Hostname: page-component-7b9c58cd5d-wdhn8 Total loading time: 0 Render date: 2025-03-14T23:42:48.809Z Has data issue: false hasContentIssue false

κτρϕϵτϵ αὐτὰ ν παιδϵίᾳ καὶ νουθϵσίᾳ κυρίου (Eph 6.4): Kinder in der Welt des frühen Christentums*

Published online by Cambridge University Press:  04 March 2010

Andreas Lindemann
Affiliation:
An der Rehwiese 38, D–33617 Bielefeld-Bethel, Germany. email: Lindemann.Bethel@t-online.de
Rights & Permissions [Opens in a new window]

Abstract

This paper inquires into the situation of small children during the Hellenistic-Roman era, including NT texts and later Christian writings in the first two or three centuries. There was an early form of ‘Christian education’, and probably, children of baptized parents belonged to the Christian communities. In 1 Cor 7.14, Paul indirectly argues in favour of a ‘Christian influence’ on the ‘holy children’ by the ‘believing’ father or mother. In Eph 6.4, the author, speaking about παιδϵία καὶ νουθϵσία κυρίου, argues that in a Christian household children should have instruction in the Christian faith. The question of the baptism of small children might be answered by the interpretation of 1 Cor 1.14–16, where Paul precisely distinguishes between baptism of individuals (1.14) and baptism of the ‘house of Stephanas’. Mark 10.13–16 is a mirror of a discussion between those who ‘rebuke’ people for bringing children to Jesus, and Jesus himself who interprets their action as a ‘prevention’, thus escalating the conflict to a fundamental one, which probably refers to the question of baptism of children. During the last century, we have learned (again?) to see childhood not only as a transitional period of human life but one to be protected by society. Possibly similar ideas existed during the times when our texts were written.

Type
Articles
Copyright
Copyright © Cambridge University Press 2010

In Aberdeen 2006 untersuchte John Barclay unter der Frage ‘There is Neither Old nor Young?’ die Einstellung des frühen Christentums zu den ‘ancient ideologies of age’Footnote 1 : Nach welchen Kriterien wird entschieden, in welchem Alter jemand den Status eines πρϵσβύτϵρος einnehmen kann? Wie alt sind die gelegentlich erwähnten νϵώτϵροι? Die ‘Ämter’, so stellt Barclay fest, wurden in der Frühzeit des Christentums nicht nach dem Maßstab des Lebensalters vergeben, sondern andere Kriterien waren ausschlaggebend: ‘It is possible to find traces in Paul of an alternative ideology, challenging the structuring assumptions of Roman society’. Später habe sich zwar die römische bzw. hellenistische Praxis der Ämterlaufbahn auch in der Kirche durchgesetzt, doch blieb ‘within the Christian tradition a trace of an earlier, alternative, vision of a social structure that is Spirit-led and age-blind’.Footnote 2 Dieses Ergebnis hat mich gereizt, weiter zurückzugehen: Welche Bedeutung haben im frühen Christentum die ganz jungen Menschen, die (kleinen) Kinder? Unterscheidet sich ihre Stellung in der Kirche von der, die sie in der übrigen antiken Gesellschaft einnehmen? Zu dieser Thematik sind, gerade auch in jüngster Zeit,Footnote 3 wichtige umfassende Untersuchungen erschienen. Die folgenden Überlegungen konzentrieren sich deshalb auf einen Aspekt, nämlich auf die Frage nach der geistigen und geistlichen Erziehung der Kinder in den Gemeinden des frühen Christentums, damit verbunden auf die Frage nach ihrer Taufe.

I.

Kleine Kinder werden im Griechischen παιδία oder βρϵ́ϕη genannt, τϵ́κνα sind ‘Nachkommen’, unabhängig von ihrem Alter.Footnote 4 Eine genau zu bestimmende Altersgrenze für ‘Kinder’ gibt es natürlich nicht. Für Aristoteles ist παιδίον das Kind bis zum Alter von etwa drei Jahren (Pol 1336), Philo von Alexandria rechnet die erste Lebensaltersstufe bis zum Alter von sieben Jahren (OpMund 105), talmudische Texte sehen eine Grenze beim Alter von zehn Jahren. Aristoteles meint, es sei angesichts der Gefahren und Widernisse des Lebens am besten, gar nicht geboren zu werden; das Leben, das man als Kind (παῖς) führe, sei jedenfalls nicht erstrebenswert: ‘Kein Vernünftiger würde es auf sich nehmen, den Lauf zurückzuwenden’.Footnote 5 Ebenso wie schon Plato plädiert auch Aristoteles für eine Kontrolle der Zahl der Geburten: Da die sittliche Ordnung (ἡ τάξις τῶν ϵ̓θῶν) die Kindesaussetzung verbiete,Footnote 6 solle ein über die angemessene Zahl hinaus gezeugtes Kind ‘entfernt’ werden, ‘bevor es Wahrnehmung und Leben erhalten hat’—Geburtenkontrolle durch Abtreibung! Überdies müsse festgelegt werden, in welchem Alter ein Paar überhaupt Kinder zeugen dürfe.Footnote 7

Für Israel in biblischer Zeit sind Kinder der exemplarische Segen (Gen 22.17; 26.4; vgl. 1.28), Kinderlosigkeit kann dementsprechend als Fluch oder als Strafe (Lev 20.20f; Hos 9.11f,16; 2 Sam 6.16–23) verstanden werden. Die ‘unfruchtbare’ Frau, die doch noch Kinder bekommt, gilt real (Ps 113.9) und auch im übertragenen Sinn (Jes 49.20) als Empfängerin einer besonderen Gnadengabe Gottes. Abtreibung und Kindesaussetzung werden deshalb im Judentum und dann auch im Christentum strikt verworfen, obwohl es entsprechende biblische Weisungen nicht gibt; dieses Verhalten wird auch in der Perspektive der Umwelt wahrgenommen.Footnote 8 Im Judentum wird den Kindern religiöse wie nichtreligiöse Bildung vermittelt, für Jungen und Mädchen in unterschiedlicher Weise.Footnote 9

Im allgemeinen gilt der männliche Jugendliche mit dem 16. oder 17. Lebensjahr als erwachsen; als Römer erhält er die toga virilis. Für Mädchen endet die ‘Kindheit’ dagegen schon im Alter von 12 bzw. 13 Jahren; da sie die Kindertracht im allgemeinen im Rahmen der Hochzeitszeremonie ablegen,Footnote 10 gibt es für sie eine Zeit der ‘Jugend’ im Grunde gar nicht, während Männer oft erst im Alter von 25 bis 30 Jahren heiraten.

II.

Der Apostel Paulus spricht in seinen uns erhaltenen Briefen nur einmal von Kindern, und zwar im Zusammenhang seiner Reaktion auf die in 1 Kor 7.1 zitierte These, es sei ‘für einen Menschen gut, eine Frau nicht zu berühren’. Er hält der in Korinth offenbar vertretenen Meinung, dass ein Christ durch die eheliche—zumal sexuelle—Beziehung zu einem ‘ungläubigen’ Menschen ‘unrein’ werde, entgegen, tatsächlich werde der ‘Ungläubige’ durch den christlichen Partner geheiligt (1 Kor 7.14a); der ‘heiligende’ Charakter der christlichen Existenz ist in der Sicht des Paulus also stärker als der ‘verunreinigende’ Charakter der ungläubigen Existenz. Andernfalls, so fährt Paulus fort, wären ja ‘eure Kinder unrein’ (ϵ̓πϵὶ ἄρα τὰ τϵ́κνα ὑμῶν ἀκάθαρτά ϵ̓στιν)—in Wahrheit aber sind sie ‘heilig’ (νῦν δϵ̀ ἅγιά ϵ̓στιν, v. 14b). Die von Paulus hier verwendete Begrifflichkeit ist ungewöhnlich: ‘Unrein’ (ἀκάθαρτος) begegnet nur an dieser Stelle,Footnote 11 ‘heilig’ (ἅγιος) hat hier beinahe die Bedeutung ‘(kultisch) rein’. Überdies setzt Paulus offenbar sehr bewußt ein emotionales argumentum ad hominem ein, indem er von der unpersönlichen Redeweise in vv. 12–14a (3. Pers. Sing.) in die direkte Anrede wechselt (v. 14b ‘eure Kinder’) und so an die Adressaten appelliert, sie sollten bei der Frage, ob die Beziehung zum ‘ungläubigen’ Partner ‘unrein’ macht oder nicht, an ihre Kinder denken. Bei der Aussage ‘sie sind heilig’ setzt Paulus die Zustimmung des christlichen Elternteils offensichtlich als gegeben voraus.

