochenen sogenannten Griechen nichts; das macht sie zu den eigentlichen Barbaren, denn ihnen fehlen Vernunft, die richtige Bildung und Selbstkontrolle. Sie sind ehrsüchtig, unvernünftig, auf unnütze Weise erzogen, sie sind daher böse, leben in Neid, und viele Laster sind die Folge. Während die sogenannten Griechen die sogenannten Barbaren mit Krieg überziehen, um ihren Besitz zu erobern, verteidigen sich die Letzteren nur. Die sogenannten Barbaren haben also Vernunft und Selbstkontrolle, die den sogenannten Griechen mangelt. Man könnte sagen, nach „Diogenes“ sind die Barbaren die eigentlichen Griechen, weil sie seinem Kriterium echten Griecheseins entsprechen, während die Griechen, obwohl sie die griechische Sprache gelernt haben, die eigentlichen Barbaren sind.

Es ist bemerkenswert, dass sich in Röm 2 dasselbe Argumentationsmuster findet: Zwar ist das Kriterium für Paulus ein anderes als in Ps.-Diog. Ep. 28, nämlich die Kenntnis von Gottes Gesetz und das Handeln danach, und die Grundopposition ist in diesem Fall eine jüdische, nämlich diejenige zwischen Juden und Griechen/Völkern. Aber in Röm 2.14–16, 17–29 findet sich dasselbe Motiv der Vertauschung der Rollen wie in Ps.-Diog. Ep. 28: Demnach sind die Heiden die eigentlichen Juden, weil sie in ihrem Handeln das verwirklichen, was die eigentlichen, wirklichen Juden ausmacht; demgegenüber wird der fiktiv angesprochene Jude zum eigentlichen Heiden, weil er handelt, wie man es von Nichtjuden erwarten würde. In Röm 2.14–16 geht Paulus der Frage nach, wer das Gesetz erfüllt. Er stellt dar, dass die Heiden von Natur aus (φύσει) – ein stoisches Motiv – das Gesetz tun, was beweise, dass „das Werk des Gesetzes“ – hier verstanden als: Ziel oder Zweck des GesetzesFootnote 40 – in ihre Herzen geschrieben ist. Hier liegt womöglich eine Anspielung auf Jer 38.33 LXX vor,Footnote 41 wobei die paulinische Formulierung doch erheblich von diesem Prätext abweicht. Die Aussage in Röm 2.14–16 ist also so zu verstehen: Heiden sind keine Juden, weil sie das Gesetz, das Gott Israel gab, nicht haben. Aber indem sie das Gesetz „von Natur aus“ erfüllen,Footnote 42 tun sie, was das Gesetz von Juden fordert. Robert Jewett weist darauf hin, dass Paulus hier seine „Gentile converts“ im Blick habe.Footnote 43 Dies ist sicher nicht falsch – bemerkenswert ist hier doch aber, dass Paulus seine Argumentation sehr grundsätzlich, gewissermaßen hypothetisch an „Heiden an sich“, entwickelt.Footnote 44

In Röm 2.17 wird der fiktive Gesprächspartner angesprochen: „Wenn du dich aber Jude nennst“ (εἰ δὲ σὺ Ἰουδαῖος ἐπονομάζῃ), was eine auffällige Parallele zu den καλούμενοι Ἓλληνες von Ps.-Diog. Ep. 28.8 ist. Paulus streicht heraus, dass der angesprochene Jude sich auf das Gesetz verlässt und sich Gottes rühmt, das Gesetz kennt und so andere lehrt, erzieht und leitet (2.17–23). In V. 21 geht er zur Anklage über, indem er als Sünden dieses fiktiven Gesprächspartners Diebstahl, Ehebruch, Tempelraub von Götzentempeln (2.21b–22) nennt. Diese Verhaltensweisen ähneln jenen Vergehen, die in 1.18–32 den Heiden vorgeworfen werden – wie es 2.1 ja auch sagt: „Denn worin du über den anderen urteilst, verurteilst du dich selbst, denn du, der urteilt, tust dasselbe“. Beide Gruppen – die Heiden aus 1.18–32 und der fiktive jüdische Gesprächsparter in 2.17–29 – begehen dieselben Verfehlungen: Habgier, sexuelle Verfehlungen und Gottlosigkeit. Die Diskussion über reale und konkrete Verfehlungen, auf die Paulus hier Bezug nehme, ist m.E. müßig;Footnote 45 er konstruiert Wirklichkeit, und er hat zudem einen fiktiven Gesprächspartner im Blick. V. 23 fasst die Ausführungen zusammen: Der fiktive angesprochene Jude rühmt sich des Gesetzes, macht Gott aber durch Übertretung des Gesetzes Unehre. V. 24 begründet dies mit einem Schriftzitat aus Jes 52.5 LXX, wobei dieses auffälligerweise im Plural steht (ὑμᾶς); damit wird die Argumentation von 2.17–23, in der ein jüdischer Gesprächspartner angesprochen wird, verallgemeinert. Im Abschnitt 2.17–24 hat Paulus also argumentiert, dass es keinen Unterschied gibt zwischen den Anschuldigungen, die Juden gegenüber den Heiden vorbringen (vgl. 1.19–32), und dem eigenen Verhalten eines fiktiven jüdischen Gesprächspartners. Paulus stellt also dar, dass ein Jude mit solchem Verhalten exakt dieselbe Position hat, die aus jüdischer Sicht den Heiden zugeschrieben wird: Er verübt dasselbe Unrecht und unterliegt daher auf dieselbe Weise dem Gericht Gottes. Das Zitat aus Jes 52.5 LXX begründet dies und verallgemeinert die Aussage zugleich auf ein Kollektiv (ὑμᾶς). Dies ist eine erstaunliche Parallele zu Ps.-Diog. Ep. 28, in dem den Griechen dasselbe Verhalten vorgeworfen wird, das diese den Barbaren zuschreiben.