Nun sagt das von Paulus hier gebrauchte Wort τϵ́κνα nichts über das Alter der Kinder; aber es geht in 1 Kor 7 generell um sexuelle Beziehungen, und in vv. 12–4 steht offensichtlich die mögliche ‘Verunreinigung’ durch sexuelles Handeln in einer ‘gemischten’ Ehe zur Diskussion. Paulus argumentiert: Gäbe es tatsächlich eine solche ‘Verunreinigung’, so wären die so gezeugten und geborenen Kinder wirklich ‘unrein’—sie sind es aber nicht!Footnote 12 Vermutlich denkt Paulus also an Kinder, die in einer ‘inter-religiösen’ Ehe gezeugt bzw. geboren wurden; dann aber können in der ja noch jungen korinthischen Gemeinde diese τϵ́κνα nur kleine Kinder sein.Footnote 13 Ob die hier erwähnten Kinder getauft und also Glieder der christlichen Gemeinde sind, läßt sich nicht sagenFootnote 14; möglicherweise gelten sie schon infolge ihrer bloßen Abstammung vom christlichen Elternteil als ‘heilig’, nicht wegen ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde.Footnote 15 Denkbar ist, dass Paulus den christlichen Vater bzw. die christliche Mutter indirekt dazu auffordert, die ‘heiligen’ Kinder entsprechend, also ‘christlich’ zu erziehen. Die den Abschnitt abschließende Aussage in 7.16 (τί γὰρ οἶδας ϵἰ … σώσϵις) ist ja nicht als Zeichen der Resignation, sondern als Aufruf zu einer ‘missionarischen’ Zuversicht zu verstehenFootnote 16; dementsprechend könnte es sein, dass Paulus mit seiner Aussage νῦν δϵ̀ ἅγιά ϵ̓στιν die Adressaten dazu ermutigen will, den Auftrag zum ‘Retten’ nicht nur gegenüber dem Ehepartner, sondern auch gegenüber den ‘heiligen’ Kindern wahrzunehmen.

Warum spricht Paulus von Kindern nur an dieser einen Stelle? Fehlte dem unverheirateten und also vermutlich kinderlosen Apostel das persönliche Interesse? War das Thema sonst niemals an ihn herangetragen worden? Wir kennen nicht alle Briefe des Paulus und sollten sein Schweigen deshalb nicht überbewerten; ohne die komplizierte Beziehung zwischen Paulus und Korinth würden uns ja auch zu anderen Aspekten Gemeindelebens manche Informationen fehlen—man denke nur an die Feier des Herrenmahls. Es ist durchaus möglich, dass Paulus diese Thematik tatsächlich niemals von sich aus erörtert hätte. Fragen kann man, ob sich das Schweigen des Paulus zum Thema ‘Kind’ seiner Naherwartung verdankt, dass also die Geburt von Kindern gar nicht mehr erwartet wird. Tatsächlich könnte die Aufforderung zum ‘Haben als hätte man nicht’ (7.29–31) mit der aus der Perspektive allein des Mannes formulierten Aussage zur Ehe (‘die da Frauen haben, sollen sein, als hätten sie sie nicht’) als Aufruf zur Askese auch in der Ehe verstanden werden; aber in 7.2–5 wird die Praktizierung der Sexualität bejaht, und Paulus fordert nicht dazu auf, man solle angesichts der ‘gedrängten Zeit’ (καιρὸς συνϵσταλμϵ́νος) bestehende Bindungen, einschließlich der Sorge um die Kinder, vernachlässigen.Footnote 17

III.

Kinder gelten in der Antike als unmündig (νήπιοι), und dieser ‘Mangel’ soll durch Erziehung beseitigt werden.Footnote 18 Der Schulunterricht beginnt im Alter von sechs oder sieben Jahren, nicht in ‘öffentlichen’ Schulen, sondern beim privaten διδάσκαλος. In der unter Umständen nur kurzen Schulzeit sollen vor allem die Anfangsgründe des Lesens, Schreibens und Rechnens vermittelt werden.Footnote 19 Dabei lassen Texte römischer Autoren des 1. Jahrhunderts n.Chr. zum Thema Erziehung ein recht optimistisches Bild des Kindes und der Chancen der Erziehung erkennen; wieweit die Aussagen repräsentativ oder im Gegenteil rein theoretisch sind, können wir natürlich nicht sagen.

Nach C. Musonius Rufus (ca. 30–108) ist der Keim zur Tugend im Menschen von vornherein angelegt und wird durch den Unterricht zur Entfaltung gebracht.Footnote 20 Auch Frauen sollen philosophieren, Söhne und Töchter sollen nicht unterschiedlich erzogen werden.Footnote 21 Die Frage, ‘ob man den Eltern in allem gehorchen muß’, diskutiert Musonius am Beispiel eines Jünglings (νϵανίας), dem der Vater das Philosophieren (ϕιλοσοϕϵῖν) verbieten will, und er stellt fest: Soll der Sohn zu einer unehrenhaften Handlung veranlaßt werden, dann ist ‘Ungehorsam’ die richtige Haltung und man muß Gott (‘Zeus’) gehorchen, nicht einem Menschen.Footnote 22 Musonius spricht allerdings von Heranwachsenden, die noch unter der Obhut des pater familias stehen; aber er fordert, dass dessen Weisungen sich an einem ethischen Maßstab zu orientieren haben.

Quintilian, ein Zeitgenosse des Musonius (ca. 35-ca. 100) beginnt seine Institutio Oratoria mit grundsätzlichen pädagogisch-psychologischen Hinweisen: Wenn ein Vater von vornherein große Hoffnungen in seinen Sohn setzt, wird er sich von Anfang an mit größerer Sorgfalt um ihn kümmern.Footnote 23 Wie den Vögeln das Fliegen oder den Pferden das Laufen, so sei dem Menschen die Fähigkeit zum Lernen angeboren; der menschliche Geist sei ‘himmlischen Ursprungs’ (origo animi caelestis creditur). Wenn die Erziehung scheitert, so liegt die Ursache nicht in der Natur, sondern in fehlender Fürsorge (manifestum est non naturam defecisse, sed curam). Von Anfang an muß auf das richtige Sprechen des Kindes geachtet werden, denn was man in frühester Kindheit aufnimmt, das hält man am beharrlichsten fest. Die Kinder dürfen aber nicht überfordert werden: ‘Ein Spiel soll das Ganze sein’ (lusus hic sit). Quintilian betont, der künftige Redner müsse früh Lesen und Schreiben lernen; hier zeigt sich, dass seine Aussagen auf die Rhetorik zielen und die Erziehung bzw. Ausbildung von Mädchen, anders als bei Musonius, nicht im Blick ist.Footnote 24

In einem Büchlein unter dem Titel πϵρὶ παίδων ἀγωγῆς, als dessen Autor Plutarch gilt,Footnote 25 wird das Verhältnis von natürlicher Begabung (ϕύσις), Verstand (λόγος) und Gewöhnung (ϵ῎θος) bestimmt. λόγος wird definiert als Fähigkeit zum Lernen (μάθησις), ϵ῎θος wird im Sinne von Übung (ἄσκησις) verstanden. Die Kinder, so fordert (Pseudo-)Plutarch, sollen nicht durch Ammen, sondern möglichst durch die Mutter erzogen werden. Wenn man sie einem παιδαγωγός anvertraue, solle man Lehrer (διδάσκαλοι) suchen, die die Kinder wirklich zu fördern vermögen.Footnote 26 Die Bildung (παιδϵία) sei es, die den Menschen auszeichne; am wichtigsten seien der Nous und der Logos; der Nous stehe schon deshalb über dem Logos, weil er weder durch das Schicksal (τύχη) noch durch Krankheit oder zunehmendes Alter verletzt werde: ‘Allein die Vernunft verjüngt sich, wenn sie altert’ schreibt der Autor recht optimistisch; die Zeit nehme ja sonst alles fort, dem Alter aber vermehre sie die Einsicht.Footnote 27 Neben der Redekunst sei auch die ‘Allgemeinbildung’ (ϵ̓γκύκλια παιδϵύματα) zu fördern, insbesondere die Philosophie. Ausdrücklich wendet sich das Büchlein auch an materiell schlecht gestellte Eltern: ‘Auch die Armen müssen also nach besten Kräften versuchen, ihren Kindern die beste Erziehung zu ermöglichen’. Ob der Autor tatsächlich mit der Rezeption seiner Gedanken in Familien der unteren Schichten rechnet, läßt sich nicht sagen; er fordert jedenfalls im Zusammenhang dieser Aussage, dass die Kinder nicht überfordert und mit Arbeiten überlastet werden dürfen, die ihre Kräfte übersteigen; Erholung sei nämlich ‘das Salz der Arbeit’.Footnote 28

Die zitierten Autoren thematisieren nicht die Teilnahme der Kinder an religiösen Handlungen oder an einem regelrechten ReligionsunterrichtFootnote 29; aber die Beteiligung von Kindern am lokalen oder häuslichen Kult ist in der Antike vorausgesetzt.Footnote 30 Schon kleine Kinder konnten die Mysterienweihe erfahren; in der Kaiserzeit entwickeln die Dionysosmysterien ‘eine ausgeprägte Vorliebe für die Einweihung von Kindern’—nicht zuletzt deshalb, weil den Mysten ‘nach dem Tod ein besseres Geschick’ erwartete.Footnote 31 Eine Grabskulptur aus der Zeit um 140 n.Chr. zeigt einen verstorbenen Knaben als Dionysos; eine Büste aus dem 3. Jahrhundert stellt einen Knaben dar, der durch seine Haartracht als ein in das Isis-Mysterium Eingeweihter ausgewiesen ist.Footnote 32

IV.