In Röm 2.25 folgt die Begründung der vorhergehenden Aussagen (γάρ); hier bestimmt Paulus den Nutzen der Beschneidung abhängig von erfolgter Gesetzeserfüllung: „Denn Beschneidung nützt nur etwas, wenn du das Gesetz tust; wenn du aber Übertreter des Gesetzes bist, ist deine Beschneidung zur Unbeschnittenheit geworden.“ Die komplementäre Formulierung findet sich in V. 26: „Wenn also die Unbeschnittenheit [sc. der Heide] die Rechtssatzungen des Gesetzes hält, wird dann nicht seine Unbeschnittenheit als Beschnittenheit gerechnet?“ In 2.25–9 werden also die Position desjenigen, der sich Jude nennt, und diejenige der Heiden vertauscht: Derjenige, der sich Jude nennt, aber das Gesetz nicht tut, wird dadurch als im Stand der „Unbeschnittenheit“ stehend angesehen; wenn dagegen die „Unbeschnittenheit“ (also: der Heide) die Rechtssatzungen des Gesetzes hält, wird die Unbeschnittenheit zur Beschneidung gerechnet. Mit anderen Worten: Wenn der Heide sich so verhält, wie der Jude es eigentlich sollte, wird er zum eigentlichen Juden, während der Jude, der das Gesetz nicht hält, als Heide angesehen wird. Nach V. 27 wird der „gerechte“ Heide, der so der eigentliche Jude ist, den Juden, der das Gesetz übertritt, sogar richten. In VV. 28–9 wird definiert, was einen (wahren) Juden ausmacht und was die wahre Beschneidung ist: Nichts Sichtbares bzw. Äußerliches macht einen Menschen zum Juden, sondern etwas Verborgenes, „denn nicht der ist Jude, der es sichtbar [ist], und Beschneidung [ist] nicht sichtbar am Fleisch, sondern Jude ist, der es im Verborgenen [ist], und Beschneidung [ist diejenige] des Herzens, im Geist, nicht im Buchstaben.“ Die wahre Beschneidung besteht nicht äußerlich im Fleisch, sondern am Herzen, im Geist und nicht im Buchstaben, was ein alttestamentliches Motiv aufnimmt.Footnote 46

Die Argumentation des Paulus in Röm 2.1–29 ist – nicht erstaunlich – von alttestamentlichen und frühjüdischen Zusammenhängen geprägt. Das Motiv, dass Juden, die das Gesetz übertreten, Gott Unehre bereiten, stammt aus Jes 52.5 LXX (vgl. Röm 1.24). Dieser Prätext erklärt aber das Argumentationsmuster des Tauschs der Positionen von Juden und Heiden nicht. Auch der in Röm 9.25–6 zitierte Prätext aus Hos 2.25, nach dem ein Nicht-Volk (Nichtjuden) zu Gottes Volk wird, erklärt den Tausch der Positionen nicht, sondern nur die zusätzliche Erwählung der Heiden, was in Röm 9.24 deutlich wird. Auch der Diskurs, in dem eine nur vorgespielte Identität der wirklichen Identität entgegengestellt wird, erklärt das argumentative Muster des Tauschs nicht. Stanley Stowers etwa diskutiert Röm 2.17–29 vor dem Hintergrund der Diskurse gegen Menschen, die vorgeben, Philosophen zu sein.Footnote 47 Robert Jewett führt eine interessante Parallele aus Epiktets Dissertationes 2.9.19–21 an,Footnote 48 wo kritisiert wird, dass stoische Philosophen und „Juden“ nur einen Teil ihrer Verpflichtungen erfüllen und damit vorspiegeln etwas zu sein, was sie nicht sind. Interessant ist hierbei, dass Epiktet hier die Bezeichnung „Juden“ offensichtlich auf Christen anwendet (die Taufe wird erwähnt) und an ihnen kritisiert, dass sie vorgeben, Juden zu sein, obwohl sie Griechen sind, dabei aber nur einen Teil dessen erfüllen, was einen Juden ausmacht. Es ist aber zu bedenken, dass – anders als im erwähnten Text von Epiktet – Paulus in Röm 2.17–29 dem fiktiven Gesprächspartner nicht vorwirft nur zu heucheln, Jude zu sein.Footnote 49 Er argumentiert vielmehr, dass ein Jude, wenn er das Gesetz übertritt, denselben Status hat, als sei er unbeschnitten. Und er setzt eben auch – und das ist entscheidend – die zweite Seite der Medaille hinzu: dass ein Heide, wenn er das Gesetz erfüllt, denselben Status erhält, wie wenn er beschnitten wäre. Es geht also um den Status coram Deo, der sich am Kriterium bemisst, ob die Person dem Gesetz gemäß handelt oder nicht.

Das Motiv, dass der nur sogenannte Jude und der Heide ihre Positionen tauschen, so dass der Heide der „eigentliche Jude“ ist und der sogenannte Jude der „eigentliche Heide“, findet sich also weder in der alttestamentlich-frühjüdischen Tradition, noch kann dies aus dem Diskurs über Heuchelei und ein nur vorgespieltes Sein (z.B. von Philosophen) abgeleitet werden. Dieses Motiv findet sich allerdings in Ps.-Diogenes Ep. 28. Es liegt daher nahe, dies als ein typisch kynisches Motiv anzusehen.