In der weisheitlichen Literatur des Judentums wird betont, entscheidend sei nicht, überhaupt Kinder zu haben, sondern diese gut zu erziehen. Nach Pseudo-Phokylides soll man von Kindern nicht zu viel fordern, sondern ihnen freundlich begegnen.Footnote 33 Jetzt bezeichnet der Begriff παιδϵία im griechisch sprechenden Judentum, anders als in der lxx, die ‘Erziehung’ bzw. die ‘Bildung’. In EpArist 121 wird gesagt, der Hohepriester für die Übersetzung der Bibel Männer gewählt, die ‘eine hervorragende Bildung (παιδϵία) besaßen und die nicht nur die jüdische Sprache beherrschten, sondern auch eifrig die griechische studiert hatten’. Der König fragt beim Gastmahl einen der Gelehrten, welches die größte Nachlässigkeit sei, und er erhält zur Antwort: ‘Wenn einer sich nicht um seine Kinder (τϵ́κνα) kümmert und sich nicht bemüht, sie auf jegliche Weise zu erziehen’. Der Gelehrte fügt hinzu: ‘Wir beten immer zu Gott, nicht so sehr für uns selbst als für unsere Nachkommen, daß sie alle Güter besitzen mögen. Jedoch zu sehen, daß die Kinder (παιδία) besonnen werden, das geschieht durch Gottes Macht’.Footnote 34

Philo sieht eine unmittelbare Verbindung zwischen der Verehrung Gottes und der im fünften Dekalog-Gebot geforderten Verehrung der Eltern durch die Kinder (Decal 111): Bei der Zeugung seien die Eltern Diener Gottes (θϵοῦ ὑπηρϵ́ται), daher nehme das Eltern-Gebot die Mittelstellung ein zwischen den auf Gott und den auf den Menschen bezogenen Geboten. Die Eltern stehen sogar in der Mitte zwischen der göttlichen und der menschlichen Physis, denn sie vollziehen eine ‘Schöpfung aus dem Nichts’ (τὰ μὴ ὄντα ϵἰς τὸ ϵἶναι παρήγαγον, Spec Leg II 225). Sie vermitteln ihren Kindern das Streben nach den Tugenden (ἀρϵταί) und ermöglichen es ihnen, gut zu leben (§ 228f.).

Zu der auch von Musonius diskutierten Frage, ob Kinder ihren Eltern unter allen Umständen Gehorsam schulden, vertritt Philo die Auffassung, hier könne es einen wirklichen Konflikt kaum geben, da ein wahrer Vater seinem Kinde nichts gebieten werde, was der Tugend zuwiderliefe (SpecLeg II 236). Dem Gehorsam der Kinder entspreche seitens der Eltern die Verpflichtung, angemessen für die Kinder zu sorgen (Op Mund 171).

In Gen 15.16 ist vom ‘vierten Geschlecht’ die Rede, das ins Land zurückkehren wird; daraus folgert Philo, es gebe ‘vier Zeitalter der Seele’: Das neugeborene Kind (βρϵ́ϕος) bis zum Alter von sieben Jahren habe eine reine Seele wie von Wachs, der die Eindrücke des Guten und des Bösen noch nicht fest eingeprägt seien, so dass die Möglichkeit der Veränderung bestehe. In der zweiten Lebensaltersstufe zeuge die ψυχή dann aber Böses—teils aus sich selbst heraus, teils durch äußeren Einfluß; dadurch werde sie zunächst ganz beherrscht (Philo verweist auf Gen 8,21), bedürfe also der Korrektur, die in der drittten Stufe des Lebensalters erfolge. Erst danach ‘erwachsen der Seele im vierten Zeitalter Kraft und Stärke durch sichere Aufnahme der Einsicht und unerschütterlich festes Beharren in allen Tugenden’, womit das Wort aus Gen 15.16 seine Bestätigung finde.

In seiner Auslegung von Dtn 12.31 lxx (Mose warnt das Volk vor der Nachahmung der religiösen Praktiken der Völker des Landes, die ‘sogar ihre Söhne und ihre Töchter im Feuer verbrennen für ihre Götter’) sagt Philo, zwar sei die Verbrennung der Kinder bei den Barbarenvölkern nicht allgemeine Sitte, aber ‘sie töten die Seelen ihrer Kinder schon von der Wiege an, weil sie ihnen nicht schon im zartesten Kindesalter die Lehren der Wahrheit über den einen wahrhaft seienden Gott einprägen’ (SpecLeg I 313).

Texte aus Qumran (1 QSa I 6–8) und aus dem Talmud, die von Kindern sprechen, beziehen sich vor allem auf die Hinführung zur Tora: ‘Wenn [das Kind] zu sprechen versteht, muß sein Vater ihn [sc. den Knaben] die Tora und das Schema-Lesen lehren’, heißt esFootnote 35; und Jehuda b. Tema lehrt: ‘Mit fünf Jahren für [das Studium der] Schrift, mit zehn für [das Studium der] Mischna, mit dreizehn für [die Pflicht der] Gesetzesübung, mit fünfzehn für [das Studium des] Talmud, mit achtzehn für die Heirat’.Footnote 36 Der Mischna-Traktat Baba Bathra diskutiert die Frage, ob jemand Lärm im Nachbarhof dulden müsse (III,2), und dazu heißt es in der Gemara, der Lärm von Schulkindern sei zu tolerieren; R. Jehošua b. Gamla habe für die Einrichtung von Schulen gesorgt, in denen die Kinder in die Bibel und in die jüdische Tradition eingeführt werden.Footnote 37 Ob diese Entscheidung noch in der Zeit des zweiten Tempels getroffen wurde, ist umstritten.Footnote 38 Auch ist nicht sicher, inwieweit der Begriff ‘Schule’ und die Einführung in die (Heilige) Schrift unbedingt Lesen und Schreiben einschließt; aber Josephus schreibt, man sei verpflichtet, die Kinder lesen zu lehren, damit sie ‘die Gesetze und die Taten der Vorfahren kennenlernen’.Footnote 39 Kinder nehmen am synagogalen Gottesdienst und an häuslichen religiösen Handlungen teil und haben dabei auch eine aktive Rolle, wie vor allem die Feier des Passa-Festes zeigt.Footnote 40 Das spricht für die Vermutung, dass Paulus mit seiner Bemerkung ‘jetzt aber sind sie heilig’ nicht meinen wird, die Kinder sollten—da bereits ‘heilig’—sich selbst überlassen bleiben; eher wird er indirekt dazu aufzufordern, die bereits ‘heiligen’ Kinder entsprechend ihrer Zugehörigkeit zur Gemeinde zu erziehen.

V.

In der Jesus-Überlieferung ist von Heilungswunderm Jesu auch an Kindern die Rede; deren Alter spielt dabei aber keine besondere Rolle, ausgenommen das zwölfjährige ‘Töchterchen’ (θυγάτριον) des Jairus (Mk 5.42). In einem der Gleichnisse spricht Jesus von Kindern, die spielen bzw. sich der Aufforderung zum Spielen verweigern (Lk 7.31f./Mt 11.16f. Q).

Zweimal wird von Jesu Begegnung mit kleinen Kindern erzählt.Footnote 41 Zunächst ‘nimmt’ Jesus im Anschluß an die Jüngerdiskussion zum Thema ‘Wer ist der Größte?’ (Mk 9.33–35) ein Kind ‘in ihre Mitte’, umarmt es (v. 36) und fordert indirekt dazu auf, ‘eines dieser Kinder anzunehmen’ (v. 37).Footnote 42 Während in der Mt-Parallele der Vorbildcharakter des Kindes betont ist, steht bei Markus das Kind selbst im Mittelpunkt; die Umarmung ist eine symbolische Vorwegnahme des Logions in v. 37, insofern Jesus das Kind ‘annimmt’, während die Jünger nach Größe gefragt hatten.Footnote 43

Auch in Mk 10.13–16 sind die Kinder nicht exempla für ein bestimmtes Verhalten, auch wenn dieser Gedanke in v. 15 anklingtFootnote 44; es geht vielmehr um die Kinder selbst und um ihre Stellung gegenüber Jesus. Die handelnden Personen sind Erwachsene; dadurch wird gerade deutlich, dass Kinder Objekte des Handelns anderer sind.Footnote 45 Die Erzählung beginnt, ähnlich wie die Wundererzählungen in Mk 7.32–37; 8.22–26 damit, dass ‘man’ Kinder zu Jesus bringt (v. 13aα), wobei nicht gesagt wird, wer hier handelt. Jesus, so weiß der Erzähler, soll die Kinder ‘berühren’ (v. 13aβ). Zwar bezeichnet ἅπτϵσθαι in Wundererzählungen oft einen heilenden Gestus; aber da die Kinder nicht als ‘krank’ vorgestellt sind, zielt die Bitte nicht auf Heilung, was sich in v. 16 bestätigen wird. Jesu Jünger machen den nach wie vor nicht näher beschriebenen Personen heftige Vorhaltungen (v. 13b); Gründe dafür werden nicht genannt,Footnote 46 sie agieren also offenbar nur, um Jesu nachfolgende Äußerung zu provozieren. Es liegt also eine ‘ideale Szene’ im Sinne Bultmanns vor.Footnote 47 Jesus wird daraufhin ‘unwillig’, das Verb ἀγανακτϵῖν signalisiert seine große Empörung (v. 14a).

Dementsprechend richtet sich die folgende wörtliche Rede Jesu (v. 14b) direkt gegen die Jünger: Mit dem ersten imperativisch formulierten Satz werden sie angewiesen, die Kinder zu ihm ‘kommen zu lassen’ (ἄϕϵτϵ τὰ παιδία ϵ῎ρχϵσθαι πρός μϵ), wodurch sie, die bis dahin Objekte des Handelns anderer waren, als eigenständig handelnde Personen anerkannt sind. Mit dem zweiten Imperativ ‘Hindert sie nicht!’ (μὴ κωλύϵτϵ αὐτά) wird das ‘Schelten’ der Jünger in v. 13b (ϵ̓πιτιμᾶν) nun geradezu als ein ‘Verhindern’ bewertet; damit verschärft Jesus den Konflikt, denn nun geht es um die grundsätzliche Entscheidung, den Kindern entweder den Zugang zu Jesus zu gewähren oder sie daran zu ‘hindern’, was Jesus selber eindeutig beantwortet. Dazu stellt er in v. 14c einen direkten Zusammenhang her zwischen den Kindern und der Herrschaft Gottes, nennt also für seine Reaktion auf das Verhalten der Jünger theologische bzw. ‘religiöse’ Gründe. Zwar sind, wie τοιοῦτοι zeigt, nicht nur Kinder gemeint; aber sie gehören jedenfalls dazu; durch das ergänzende Logion v. 15 wird die Aussage auf erwachsene Menschen übertragen.

In v. 16 richtet sich der Blick des Erzählers wieder auf die Kinder: Jesus segnet sie und bestätigt so unmittelbar ihre Zugehörigkeit zum Herrschaftsbereich Gottes. Wieder ist die sprachliche Gestaltung auffällig: Die Segenshandlung (κατϵυλόγϵι)Footnote 48 wird durch die partizipial formulierte Bemerkung gerahmt, dass Jesus die Kinder umarmt und dass er ihnen die Hände auflegt; sein Handeln geht also weit über das hinaus, was eingangs erhofft worden war. Zugleich entspricht Jesu Tun seinen Worten in v. 14, womit die Schärfe seiner Reaktion auf das Verhalten der Jünger unterstrichen wird. Die Erzählung zeigt: Kinder können nicht von sich aus zu Jesus und damit zum Gottesreich gelangen; aber Jesus selber ermöglicht ihnen, gegen den Widerstand der Jünger, zu ihm zu ‘kommen’.

Ob der Szene das Wissen um Jesu grundsätzliche Einstellung zu Kindern oder auch nur die Erinnerung an eine einzelne Begebenheit im Leben Jesu zugrunde liegt, ist unwesentlich; die für das Verständnis des Textes besonders wichtigen Formulierungen in vv. 13,16 verdanken sich jedenfalls dem Erzähler. Die Szene schildert einen Konflikt über die Frage, ob Kinder in einer unmittelbaren Beziehung zu Jesus stehen dürfen oder nicht; die Kinder selber können sich nicht durchsetzen, und so besteht die Lösung des Konflikts darin, dass Jesus zugunsten der Kinder handelt.Footnote 49 Lukas spricht in seiner Textfassung (Lk 18.15) übrigens nicht von ‘Kindern’ (παιδία), sondern von ‘Säuglingen’ (βρϵ́ϕη); das ist sicher kein Zufall, denn er hat auch sonst ein Interesse daran, das Augenmerk der Leser bewußt auf sehr kleine Kinder zu lenken.Footnote 50

VI.

Die Autoren des Kolosser- und des Epheserbriefes gehen in den Haustafeln auch auf die Beziehung zwischen Kindern und Eltern (bzw. Vätern) ein; die Kinder werden direkt angesprochen.Footnote 51 Aus der Anrede in Kol 3.20a (τὰ τϵ́κνα) geht deren Alter nicht hervor; aber die Weisung ‘Gehorcht euren Eltern κατὰ πάντα’ macht es wahrscheinlich, dass zwar nicht ganz kleine, aber auch nicht bereits erwachsene Kinder gemeint sind.Footnote 52 Die in v. 20b folgende Erläuterung, solches Verhalten sei ‘wohlgefällig (ϵὐάρϵστον) im Herrn’, zeigt, dass die Angeredeten jedenfalls zur Gemeinde gehören.Footnote 53 Wenn in v. 21 die Väter (!) gemahnt werden, ihre Kinder nicht zu ‘erbittern’, damit sie nicht ‘mutlos’ werden (ἵνα μὴ ἀθυμῶσιν), so erinnert das an (Pseudo-)Plutarch, der dazu aufruft, die Kinder nicht zu überfordern, denn ‘davon erschöpft sinken sie [die Kinder] ab und sind, auch sonst von ihren Mißerfolgen seelisch niedergedrückt, nicht (mehr) zum Lernen bereit’.Footnote 54 Offenbar steht hinter Kol 3.21 eine ähnliche Einsicht.Footnote 55

Der Autor des Epheserbriefes modifiziert die an die Kinder gerichtete Weisung zum Gehorsam gegenüber den Eltern: Er streicht in 6.1 die adverbiale Bestimmung κατὰ πάντα, was an die Debatte bei Musonius und Philo erinnert, ob man den Eltern ‘in jeder Hinsicht’ gehorchen müsse. Sollte die gut bezeugte Wendung ϵ̓ν κυρίῳ an dieser Stelle (ὑπακούϵτϵ τοῖς γονϵῦσιν ὑμῶν ϵ̓ν κυρίῳ) die ältere Lesart sein,Footnote 56 wäre damit das Kriterium für den Gehorsam der Kinder und zugleich ein Maßstab für die Weisungen der Eltern genannt. Überdies gibt der Wechsel von τοῦτο γὰρ ϵὐάρϵστόν ϵ̓στιν ϵ̓ν κυρίῳ (Kol 3,20) zu τοῦτο γάρ ϵ̓στιν δίκαιον in der mit γάρ angeschlossenen Erläuterung der ganzen Aussage einen stärker grundsätzlichen Charakter.Footnote 57

Anschließend wird in vv. 2a,3 das biblische Elterngebot zitiert und dazu gesagt (v. 2b), dies sei das erste Gebot, das eine Verheißung enthält. Damit ist ein nach vorn offener zeitlicher Horizont eröffnet; überdies wird die in v. 4a gegebene Mahnung an die Väter, die Kinder nicht zu ‘erzürnen’, durch eine positiv formulierte Aufforderung erweitert (v. 4b): ‘Erzieht sie ϵ̓ν παιδϵίᾳ καὶ νουθϵσίᾳ κυρίου’. Die τϵ́κνα sind auch hier nicht als ganz kleine Kinder zu denken, denn der Autor setzt voraus, dass sie die von ihm vorgetragene Argumentation nicht nur hören, sondern auch inhaltlich verstehen können. Aber das Verb ‘aufziehen’ (ϵ̓κτρϵ́ϕϵιν) spricht doch dafür, dass auch kleinere Kinder mit im Blick sind.