6. Der „Statuswechsel“ als typisch kynisches Motiv

Dieses Motiv des Tauschs der Position einer „Ingroup“ mit einer „Outgroup“, so lautet unsere These, ist typisch für die kynische Tradition. Diese Behauptung muss allerdings noch untermauert werden. Troy Martin hat in einem Aufsatz zu Kol 3.11 interessantes Material aus den kynischen Pseudo-Anacharsis-Briefen zusammengetragen, das für unseren Zusammenhang relevant ist.Footnote 50 Anacharsis war ein skythischer Prinz, der im 6. Jh. v.Chr. lebte und dessen weite Reisen ihn auch nach Griechenland führten (vgl. Hdt. 4.46, 76–7). In der späteren Tradition wird er unter die Sieben Weisen gezählt,Footnote 51 und zehn pseudepigraphische kynische Briefe werden ihm zugeschrieben.Footnote 52

Im ersten dieser Briefe, dessen Adressaten die Athener sind, wendet sich „Anacharsis“ gegen die Definition eines Barbaren auf der Basis der Sprache und falschen Aussprache des Griechischen. Er betont, dass eine gute Rede nicht durch die Aussprache charakterisiert wird, sondern durch die Qualität der Argumentation, die Vernunftgemäßheit und die Taten, die aus der Rede folgen. Gegen Ende von Ps.-Anacharsis Ep. 1 begegnet ein Motiv, das sehr an Ps.-Diog. Ep. 28 erinnert: „Anacharsis“ wirft den Athenern vor, ungebildete und unwissende Menschen zu sein, die das Gute nicht kennen. Das Vorurteil, dass eine „barbarische“ Sprache einen Mangel an Bildung und Vernunft impliziere, wendet „Anacharsis“ gegen die Athener selbst. Demgegenüber erscheinen die Skythen und Barbaren als die „besseren Griechen“.

Dasselbe Motiv findet sich in Ps.-Anacharsis Ep. 9, der an „Krösus“ gerichtet ist (wir hatten diesen Brief bereits kurz thematisiert).Footnote 53 Hier wirft „Anacharsis“ den Griechen vor, wegen ihrer Gelüste (ἡδονή) Ärzte für die Körper (d.h. für körperliche Leiden) zu haben, aber nicht für die Seelen. Die Skythen werden den moralisch korrumpierten Griechen entgegengesetzt. Die Skythen enthalten sich aller dieser Dinge – gemeint ist: der Gier und dem Besitzstreben. Alle Skythen besitzen die ganze Erde – und leben damit im ungetrübten ursprünglichen Zustand, in dem die Erde Göttern und Menschen gemeinsam gehört. Die Skythen nehmen an, was die Erde ihnen freiwillig gibt – im Gegensatz zu den habsüchtigen Menschen, die die Göttern und Menschen gemeinsam gehörenden Güter an sich raffen. Was die Erde vor ihnen verbirgt, geben die Skythen mit Freude auf – d.h. sie streben nicht danach. Ihr Interesse ist nur Verteidigung, nicht Angriff. Sie erfüllen damit das kynische Ideal der αὐταρκεία.

Ähnlich beschreibt Strabo die Skythen als ein naturverbundenes, genügsames und von der Zivilisation unverdorbenes Volk, in dem der Besitz allen gehört (Geogr. 7.3.7). Gemeinhin dominiert allerdings die Wertung der Skythen als unzivilisiertes und wildes, gar grausames Volk, als das schlimmste Volk aller Barbaren.Footnote 54 Diese Einschätzung findet sich auch bei Josephus. Nach Contra Ap. 2.38 (269) haben die Skythen Freude am Töten und unterscheiden sich nur wenig von Tieren (vgl. auch Jos. Bell. 7.90). Bemerkenswert ist dabei, dass Josephus verschiedene Völker mit den Skythen identifiziert (Ant. 1.123: die Nachfahren Magogs; Bell. 7.90: die Sarmaten;Footnote 55 7.244: die Alanen). Josephus identifiziert also verschiedene historische Völker mit dem kulturellen Topos des schlechthin grausamen und wilden Volkes der Skythen. Dies zeigt, dass die Vorstellung von den „barbarischen“ Skythen sehr gebräuchlich war.

Dieses Thema findet sich in einer Variation auch in Ps.-Anacharsis Ep. 2, adressiert an Solon. Hier heißt es:

Die Griechen sind weise Männer, jedoch keineswegs weiser als die Barbaren. Denn die Götter haben den Barbaren die Fähigkeit, das Gute zu kennen, nicht vorenthalten … Die Zeichen für Unverständigkeit sind dieselben für Barbaren und für Griechen, gleichermaßen aber auch (die Zeichen) für Verständnis.

Säulen und Schmuck des Leibes, wird weiter ausgeführt, sind dagegen kein Zeichen für Weisheit, sondern nur eine Frage der „Gesetze“ (κατὰ νόμους) – dies bedeutet implizit, dass die vermeintlichen kulturellen Errungenschaften Griechenlands, die nur äußerlich sind, nicht zur Unterscheidung von den Barbaren ausreichen. Zwischen Griechen und Barbaren gibt es nämlich im Hinblick auf das Entscheidende, das Gute zu kennen (καλὸν εἰδέναι) und rechtes Urteil (ὀρθὴ κρίσις) zu üben, keinen Unterschied. Die Verweigerung der Gastfreundschaft für Anacharsis durch Solon stellt dagegen eine Diskrepanz zu griechischen Grundsätzen dar. Troy Martin dürfte darin recht haben, dass dies im Kontext von Ps.-Anacharsis Ep. 2 so zu verstehen ist, dass dieses Verhalten Solons „characteristic of a barbarian, not a civilized Greek“ ist,Footnote 56 so dass auch hier (wenn auch implizit) Barbaren und Griechen die Plätze tauschen.