Mit der Mahnung, παιδϵία und νουθϵσία sollten auf den κύριος, also auf Christus, ausgerichtet sein, spricht Eph 6.4 explizit von einer religiösen Erziehung der Kinder. Dabei meint παιδϵία hier nicht ‘Zucht’, sondern ‘Erziehung’, vielleicht sogar ‘Bildung’ im Sinne der zeitgenössischen stoischen Begrifflichkeit. Ähnlich schreibt Philo in seiner Auslegung der Wendung in Dtn 8.5 (ὡς ϵἴ τις παιδϵύσαι ἄνθρωπος τὸν υἱὸν αὐτοῦ οὕτως κύριος ὁ θϵός σου παιδϵύσϵι σϵ ‘… wie ein Mensch seinen Sohn erzieht’), so handele Gott um der παιδϵία und νουθϵσία des Menschen willen (Deus Imm 54).Footnote 58 Der biblische Zusammenhang spricht nicht von ‘Züchtigung’, sondern von der Bewahrung des Volkes; Philo denkt also nicht an ‘Zucht’ und ‘Zurechtweisung’, sondern an ‘Erziehung’ im umfassenden Sinne, und dasselbe Verständnis ist offenbar in Eph 6,4 vorausgesetzt. Damit betont der theologisch ja sehr grundsätzlich argumentierende Epheserbrief den besonderen Aspekt einer christlichen ‘Bildung’; es ist, soweit wir erkennen können, der literarisch älteste Beleg dafür. Der Hinweis auf das biblische Gebot zeigt, dass auch die Verantwortung für die Zukunft im Blick ist; der Autor rechnet ‘mit einem längeren Dasein der Kirche auf Erden und nicht mit einer nahen Parusie, freilich auch nicht mit einer eliminierten Zeit’.Footnote 59

Gewiß enthält die kleine Notiz in Eph 6.4 kein ‘christliches Bildungsprogramm’; aber der auctor ad Ephesios hat seine Vorlage (d.h. den Kolosserbrief) sehr reflektiert bearbeitet, und deshalb darf das Gewicht der in 6.1–4 sichtbar werdenden Änderungen gegenüber Kol 3.20–21 auch nicht unterschätzt werden. Das gilt um so mehr, als die Haustafel des Ersten Petrusbriefes gar keinen entsprechenden Aspekt enthält. Auch die Pastoralbriefe sprechen zwar davon, dass die ϵ̓πίσκοποι und die διάκονοι ihrem ‘Haus’ gut ‘vorstehen’ sollen (1Tim 3.4,12), was die Kinder natürlich einschließt; aber die Kinder selber und ihre Erziehung werden nicht zum Thema gemacht. So ist Eph 6.4 der offensichtlich früheste und zunächst wohl einzige Beleg für den Gedanken einer religiösen Erziehung von Kindern in der christlichen Gemeinde bzw. in den Familien.Footnote 60 Welchen konkreten Inhalt die ‘christliche Erziehung’ hatte und wie sie sich zu den allgemein anerkannten Erziehungszielen verhielt, können wir nicht sagen; der Autor setzt voraus, dass die von ihm angeredeten Väter zur eigenständigen Umsetzung der Aufforderung imstande sind.

VII.

Schulische Bildung war in der Antike im wesentlichen eine Privat- bzw. Familienangelegenheit; daher wird es in den christlichen Familien und Gemeinden bald ein Interesse auch an der religiösen Erziehung der Kinder gegeben haben. Ein Beleg ist 1 Clem 21.6–8; zunächst wird der Kerngedanke der jüdischen Weisheit aufgenommen wird, jungen Menschen (νϵ́οι) die Erziehung (παιδϵία) zur Gottesfurcht zu vermitteln (vgl. Sir 1.27), und es heißt dann, ‘unsere Kinder’ sollten ‘der Erziehung in Christus (τῆς ϵ̓ν Χριστῷ παιδϵίας) teilhaftig werden’, indem sie ‘lernen, was Demut bei Gott gilt, was reine Liebe bei Gott erreicht, wie die Furcht vor ihm gut und groß ist’. Die Kinder sollen also wissen, welche Folgen sittlich richtiges Handeln für die Gottesbeziehung hat. Dieses ‘durch die παιδϵία zu erreichende Ziel’ dürfte der im ganzen Schreiben vertretenen Position entsprechen.Footnote 61 Wieder ist über das Alter der Kinder nichts gesagtFootnote 62; aber der Kontext spricht für die Vermutung, dass sie jedenfalls noch zum ‘Haus’ gehören.

Polykarp mahnt die Adressaten seines Briefes nach Philippi, sie sollten den Kindern ‘eine Erziehung zur Gottesfurcht’ vermitteln (τὰ τϵ́κνα παιδϵύϵιν τὴν παιδϵίαν τοῦ ϕόβου τοῦ θϵοῦ, 4,2); an einen spezifischen Unterricht für Kinder denkt er wohl nicht, aber jedenfalls sollen sie das lernen, was auch für alle anderen gilt. Tertullian schreibt unter Bezug auf 1 Kor 7.14, die ‘Heiligkeit’ der Kinder verdanke sich ‘sowohl dem Vorzug der Abstammung als auch der Unterweisung der Erziehung (ex institutionis disciplina)’.Footnote 63 Tertullian nimmt offenbar an, dass es zur Zeit des Paulus einen ‘Unterricht’ im christlichen Glauben gab, und jedenfalls kennt er selber einen solchen Unterricht. Christen, so betont er, können zwar nicht als Lehrer tätig werden, da sie dann ständig mit den heidnischen Göttern bzw. Götzen in Kontakt kommen müssen; aber es sei eher möglich, die Wissenschaft (litterae) nicht zu lehren als sie nicht zu lernen,Footnote 64 und das Lernen sei nötig, da Lesen und Schreiben die Basis alles Wissens sind: ‘Wie könnten wir die weltlichen Studien (saecularia studia) verwerfen, ohne die doch die religiösen Studien (diuina) nicht zu bestehen vermögen?’Footnote 65

Kelsos wirft den Christen vor, bei ihnen seien die ‘am wenigsten gebildeten Menschen’ (ἀπαιδϵυτοτάτοι) darum bemüht, ‘Kinder und unverständige Frauen’ so zu beeinflussen, dass sie den eigenen Vater und auch die Lehrer mißachten. Origenes hält dem entgegen, die Christen seien darum bemüht, ‘auch die philosophisch Gebildeten zur Annahme unserer Gottesverehrung zu bekehren und sie von der Erhabenheit und Reinheit derselben zu überzeugen’. Die Kinder (παῖδϵς) würden nicht vom Unterricht in der Philosophie ferngehalten, sondern sie lernen, dass die wichtigsten philosophischen Lehren schon von den Propheten Gottes und von den Aposteln Jesu vorgetragen worden waren.Footnote 66

Am Rande sei hingewiesen auf die etwa zur selben Zeit entstehenden ‘apokryphen’ Kindheitserzählungen Jesu, die auch von dessen, für den betreffenden Lehrer nicht unbedingt erfreulichen, schulischen Ausbildung sprechen. Sollten sie ein Beleg für das Interesse an der Erziehung und der Bildung der Kinder sein, dann würde mit diesen skurrilen Erzählungen möglicherweise die Überlegenheit der christlichen Erziehung über die traditionelle Bildung zum Ausdruck gebracht werden.Footnote 67

VIII.

Waren Kinder, die eine christliche Erziehung (παιδϵία ϵ̓ν κυρίῳ) empfingen, getauft? Oder war die Taufe das Ziel eines solchen Unterrichts? Keiner der im hier untersuchten Zeitraum entstandenen Texte gibt darauf eine definitive Antwort.Footnote 68 Aber Erwägungen sind möglich: Paulus erwähnt in 1 Kor 1.14–17 seine Tauftätigkeit in Korinth und unterscheidet dabei ausdrücklich die Taufe einzelner Personen (sc. Crispus und Caius) von der Taufe eines οἶκος (‘Haus des Stephanas’). Bei der Taufe des ‘Hauses’ wurden in der Regel vermutlich alle Angehörigen getauft, auch unmündige Kinder bekamen also Anteil an der neuen christlichen Lebenspraxis des ‘Hauses’. Gewiß kam es vor, dass nicht das ganze ‘Haus’ zum Christentum ‘konvertierte’, wie die in 1 Kor 7.12–16 geschilderte Problematik zeigtFootnote 69; aber es besteht kein Grund zu der Annahme, dass Paulus von sich aus Angehörigen etwa des ‘Hauses des Stephanas’ die Taufe verweigert hatte. Der Einwand, die Mahnung in 16.15f. zur Unterordnung unter das ‘Haus’ (οἰκία) des Stephanas schließe die Möglichkeit aus, dass die Kinder mitgemeint sein könnten,Footnote 70 trägt nichts aus—die herausgehobene Stellung eines ‘Hauses’ muß natürlich nicht bedeuten, dass jedem einzelnen Angehörigen des Hauses diese Stellung zukam.Footnote 71

Aus den Angaben der Apostelgeschichte über die Taufe eines ‘Hauses’ lassen sich keine sicheren Schlüsse ziehen: Wo Lukas die Taufe nur kurz erwähnt, ist stets von einer größeren Zahl von Täuflingen die Rede,Footnote 72 und wo von der Taufe einer einzelnen Person erzählt wird, ist außer bei dem ‘äthiopischen Eunuchen’ und bei Paulus immer zugleich gesagt, auch das ‘Haus’ habe die Taufe empfangen.Footnote 73 In keiner der Tauferzählungen wird gesagt, dass jeder einzelne Täufling gläubig geworden sei und womöglich ein Bekenntnis abgelegt habe.Footnote 74 Die Texte sprechen pauschal vom οἶκος, also von der FamilieFootnote 75; Lukas deutet nicht an, dass einer der Angehörigen eines ‘Hauses’ die Taufe ablehnte oder dass sie ihm verweigert wurde.Footnote 76 Wahrscheinlich schloß also nach der Vorstellung des Autors der Apostelgeschichte die ‘Taufe eines Hauses’ die Kinder mit ein; so wird sich die in anderen Texten erwähnte Aufforderung zur Erziehung ϵ̓ν κυρίῳ auf die Vermittlung der Inhalte des (christlichen) Glaubens an diese Kinder beziehen.