Zum Schluss sei ein kurzer Blick auf die Tradition über Diogenes von Sinope geworfen, die Diogenes Laertius in Buch 6 seines Über Leben und Lehren berühmter Philosophen überliefert. Auch hier lassen sich ähnliche Motive ausmachen, und es wird anhand dieser Tradition deutlich, was der Hintergrund des Motivs des Tausches von Griechen und Barbaren in der kynischen Tradition ist. Mehrfach finden sich Aussagen, in denen Diogenes den Griechen das Menschsein abspricht. Auf die Frage, ob er viele Menschen bei den Olympischen Spielen gesehen habe, antwortete Diogenes: „Eine große Menge – aber wenig Menschen“ (Diog. Laert. 6.60). Die Menge, die auf seinen Ruf nach Menschen zusammenströmte, schlug er mit den Worten: „Menschen habe ich gerufen, nicht Schufte!“ (6.32), und mitten am Tag zündete er eine Lampe an, weil er Menschen suchte (6.41) – offenbar weil wahre Menschen so schwer in der Menge zu finden sind. Es wird hierbei eine Rolle spielen, dass Diogenes sich dabei insbesondere gegen die Athener wandte – so kann etwa folgende Geschichte verstanden werden: Nach Diog. Laert. 6.27 antwortete Diogenes auf die Frage, wo er in Griechenland gute Männer (ἀγαθοὺς ἄνδρας) gesehen habe: „Männer – nirgends. Nur (gute) Kinder unter den Lakedaimoniern“ (d.h. in Sparta). Aus Sparta kommend, bemerkte Diogenes, dass er aus einer Männerwirtschaft in ein Frauenhaus kommt (6.59). Dazu passt natürlich, dass Diogenes die athenische Lebensweise als verweichlicht und als nicht naturgemäß ansah, denn Tugend braucht eben die anstrengende Übung (6.70, 71), während die Athener sich mit nutzlosem Wissen abgeben (vgl. etwa 6.27–28, 73 u.ö.). Seine Philosophie bedeutet ja auch, dass alles (d.h. alle Werte) auf den Kopf gestellt werden (6.31–2, 71, 73).Footnote 57 Es ist naheliegend, dass für Diogenes die Erfahrung der Heimatlosigkeit und des Lebens in der Fremde, die Entbehrungen und die Außenseiterposition als Fremder wichtige Impulse für die Entwicklung seiner Philosophie waren (vgl. 6.38, 49).Footnote 58 Dies dürfte den Hintergrund der kynischen Kritik an den Griechen und ihrer Kultur und Bildung darstellen, und daraus erklärt sich sowohl die Aufwertung der „Barbaren“ und „Skythen“ gegenüber den Griechen als auch das Motiv des Tauschs ihrer Positionen.

7. Schlussfolgerung

Fassen wir die Ergebnisse unserer Analyse zusammen. Wir haben gesehen, dass es trotz aller Unterschiede zwischen Röm 1–2 und Ps.-Diog. Ep. 28 ganz erstaunliche Parallelen gibt, die Einzelheiten betreffen, wie z.B. die Vorwürfe des Neides und der Ungerechtigkeit, der Unvernunft und einer immanenten Bosheit als Ursache des verfehlten Verhaltens, zu dem in beiden Texten u.a. sexuelle Verfehlungen, insbesondere homosexuelle Handlungen, gezählt werden. Ähnliches gibt es allerdings in vielen Vergleichstexten, auch frühjüdischer Provenienz. Über die eben genannten Aspekte hinaus gibt es eine Reihe erstaunlicher Parallelen in grundlegenden Argumentationsmustern, etwa dass eine (im Einzelnen differierende) Größe (bei Paulus: Gott, bei Ps.-Diog. Ep. 28: die Natur) jemanden straft, und dass diese Strafe der Tod ist, oder auch die Funktion des Gesetzes bzw. der Gesetze als Zeuge(n) der Bosheit. Insbesondere das (wie gezeigt) typisch kynische Motiv, dass eine Ingroup (Griechen, Athener) mit einer Outgroup (Barbaren, Skythen) den Platz tauscht – die Barbaren werden als wahre Griechen angesehen, die Griechen als die eigentlichen Barbaren – hat eine erstaunliche Parallele in Röm 1–2. Hier tauschen Juden und Heiden („Griechen“, „die Völker“) ihre Plätze. Zwar unterscheiden sich die Basisoppositionen (Ps.-Diog. Ep. 28: Griechen/Barbaren; Ps.-Anacharsis Ep. 1; 9: Athener, Griechen/Skythen; Paulus: Jude/Griechen bzw. die Völker), aber die Struktur der Argumentation ist vergleichbar. Sie basiert letztlich auf einer Uminterpretation dessen, was die Identität der Ingroup ausmacht: nichts Äußerliches, sondern ihre innere Ausrichtung und ein Handeln gemäß den Kriterien, die einen wahren Griechen bzw. einen wahren Juden ausmachen.

Die Ähnlichkeiten zwischen Ps.-Diog. Ep. 28 und Röm 1–2 sind offensichtlich. Ist also das Verhältnis beider Schreiben im Sinne eines Abhängigkeitsverhältnisses zu bestimmen? Dies ist allein schon angesichts der unklaren Lage der Überlieferung und der Entstehungsverhältnisse der kynischen Briefe nicht möglich. Ist Paulus dann ein Kyniker? Diese These wird hier nicht vertreten; Paulus ist kein Kyniker, so viele Berührungspunkte es zwischen Paulus und kynischen Positionen geben mag, genauso wenig wie er Stoiker oder Platoniker ist. Die alte Fragestellung nach (literarischen und religionsgeschichtlichen) Abhängigkeiten, wie sie z.B. in der religionsgeschichtlichen Schule gestellt wurde, wird der Komplexität der Verhältnisse nicht gerecht. Hilfreich ist dabei der Begriff des „Diskurses“ (discourse), der von Emma Wasserman in die Diskussion eingebracht wurde.Footnote 59 Sie definiert „Diskurs“ (discourse) als „a set of shared concepts, language, motifs, metaphors, and assumptions about their relationships that enable and constrain intellectual production“.Footnote 60 Paulus lebte, dachte und schrieb in einem solchen Umfeld, und er hatte an den Diskursen seiner Zeitgenossen Anteil. Dies spiegelt sich in seinen Briefen wider.

Dieser Ansatz ist nun auch auf das Verhältnis von Röm 1.18–32; 2.14–16, 17–29 und Ps.-Diog. Ep. 28 anzuwenden. Paulus und der genannte kynische Brief weisen signifikante Ähnlichkeiten auf, die bestimmte Grundannahmen, Vorstellungen und Argumentationsmuster betreffen. Zu erklären ist dies damit, dass Paulus im Sinne eines „Diskurses“ Anteil an bestimmten Grundannahmen und Argumentationsmustern hatte, wie sie sich exemplarisch in Ps.-Diog. Ep. 28 finden, die aber auch insgesamt kynisch sind. Parallelen zwischen kynischem Denken und Paulus wie auch dem frühen Christentum allgemein, wie sie z.B. von Abraham Malherbe und Gerald F. Downing gezeigt wurden, bleiben daher ein interessantes und noch lange nicht erschöpftes Feld der Forschung.

References

1 Hierfür stehen etwa die Namen Gianni Vattimo, Alain Badiou, Slavoj Žižek und Giorgio Agamben. Vgl. hierzu den Sammelband Strecker, C. und Valentin, J., Hg., Paulus unter den Philosophen (ReligionsKulturen 10; Stuttgart: Kohlhammer, 2011)Google Scholar.

2 Vgl. hierzu etwa Stegemann, E. W., „Paulus und Sokrates“, Der fragende Sokrates (hg. Pestalozzi, K.; Stuttgart: Teubner, 1999) 115–31Google Scholar; Marguerat, D., Paul in Acts and Paul in his Letters (WUNT 310; Tübingen: Mohr Siebeck, 2013) 6677 Google Scholar sowie meinen Aufsatz ‚Sokratische‘ Themen in der Areopagrede: Apg 17,22–31 im Kontext der antiken Philosophiegeschichte“, EC 8 (2017) 123 Google Scholar. Zur Entwicklung in der Alten Kirche vgl. von Harnack, A., „Sokrates und die alte Kirche“, ders., Reden und Aufsätze, Bd. 1,1 (Gießen: Alfred Töpelmann, 1906) 2948 Google Scholar.

3 Vgl. hierzu Schröter, J., „Der Briefwechsel Paulus-Seneca“, Paulus Handbuch (hg. Horn, F. W.; Tübingen: Mohr Siebeck, 2013) 563–5Google Scholar; Fürst, A., Hg., Der apokryphe Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus: Zusammen mit dem Brief des Mordechai an Alexander und dem Brief des Annaeus Seneca über Hochmut und Götterbilder: Eingeleitet, übersetzt und mit interpretierenden Essays versehen von A. Fürst, T. Fuhrer, F. Siegert, P. Walter (SAPERE 11; Tübingen: Mohr Siebeck, 2006)Google Scholar.

4 Ich verwende Erinnerung“ hier im Sinne des kollektiven kommunikativen Gedächtnisses. Vgl. hierzu die hervorragende Einführung in das Thema bei S. Hübenthal, Das Markusevangelium als kollektives Gedächtnis (FRLANT 253; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2014) 77150 Google Scholar.

5 van Kooten, G. H., Paul's Anthropology in Context: The Image of God, Assimilation to God, and Tripartite Man in Ancient Judaism, Ancient Philosophy and Early Christianity (WUNT 232; Tübingen: Mohr Siebeck, 2008)Google Scholar.

6 Wasserman, E., The Death of the Soul in Romans 7: Sin, Death, and the Law in Light of Hellenistic Moral Psychology (WUNT ii/256; Tübingen: Mohr Siebeck, 2008)Google Scholar, vgl. auch dies., The Death of the Soul in Romans 7: Revisiting Paul's Anthropology in Light of Hellenistic Moral Psychology’, JBL 126 (2007) 793816 Google Scholar.

7 Vgl. etwa Engberg-Pedersen, T., Paul and the Stoics (Louisville, KY: Westminster John Knox, 2000)Google Scholar und ders., The Reception of Graeco-Roman Culture in the New Testament: The Case of Romans 7.7–25“, The New Testament as Reception (hg. Müller, M. and Tronier, H.; Sheffield: Sheffield Academic, 2002) 3257 Google Scholar.

8 Vgl. die Beiträge in Downing, F. G., Cynics, Paul, and the Pauline Churches (London/New York: Routledge, 1998)CrossRefGoogle Scholar. Vgl. auch Anm. 9.

9 Malherbe erörtert Berührungen zwischen Ps.-Diog. Ep. 28 und Gal, nicht aber zu Röm 1–2, vgl. Malherbe, A., „Self-Definition among the Cynics“, ders., Light from the Gentiles: Hellenistic Philosophy and Early Christianity: Collected Essays, 1959–2012, Bd. ii (Leiden: Brill, 2014) 635–50Google Scholar, 642–3 und F. G. Downing, „What, then, of the Law?, Τί οὖν ὁ νόμος; Gal 3.19: Appraisals of Law in Paul and Other New Testament Writings, and in the Wider Graeco-Roman World’, ders., Order and (Dis)order in the First Christian Century (Leiden: Brill, 2014211–30Google Scholar, hier 223.