IX.

Gibt es explizite Belege für die Taufe von Kindern in den frühen christlichen Gemeinden?Footnote 77 Wenn es richtig ist, dass in Mk 10.13–16 kein zufälliges Ereignis, sondern ein fundamentaler Konflikt geschildert wird, dann spiegelt sich im Verhalten der Jünger (v. 13b) und der Schärfe der Reaktion Jesu eine grundsätzliche Auseinandersetzung, vermutlich auf der Ebene der frühen Gemeinde. Worum ging es? Dass umstritten war, ob Kinder bei gottesdienstlichen Feiern anwesend sein durften, ist wenig wahrscheinlich—von der jüdischen Tradition und Praxis her dürfte ihre Teilnahme üblich oder zumindest möglich gewesen sein.Footnote 78 Auch die Frage, ob Kinder über Jesus belehrt werden durften oder ob ein solcher Unterricht im Gegenteil zu ‘verhindern’ sei, dürfte kaum kontrovers diskutiert worden sein. Es wird in der nachösterlichen Gemeinde auch nicht heftig darüber gestritten worden sein, ob Kinder einst den Segen Jesu hatten empfangen dürfen. Anlaß zu einem Konflikt kann hingegen sehr wohl die Frage gewesen sein, ob Kinder unabhängig von ihrem Alter zur christlichen Gemeinde gehören konnten: Durften sie auf den Namen Jesu getauft werden, oder mußte dies im Gegenteil ‘verhindert’ werden? Natürlich handelt Jesus in Mk 10.13–16 als segnende, nicht als taufende PersonFootnote 79; aber Jesus tauft in der synoptischen Überlieferung ohnehin niemals, der Taufbefehl ist in Mt 28.19f. bewußt erst dem auferstandenen Jesus in den Mund gelegt worden. Auf der Ebene der erzählten Welt des Evangeliums geht es um die Einladung und Segnung der Kinder durch Jesus, und dem wird auf der Ebene der erzählenden Gemeinde am ehesten die Zulassung der Kinder zur Taufe entsprechen. Die Eröffnung der Szene (v. 13a) verweist offenbar auf eine Neuerung, die heftige Reaktion der Jünger (V. 13b) signalisiert die Ablehnung solcher Bestrebungen.Footnote 80 Jesu scharfe Worte in v.14 und sein in v. 16 geschildertes Verhalten bringen zum Ausdruck, dass die Verheißung der Gottesherrschaft gerade auch den Kindern ‘gehört’, dass der ‘Zugang’ zu ihm nicht verhindert und also die Zugehörigkeit zur Gemeinde ihnen nicht verwehrt werden darf. Möglicherweise setzt die Gemeinde mit dem Bild des gegen den Widerstand der Jünger die Kinder annehmenden und sie segnenden Jesus zugleich einen Maßstab für ihr eigenes Verhalten Kindern gegenüber—wobei wir selbstverständlich nicht sagen können, ob die Wirklichkeit diesem Maßstab tatsächlich entsprach.Footnote 81

Zwar läßt sich eine allgemeine Praxis der Kindertaufe für die beiden ersten Jahrhunderte nicht belegen; aber es gibt, abgesehen von Mk 10.13b, auch keinen Text in dieser Zeit, der die Taufe von Kindern explizit verwirft. Angesichts der Praxis der Beschneidung und der religiösen Belehrung der Kinder im Judentum, und angesichts der Weihe von Kindern nicht nur in den Mysterien wäre das Schweigen christlicher Texte zur Frage der Zugehörigkeit von Kindern zur Gemeinde aber kaum zu erklären, wenn in christlichen Gemeinden entsprechende symbolische Handlungen gar nicht vollzogen oder christlichen Eltern die Taufe ihrer Kinder sogar ausdrücklich untersagt worden wäre. Es wäre zumindest diskutiert worden, von welchem Alter an und aufgrund welcher Voraussetzungen Kinder eines christlichen ‘Hauses’ getauft werden konnten; eine solche Diskussion hat es aber, wiederum abgesehen von Mk 10.13, offenbar nicht gegeben. So wird also die Taufe auch der Kinder beim Wechsel eines ‘Hauses’ zum Christentum eher die Regel gewesen sein, als dass sie womöglich aus Altersgründen verweigert worden wäre.Footnote 82 Vermutlich machte man auch keinen Unterschied zwischen Kindern, die in bereits christlichen Familien zur Welt kamen, und Kindern, die zu einem zum Christentum konvertierenden ‘Haus’ gehörten.Footnote 83

Hans-Josef Klauck hat gemeint, ‘das historisch Mögliche brauch[e] nicht schon das theologisch Verpflichtende zu sein’; überdies beziehe sich die moderne Debatte ja weniger auf die Kinder- als vielmehr auf die Säuglingstaufe, und ‘man müßte also für die ,Häuser’ der Apostelgeschichte nicht nur Kinder, sondern Babies postulieren, womit wir endgültig im Bereich der reinen Phantasie angelangt sind'.Footnote 84 Doch angesichts des Wechsels von παιδία in Mk 10.13 zu βρϵ́ϕη in Lk 18.15 ist der erforderliche Aufwand an Phantasie vielleicht doch nicht übermäßig groß; die Frage einer ‘Altersgrenze’ bliebe überdies gültig. So läßt sich historisch über die ‘Normativität’ der Kindertaufe nicht entscheiden, wohl aber läßt sie sich für die Frühzeit der Kirche wahrscheinlich machen.Footnote 85

Den ersten eindeutigen Beleg für die Taufe kleiner Kinder bietet Tertullian; er lehnt sie ab und betont, die Amtsträger wüßten ja, dass die Taufe nicht vorschnell erfolgen darf.Footnote 86 Tertullian plädiert generell für einen Taufaufschub je nach Alter und Disposition; die Taufe kleiner Kinder gefährde die Paten, wenn diese das mit der Taufe verbundene Versprechen nicht einhalten könnten. Dazu zitiert er Jesu Wort aus Mk 10.13 (‘Hindert sie nicht, zu mir zu kommen’ Nolite illos prohibere ad me uenire), womit belegt ist, dass dieses Jesuswort zugunsten der Kindertaufe verwendet wurde.Footnote 87 Tertullians eigene Auslegung (‘Sie sollen also kommen, wenn sie herangewachsen sind, wenn sie lernen, wenn sie darüber belehrt sind, wohin sie gehen sollen; mögen sie Christen werden, wenn sie Christus zu kennen vermögen’Footnote 88) widerspricht dem in der Szene geschilderten Verhalten Jesu. Tertullian fragt ironisch: ‘Warum hat es das unschuldige Alter so eilig mit der Vergebung der Sünden?’ Er denkt also die Taufe primär von einem eher moralischen Aspekt der Sündenvergebung her, und deshalb hält er auch bei Unverheirateten einen Taufaufschub für geboten, weil diesen in ihrem Leben doch noch mancherlei Versuchungen drohten.Footnote 89 Tertullian kritisiert also eher eine gängige Praxis als dass er eine Neuerung zurückweist.Footnote 90

Die Vorstellung, die Taufe müsse möglichst spät erfolgen, um die Vergebung der nach der Taufe begangenen Sünden nicht zu gefährden, ist für die frühe Zeit nicht belegt; die Taufe wurde vollzogen als wirksames Zeichen der Zugehörigkeit zu Christus und damit zur Kirche.Footnote 91 Es hat ‘für das Alter, in dem Kinder christlicher Familien getauft wurden, bis ins vierte Jahrhundert hinein keine einheitliche Regelung’ gegeben; es sind auch ‘keine Beschreibungen oder Anweisungen für die jeweilige Erziehung getaufter und ungetaufter Kinder erhalten’.Footnote 92 Aber Cyprian, Bischof in Karthago, zitiert in seinem 253 verfaßten Brief an Bischof Fidus aus einem Synodenbeschluß, der es ausdrücklich für falsch erklärt, die Taufe der Kinder bis zum achten Tag nach der Geburt hinauszuschieben; man dürfe ‘keinem einmal geborenen Menschen Gottes Barmherzigkeit und Gnade versagen’, und auch das neugeborene Kind sei, wie alles von Gott Geschaffene, bereits vollkommen.Footnote 93 Das mag eine nur regional gültige Entscheidung gewesen sein; aber sie läßt eine theologische Reflexion erkennen. Wahrscheinlich nahmen getaufte Kinder auch unmittelbar am Abendmahl teil, sobald sie alt genug waren ‘to be physically capable of eating the bread and drinking the wine’.Footnote 94

X.

Das 20. Jahrhundert war als ‘das Jahrhundert des Kindes’ erhofft worden.Footnote 95 Dass sich diese Erwartung erfüllte, wird man nicht sagen dürfen. Aber es wuchs zumindest das theoretische Wissen, dass die Kindheit eine eigene schützenswerte Phase im Leben des Menschen ist und dass die Gesellschaft für die Sicherung des eigenen Wertes der Kinder einzutreten hat. Ähnliches scheint auch für die Frühzeit des Christentums gegolten zu haben; als sich die Gemeinden in der Welt ‘einzurichten’ begannen, wuchs ihr Interesse an einer ‘christlichen’ Erziehung der Kinder, möglicherweise auch unabhängig von der Frage der Taufe. Eine in der Welt existierende Kirche mußte an die Zukunft denken, und solches Denken verband und verbindet sich naturgemäß mit der Sorge um die Kinder. Der Aufruf des Epheserbriefes zur παιδϵία καὶ νουθϵσία κυρίου, verbunden mit dem Hinweis auf das biblische Gebot der Elternverehrung und der Verheißung des ‘langen Lebens auf Erden’, nimmt dabei in der ‘Bildungsgeschichte’ des frühen Christentums offenbar so etwas wie eine Schlüsselrolle ein.

References

1 Barclay, J. M. G., ‘There Is Neither Old Nor Young? Early Christianity and Ancient Ideologies of Age’, NTS 53 (2007) 225–41CrossRefGoogle Scholar.

2 Vgl. Barclay, ‘There is Neither Old Nor Young?’, 241.

3 Bakke, O. M., When Children Became People. The Birth of Childhood in Early Christianity, Minneapolis: Fortress, 2005Google Scholar; Bunge, M. J., ed., The Child in the Bible (Grand Rapids: Eerdmans, 2008)Google Scholar. Vgl. schon Müller, P., In der Mitte der Gemeinde. Kinder im Neuen Testament (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1992)Google Scholar und Lindemann, A., ‘Die Kinder und die Gottesherrschaft’ (1983), Die Evangelien und die Apostelgeschichte (WUNT 241; Tübingen: Mohr Siebeck, 2009) 109–34Google Scholar.

4 τκνον als Metapher bringt eine besonders enge Beziehung zum Ausdruck (1 Thess 2.7,11; 2 Kor 12.14; Phil 2.22); vgl. Chr. Gerber, , Paulus und seine ‘Kinder’. Studien zur Beziehungsmetaphorik der paulinischen Briefe (BZNW 136; Berlin/New York: de Gruyter, 2005)CrossRefGoogle Scholar.

5 Aristot Eth Eud 1215b, 20–4.

6 Sie kam dennoch nicht selten vor; vgl. Backe-Dahmen, A., Die Welt der Kinder in der Antike (Mainz: Philipp von Zabern, 2008) 22–4Google Scholar.

7 Aristot Pol 1335b 19–29.

8 Vgl. Lindemann, A., ‘Schwangerschaftsabbruch als ethisches Problem im antiken Judentum und im frühen Christentum’, WuD 26 (2001) 127–48Google Scholar.

9 Vgl. Dtn 6.20–4; dazu Finsterbusch, K., ‘Die kollektive Identität und die Kinder. Bemerkungen zu einem Programm im Buch Deuteronomium’, in Gottes Kinder. JBTh 17 (2002) 99120Google Scholar. Für das Judentum der nachbiblischen Zeit G. Stemberger, ‘Kinder lernen Tora. Rabbinische Perspektiven’, ibd 121–37; Mayer, G., ‘Erziehung und Schule im antiken Judentum’, Forschungsmagazin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz 11 (1995) 413Google Scholar.

10 Blanck, H., Einführung in das Privatleben der Griechen und Römer (Darmstadt: Wiss. Buchges., 1976), 105fGoogle Scholar.

11 Der zweite Beleg im Corpus Paulinum (2 Kor 6.17) ist Teil des m.E. unpaulinischen Einschubs 2 Kor 6.14–7.1.

12 Schrage, W., Der erste Brief an die Korinther. 2. Teilband. 1Kor 6,12–11,16 (EKK VII/2; Solothurn: Benziger; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1995) 107Google Scholar deutet so: ‘Wer die nichtchristlichen Ehepartner eines Christen für unrein hält, muß konsequenterweise auch ungetaufte Kinder für unrein halten. Das aber ist, so setzt Paulus offenbar als einleuchtend voraus, nicht der Fall.’ Es sei ‘sicher’, dass Paulus von ungetauften Kindern spricht, ‘weil sonst keine Analogie zum nichtchristlichen Ehepartner, d.h. keine Analogie zu v. 14a und 14b vorliegen würde’. Aber der Gedanke ist m.E. ein anderer: Wenn der Ehepartner ‘unrein’ ist, dann müssen konsequenterweise auch die aus der sexuellen Beziehung zu ihm/ihr hervorgegangenen Kinder von vornherein ‘unrein’ sein.

13 Delling, G., ‘Nun aber sind sie heilig’, Studien zum Neuen Testament und zum hellenistischen Judentum (Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1970) 257–69Google Scholar, hier: 267f. meint, Paulus denke an ‘erwachsene Abkömmlinge’, die ‘vor der Christwerdung der Eltern’ geboren wurden und die anders als ihre Eltern ‘den Eintritt in die christliche Gemeinde ablehnen’. Auch nach Schrage ist es ‘naheliegend, daß die Nichttaufe von Kindern, die allerdings nicht nur Minderjährige umfassen werden, etwas mit der Nicht-Einwilligung des nichtchristlichen Ehepartners oder der Kinder zu tun haben könnte’.

14 Vgl. Wright, D. F., Infant Baptism in Historical Perspective. Collected Studies (Studies in Christian History and Thought; Colorado Springs: Paternoster, 2007) 14f.20Google Scholar.

15 Das ist freilich der übliche Sinn des Begriffs ἅγιος bei Paulus.

16 Vgl. Lindemann, A., Der Erste Korintherbrief (HNT 9/I; Tübingen: Mohr Siebeck, 2000) 167Google Scholar.

17 Zum Problem einer Überbewertung der ‘Naherwartung’ des Paulus vgl. Lindemann, A., ‘Die Zukunft Gottes und die Gegenwart des Menschen. Beobachtungen zur Eschatologie des Paulus’, Die Gegenwart der Zukunft. Geschichte und Eschatologie (hg. U. H. J. Körtner; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2008) 123–48Google Scholar.

18 Vgl. Delkurt, H., ‘Erziehung nach dem Alten Testament’, JBTh 17 (2002) 227–53Google Scholar; für die klassische Zeit etwa in Kleijwegt, Athen s. M., Art. ‘Kind A. Griechisch-Römisch’ (RAC 20; Stuttgart: Hiersemann, 2004) 866–93Google Scholar.

19 Vgl. Wiedemann, Th., Adults and Children in the Roman Empire (New Haven: Yale University, 1989) 164f.193Google Scholar. Gemeinhardt, P., Das lateinische Christentum und die antike pagane Bildung (STAC 41; Tübingen: Mohr Siebeck, 2007) 3551Google Scholar.

20 Fragm. 2. C. Musonii Rufi Reliquiae (ed. O. Hense; Leipzig: Teubner, 1905), 7,20–8,2. Die ἀρϵτή müsse ebenso ‘geübt’ werden wie jede andere Kunst.

21 Fragm. 3 (Hense 8–13).

22 Fragm. 16 (Hense 81–88, vor allem 87.6–11: ἀγαθὸν ϵἶναι κϵλϵύϵι τὸν ἄνθρωπον ὁ νόμος ὁ τοῦ Διός. τὸ δ γϵ ϵἶναι ἀγαθὸν τῷ ϕιλόσοϕον ϵἶναι ταὐτόν στιν. ϵἰ δὴ τῷ πϵίθϵσθαι <τ> πατρὶ τῷ ἀνθρώπῳ ϵ῞πϵσθαι μλλϵις ϵἰ δ ϕιλοσοϕοίης τῷ Διί δῆλον ὡς ϕιλοσοϕητον σοι μᾶλλον ἤ οὔ). In der Sache vgl. Apg 5.29.

23 Marcus Fabius Quintilianus, Ausbildung des Redners. Zwölf Bücher (hg. und übers. von H. Rahn; Zwei Bände; Darmstadt: Wiss. Buchges., 1972).

24 Vgl. Loch, W., ‘Redekunst und Unterricht. Zur pädagogischen Theorie in Quintilians “Institutio oratoria”’, Erziehung und Bildung in der heidnischen und christlichen Antike (hg. H.-Th. Johann; WdF 377; Darmstadt: Wiss. Buchges., 1976) 448–83Google Scholar.