10 Ich zitiere den Brief nach der Ausgabe von E. Müseler, Die Kynikerbriefe, Bd. ii: Kritische Ausgabe mit deutscher Übersetzung (Studien zur Geschichte und Kultur des Altertums, Reihe 1: Monographien 7; Paderborn u.a.: Schöningh, 1994) 30–6. Ich habe auch die Ausgabe von Abraham J. Malherbe herangezogen: Malherbe, A., The Cynic Epistles: A Study Edition (Sources for Biblical Study 12; Missoula, MT: Scholars, Reprint 2006) 120–5Google Scholar.

11 Vgl. zur ersten Einführung in die kynischen Briefe Schmidt, K. M., Mahnung und Erinnerung im Maskenspiel: Epistolographie, Rhetorik und Narrativik der pseudepigraphen Petrusbriefe (HBS 38; Freiburg im Breisgau: Herder, 2003) 133–6Google Scholar.

12 Vgl. Müseler, Kynikerbriefe, ii.1–3; Schmidt, Mahnung, 134.

13 Malherbe, Cynic Epistles.

14 Vgl. zum Ganzen auch Schmidt, Mahnung, 119–56.

15 Vgl. hierzu Schmidt, Mahnung, 135–6.

16 Müseler, Kynikerbriefe, ii.31; Malherbe, Cynic Epistles, 121.

17 Malherbe, Cynic Epistles, 121 übersetzt an dieser Stelle: „you become perverted“, aber da in 28.6 dieselbe Formulierung στρεβλοῦσθε, καλῶς ποιοῦτες begegnet, hier jedoch metaphorisch auf das Foltern auf goldenen und silbernen Liegen wie auf Streckbänken verweist, dürfte auch die Formulierung in 28.2 in diesem Sinne zu verstehen sein.

18 Hier bedient sich der Autor des Wortspiels, dass δήμιος sowohl öffentlich bestellter Arzt als auch Scharfrichter/Henker bedeuten kann (vgl. LSJ s.v. δήμιος, vgl. auch 28.3).

19 Dass „der Hund“ Menschen mit Worten straft, ist ein geläufiges Motiv der Diogenestradition (vgl. Diog. Laert. 6.45, 60).

20 Vgl. hierzu Hom. Il. 2.867: βαρβαρόφωνοι „barbarisch redend“; Herodot vergleicht die Sprache der Barbaren „mit unverständlichen Tierlauten“ (Hdt. 2.57; vgl. Losemann, V., „Barbaren“, DNP 2 (1997) 439–43Google Scholar, hier 440). Strabo erklärt den Terminus βάρβαρος als lautmalerischen Begriff, der eine falsche und stammelnde Aussprache des Griechischen nachbildet, vgl. Strabo, Geogr. 14.2.28 (vgl. Martin, T., „The Scythian Perspective in Col 3:11“, NT 37 (1995) 249–61Google Scholar, hier 251 Anm. 10).

21 Vgl. Losemann, „Barbaren“, 439: βάρβαρος bezeichnet Angehörige fremder Völker, die „in stark ethno- bzw. hellenozentrisch bestimmten Vorstellungen als B[arbaren] wertend von der eigenen Kultur abgegrenzt“ werden. Dabei dominieren die negativen Vorstellungen, nämlich: „Wildheit, Roheit und Unbildung. In das Gegenbild zur hellenischen Zivilisation passen Fremdenfeindschaft, Gesetz- und Treulosigkeit, sklavisches, feiges ebenso wie maßlos übertriebenes Verhalten und zahlreiche Varianten dieser Vorurteile. Positive, vor allem auf einfaches, naturgemäßes Leben bezogene Allgemeinurteile begegnen wesentlich seltener“ (ebd., 440).

22 Vgl. etwa Rich, A. N. M., „The Cynic Conception of AYTAPKEIA“, Mnemosyne 9 (1956) 23–9CrossRefGoogle Scholar.

23 Die Erwähnung der Tötung durch Gifttrunk in 28.3 spielt auf Sokrates an. Sowohl der Prozess gegen Sokrates als auch die Umstände seines Todes waren in der Antike allgemein bekannt, vgl. neben den frühen Dialogen Platons (Apologie, Euthyphron, Kriton, Phaidon, passim) und Xenophons Erinnerungen an Sokrates (passim) etwa auch Jos. Contra Ap. 2.263–4.

24 Vgl. Diog. Laert. 6.33, 40, 45, 46, 55, 60–1, 77, 78.

25 Vgl. Diog. Laert. 6.46, 58, 60, 69. Darum wurde Diogenes auch als „Hund“ bezeichnet, was er dann als Selbstbenennung übernahm (6.61).

26 Dies ist etwa in Ps.-Diog. Ep. 30 der Fall, einem fingierten Brief des Diogenes an seinen Vater Hiketes, in dem er seinen Weg und seine Kynikertracht erklärt – diese sei das Gewand, das Odysseus von Athene erhielt (vgl. Hom. Od. 13.434–5), und Diogenes ist der „Himmelshund“ (vgl. auch Diog. Laert. 6.77), der nicht nach dem Schein (κατὰ δόξαν), sondern nach den Gesetzen des Himmels, frei unter Zeus, lebt, alles an Zeus messend statt an den Menschen. Die Beispiele könnten noch vermehrt werden. Vgl. hierzu Billerbeck, M., „The Ideal Cynic from Epictetus to Julian“, The Cynics: The Cynic Movement in Antiquity and its Legacy (hg. Branham, R. Bracht und Goulet-Cazé, M.-O.; Berkeley/Los Angeles/London: University of California Press, 1996) 205–21Google Scholar, hier 210.

27 Das naturgemäße Leben gilt als „Abkürzung zur Tugend“, vgl. etwa Diog. Laert. 6.71, 104; Ps.-Diog. Ep. 30. Vgl. hierzu Emeljanow, V., „A Note on the Cynic Shortcut to Happiness“, Mnemosyne 18 (1965) 182–4CrossRefGoogle Scholar.

28 Die Anrede (fiktiver) Zuhörer ist ein Stilmittel der stoischen Diatribe, das z.B. Epiktet sehr oft verwendet. Vgl. hierzu schon Bultmann, R., Der Stil der paulinischen Predigt und die kynisch-stoische Diatribe (FRLANT 13; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1910, Nachdruck 1984) 1019 CrossRefGoogle Scholar.

29 Bassler, J. M., Divine Impartiality: Paul and a Theological Axiom (SBL.DS 59; Chico, CA: Scholars, 1982) 122–37Google Scholar.

30 Vgl. hierzu auch Lucas, A. J., Evocations of the Calf? Romans 1:18–2:11 and the Substructure of Psalm 106(105) (BZNW 201; Berlin/New York: de Gruyter 2015)Google Scholar, der daraus ableitet, dass in Röm 2.1–11 ein heuchlerischer jüdischer Gesprächspartner im Blick sei; Paulus nehme eine innerjüdische Diskussion auf.

31 Vgl. etwa Weish 12.23–7; 13.1–14.31; 15.7–19; EpJer 7–72. Diese Texte nehmen auf vielfältige alttestamentliche Prätexte Bezug, vgl. etwa Ps 106.20, 41; 115.4–8; Jes 44.9–20; Jer 10.3–16 u.ö.

32 Ein dezidierter Gegner dieser Position ist etwa Stowers, S. K., A Rereading of Romans: Justice, Jews, and Gentiles (New Haven: Yale University Press, 1994) 101Google Scholar.

33 Vgl. hierzu etwa Thorsteinsson, R. M., Paul's Interlocutor in Romans 2: Function and Identity in the Context of Ancient Epistolography (CB.NT 40; Stockholm: Almqvist & Wiksell, 2003)Google Scholar, der beide Positionen verbindet: der Gegner sei ein Heide, der ein Jude sein will; ähnlich auch Rodríguez, R., If You Call Yourself a Jew: Reappraising Paul's Letter to the Romans (Eugene, OR: Wipf & Stock, 2015) 4771 Google Scholar. Zur weiteren Diskussion dieser Fragen vgl. die Beiträge in Rodríguez, R. und Thissen, M., Hg., The So-Called Jew in Paul's Letter to the Romans (Minneapolis: Fortress, 2016)Google Scholar.

34 Vgl. Anm. 31. Linebaugh, J. A., „Announcing the Human: Rethinking the Relationship between Wisdom of Solomon 13–15 and Romans 1.18–2.11“, NTS 57 (2011) 214–37CrossRefGoogle Scholar weist hingegen auf die entgegengesetzte Pragmatik in Weish 13–15 und in Röm 1.18–32 hin: Während es in Weish um die Differenz zwischen Juden und Heiden geht, dient die Argumentation in Röm dazu, Juden und Heiden gemeinsam unter das Urteil Gottes zu stellen.

35 Wolter, M., Der Brief an die Römer (Teilband 1: Röm 1–8) (EKK vi/1; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Theologie, 2014) 163–4Google Scholar.

36 J. M. Bassler hat dieses theologische Prinzip herausgearbeitet, vgl. Bassler, Divine Impartiality; dies., Divine Impartiality in Paul's Letter to the Romans“, NovT 26 (1984) 4358 Google Scholar. Der gesamte Zusammenhang Röm 1.18–3.20 stellt für die theologische These der „Unparteilichkeit Gottes“, nach der Gott Juden wie Nichtjuden auf gleiche Weise behandelt, die anthropologische Grundlegung dar, nach der es hinsichtlich ihrer Schuld keinen Unterschied zwischen beiden Gruppen gibt. Vgl. hierzu auch meinen Beitrag God and his Faithfulness in Paul: Aspects of the History of Research in the Light of the Letter to the Romans“, God and the Faithfulness of Paul: A Critical Examination of the Pauline Theology of N. T. Wright (hg. Bird, M. F. B., Heilig, C., Hewitt, J. T.; Tübingen: Mohr Siebeck, 2015) 463–88Google Scholar, hier 471–3.

37 Vgl. oben Anm. 31.

38 μέγιστον καὶ πλεῖστον τῦφον διεκληρώσασθε; Müseler, Kynikerbriefe, ii.31 übersetzt: „habt ihr euch durch diese den größten Dünkel zugelegt“.

39 Siehe hierzu oben S. 48.

40 Für diese Bedeutung von ἔργον τοῦ νόμου gibt es zwei Belege: Im Zusammenhang mit der Schilderung der Rhetorik der Gerichtsrede empfiehlt Aristoteles in Rhetorik 1375b, dass der Redner nicht auf ein ungünstiges, geschriebenes Gesetz, sondern auf das der Natur entsprechende Gesetz verweisen solle. Ein dem entgegenstehendes geschriebenes Gesetz dient dem aber nicht: οὐ γὰρ ποιεῖ τὸ ἔργον τὸ τοῦ νόμου (1375b). Appian, BellCiv 1,12f. behandelt die Gracchischen Ackergesetze. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des Gesetzes heißt es dann: μὴ τὸ ἔργον ἐκλειφθείη τοῦ νόμου, „damit nicht vom Ziel des Gesetzes abgelassen werde“. In beiden Fällen ist das ἔργον das Ziel, der Zweck, die Aufgabe bzw. die Funktion des Gesetzes. Vgl. hierzu Mijoga, H. B. P., Pauline Notion of Deeds of the Law (San Francisco: International Scholars Publications, 1998) 5861 Google Scholar und Bachmann, M., „Keil oder Mikroskop? Zur jüngeren Diskussion um den Ausdruck ‚Werke des Gesetzes’“, Lutherische und Neue Paulusperspektive (hg. Bachmann, M. und Woyke, J.; WUNT 182; Tübingen: Mohr Siebeck, 2005) 69134 Google Scholar, hier 114–15.

41 Jer 38.33 LXX: φησὶν κύριος Διδοὺς δώσω νόμους μου εἰς τὴν διάνοιαν αὐτῶν καὶ ἐπὶ καρδίας αὐτῶν γράψω αὐτούς· καὶ ἔσομαι αὐτοῖς εἰς θεόν, καὶ αὐτοὶ ἔσονταί μοι εἰς λαόν.

42 Vgl. Jewett, R., Romans: A Commentary (Hermeneia; Minneapolis: Fortress, 2007) 214Google Scholar: „[The Gentiles] have so internalized the law of God that its performance is instinctive.“

43 Vgl. Jewett, Romans, 212–13.

44 Jewett, Romans, 213, erwähnt Vertreter der Position, dass Paulus an dieser Stelle hypothetisch argumentiert.

45 Jewett, Romans, 228–30, geht auf solche Deutungsversuche ein und zeigt, dass sie zu keinem überzeugenden Ergebnis führen. Vgl. hierzu ferner Horn, F. W., „Götzendiener, Tempelräuber und Betrüger: Polemik gegen Heiden, Juden und Judenchristen im Römerbrief“, Polemik in der frühchristlichen Literatur: Texte und Kontexte (hg. Wischmeyer, O. und Scornaienchi, L.; BZNW 170; Berlin/New York: de Gruyter, 2011) 209–32Google Scholar, hier 218–22 (besonders 221), der u.a. darauf hinweist, dass die Zusammenstellung von Diebstahl, Ehebruch, Tempelraub bzw. Götzendienst traditionell ist (vgl. 1 Kor 5.11; Philo, Conf. 163; TestLevi 14.1–6; Corp. Herm. xii 5; ferner 1 Kor 6.10; Offb 2.14; 9.21; ebd., 222–3) – dies allein weist schon darauf hin, dass Paulus einen literarischen Topos verwendet und nicht konkrete zeitgeschichtliche Vorgänge im Blick hat.

46 Etwa Lev 26.41; Dtn 10.16; 30.6; Jer 4.4; 9.25; vgl. Ez 44.7, 9; 1QpHab 11.13; Phil QGen. 3.16 u.ö.; vgl. hierzu Wolter, Brief, 206 Anm. 62.

47 Stowers, S. K., The Diatribe and Paul's Letter to the Romans (SBL.DS 57; Chico, CA: Scholars, 1981) 112Google Scholar.

48 Jewett, Romans, 221–2.

49 Jewett, Romans, 221: „bigot“.

50 Vgl. Martin, „Perspective“, 253–61.

51 Vgl. Diog. Laert. 1.41, 106; Diod. Sic. 9.6. Diese Tradition kennt auch Josephus, vgl. Contra Ap. 2.38 (269).

52 Vgl. zu Anacharsis Collatz, C.-F., „Anacharsis“, DNP 1 (1996) 639Google Scholar. Die Ps.-Anacharsis-Briefe sind gut zugänglich in Malherbe, Cynic Epistles, 35–51; auf diese Ausgabe nehme ich im Folgenden Bezug.

53 Vgl. oben S. 53–4.

54 Vgl. Martin, „Perspective“, 249 Anm. 2. Mehr hierzu bei Michel, O., „Σκύθης“, ThWNT 7 (1964) 448–51Google Scholar, hier 449–50.

55 Philo stellt die Skythen neben die Parther und Sarmaten, identifiziert diese Völker aber nicht (Leg. Gaj. 10).

56 Martin, „Perspective“, 254.

57 Vgl. hierzu auch die Tradition von der Falschmünzerei des Diogenes in Sinope in Diog. Laert. 6.20–1. – Leif Vaage hat herausgearbeitet, dass das nonkonformistische und schamlose Verhalten der Kyniker der moralischen Subversion, also einer Umkehrung der Werte, diente: Vaage, L. E., „Like Dogs Barking: Cynic Parrēsia and Shameless Asceticism“, Semeia 57 (1992) 139 Google Scholar, vgl. auch Krueger, D., „The Bawdy and Society: The Shamelessness of Diogenes in Roman Imperial Culture“, The Cynics: The Cynic Movement in Antiquity and its Legacy (hg. Branham, R. Bracht und Goulet-Cazé, M.-O.; Berkeley/Los Angeles/London: University of California Press, 1996) 222–39Google Scholar.

58 Darum bezeichnete Diogenes sich auch als Kosmopoliten (Diog. Laert. 6.63). Ähnliches gilt auch für Antisthenes, vgl. Diog. Laert. 6.1. Vgl. zur Bedeutung des Fremdseins in der Diogenes-Tradition Rudberg, G., „Zum Diogenes-Typus“, Die Kyniker in der modernen Forschung: Aufsätze mit Einführung und Bibliographie (hg. Billerbeck, M.; Amsterdam: B. R. Grüner, 1991) 127–43CrossRefGoogle Scholar, besonders 128.

59 Vgl. Wasserman, Death of the Soul, 18–20.

60 Wasserman, Death of the Soul, 18.