25 Plutarch Kinderzucht (Griechisch und deutsch; München: Heimeran, 2d ed. 1947).

26 Auch (Pseudo-)Plutarch denkt an Söhne, nicht an die Erziehung von Töchtern. Vgl. Grasberger, L., Erziehung und Unterricht im klassischen Altertum. Teil 3 (Neudruck der Ausgabe 1881; Aalen: Scientia Verlag, 1971) 510Google Scholar: ‘War nun auch ein Unterricht im Lesen, Schreiben und in der Musik nicht eben ausgeschlossen, so dürften sich im gewöhnlichen Leben nur die Kenntnisse und Fertigkeiten der Mütter praktisch auf deren Töchter vererbt haben.’

27 5 E: μόνος γὰρ ὁ νοῦς παλαιούμϵνος ἀνηβᾷ. καὶ ὁ χρόνος τἄλλα πάντ', ἀϕαιρῶν, τῷ γήρᾳ προστίθησι τὴν πιστήμην.

28 8 E: πϵιρατον μν οὖν ϵἰς δύναμιν τὴν κρατίστην ἀγωγὴν ποιϵῖσθαι τῶν παίδων καὶ τοῖς πνησι. ϵἰ δ μή, τῇ γϵ δυνατῇ χρηστον. 9 C: ἡ ἀνάπαυσις τῶν πόνων στὶν ἄρτυμα.

29 Derartiges hat es in der griechischen und römischen Antike nicht gegeben (vgl. Grasberger, Erziehung und Unterricht, 532, 536).

30 A. Oepke, Art. παῖς κτλ. (ThWNT V; Stuttgart: Kohlhammer, 1954) 642–4 mit zahlreichen Belegen.

31 Klauck, H.-J., Hausgemeinde und Hauskirche im frühen Christentum (SBS 103; Stuttgart: Kath. Bibelwerk, 1981) 91Google Scholar. Vgl. Burkert, W., Antike Mysterien. Funktionen und Gehalt (München: C.H. Beck, 2d ed. 1991) 54Google Scholar.

32 Abb. mit Text bei Backe-Dahmen, Die Welt der Kinder in der Antike, 114–16.

33 Ps-Phocyl 207: παισὶν μὴ χαλπαινϵ τϵοῖσ’, ἀλλ’ ἤπιος ϵἴης. Text bei van der Horst, P.W., The Sentences of Pseudo-Phocylides: With Introduction and Commentary (SVTP 4; Leiden: Brill, 1978) 247fGoogle Scholar.

34 EpArist 248,2f. (übers. Meisner, N., Aristeasbrief (JSHRZ II/1; Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 2d ed. 1977)Google Scholar; vgl. Wiedemann, Adults and Children, 194.

35 Gemara zum Traktat Sukka (42a), zitiert nach: Der Babylonische Talmud. Neu übertragen durch Lazarus Goldschmidt. Dritter Band (Berlin: Jüdischer Verlag, 1930) 371.

36 Abot 5,24 (Der Babylonische Talmud [Neunter Band; Berlin, 1934], 682). Die weiteren Angaben betreffen dann die Altersstufen von zwanzig bis hundert (dazu heißt es: ‘…wie tot und der Welt entzogen’).

37 Ohne R. Jehošua b. Gamla wäre die Tora in Vergessenheit geraten. ‘Anfangs pflegte nämlich, wer einen Vater hatte, von ihm in der Tora unterrichtet zu werden, und wer keinen Vater hatte, lernte die Tora nicht’, und zwar aufgrund von Dtn 11,19 ‘Ihr sollt sie lehren’. ‘Später aber ordnete man an, in Jerusalem Kinderlehrer anzustellen’, doch erst Jehošua b. dafür, Gamla sorgte, ‘daß man Kinderlehrer in jeder Provinz und in jeder Stadt anstelle, denen man [die Kinder im Alter] von sechs oder sieben Jahren zuführe’ Baba Bathra 21a (Der Babylonische Talmud [Achter Band; Berlin, 1933], 79f.)Google Scholar.

38 Heszer, Kritisch dazu C., Jewish Literacy in Roman Palestine (TSAJ 81; Tübingen: Mohr Siebeck, 2001) 47Google Scholar.

39 Josephus Contra Apionem II, 25 (204).

40 Über Schulen und Schulkinder s. Billerbeck, P., Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch. Band I. Kommentar zum Matthäusevangelium (München: C.H. Beck, 5th ed. 1969) 774Google Scholar. 780f.; ferner Krauss, S., Talmudische Archäologie III (Hildesheim: Olms, 1912) 213–39Google Scholar und vor allem Heszer, Jewish Literacy, 33 sowie 40–63.

41 Vgl. Haufe, G., ‘Das Kind im Neuen Testament’, ThLZ 104 (1979) 625–38Google Scholar.

42 Die Aufforderung steckt in der Aussage ὃς ἂν ϵ῝ν τῶν τοιούτων παιδίων δξηται πὶ τῷ ὀνόματί μου, μ δχϵται.

43 Vgl. Lührmann, D., Das Markusevangelium (HNT 3; Tübingen: Mohr Siebeck, 1987) 166Google Scholar: Den Jüngern ‘wird als Repräsentant Jesu ein Kind gegenübergestellt’, doch die Wendung πὶ τ ὀνόματί μου, die in v. 41 wiederholt wird, ‘zeigt, was gemeint ist: weil es zum Christus gehört, nicht einfach, weil es ein Kind ist’.

44 V. 15 ist wohl eine auf den Evangelisten oder schon auf eine frühere Stufe zurückgehende Erweiterung, wodurch die Kinder in der ursprünglich allein ihnen erzählenden Geschichte zum ‘Modell’ für das Verhalten Erwachsener werden; vgl. Lührmann, Markusevangelium, 172. Yarbro Collins, Ähnlich A., Mark: A Commentary (Hermeneia; Minneapolis: Fortress, 2007) 471, 473Google Scholar.

45 Zur Auslegung s. J.M. Gundry, ‘Children in the Gospel of Mark, with Special Attention to Jesus’ Blessing of the Children (Mark 10.13–16) and the Purpose of Mark', Child (ed. Bunge) 143–76. Ferner Müller, Mitte, 33–80, vor allem 65–79. Zur Diskussion über die formgeschichtliche Zuordnung der Perikope vgl. Eltrop, Bettina, Denn solchen gehört das Himmelreich. Kinder im Matthäusevangelium. Eine feministisch-sozialgeschichtliche Untersuchung (Stuttgart: Kohlhammer, 1996) 186–91Google Scholar.

46 Dass der Leser annehmen soll, Jesus werde davor bewahrt, durch die Kinder gestört zu werden, ist jedenfalls unwahrscheinlich—es war ja nicht unüblich, Kinder etwa durch Rabbinen segnen zu lassen. Yarbro Collins, Mark, 472 meint, dass ‘the logic of the story’ entspreche dem in 2 Kön 4.27 geschilderten Vorgang. ‘In both cases, the attendent(s) of the charismatic figure assume(s) the role of gate keeper, allowing or denying access to him, and presume(s) to know his wishes.’ Damit ist freilich nicht erklärt, warum dieser Topos ausgerechnet und ausschließlich in dieser Erzählung begegnet.

47 Bultmann, R., Geschichte der synoptischen Tradition (FRLANT 29; Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht, 10th ed. 1995) 32CrossRefGoogle Scholar.

48 Vgl. Heckel, U., Der Segen im Neuen Testament. Begriff, Formeln, Gesten. Mit einem praktisch-theologischen Ausblick (WUNT 150; Tübingen: Mohr Siebeck, 2002) 5162Google Scholar.

49 In Logion 22 des Thomasevangeliums, das Jesu Wort aus Mk 10,14b aufnimmt, ist dieser Akzent ganz entfallen.

50 Vgl. βρϕος Lk 1.41,44 (Johannes) und Lk 2.12,16 (Jesus), in Mt 2.8–21 im analogen Zusammenhang stattdessen παιδίον. Lukas wechselt dann die Begrifflichkeit (2.17, 21, 27: Jesus als παιδίον, schließlich als τκνον, 2.48); in Apg 7.19 verwendet Lukas verwendet in der referierenden Wiedergabe von Ex 1.22–2.2 lxx ausdrücklich den Begriff βρϕη. Der von Mk 10.13 abweichende Sprachgebrauch in Lk 18.15 ist also kein Zufall.

51 S. dazu Balla, P., The Child–Parent Relationship in the New Testament and its Environment (WUNT 155; Tübingen: Mohr Siebeck, 2003) 165–78Google Scholar. Vgl. Lührmann, D., ‘Wo man nicht mehr Sklave oder Freier ist. Überlegungen zur Struktur frühchristlicher Gemeinden’, WuD NF 13 (1975) 5383Google Scholar; ders., ‘Neutestamentliche Haustafeln und antike Ökonomie’, NTS 27 (1980/81) 83–97. Eine umfassende Darstellung des Themas bietet Lehmeier, K., Oikos und Oikonomia. Antike Konzepte der Haushaltsführung und der Bau der Gemeinde bei Paulus, (MThS 92; Marburg: Elwert, 2006)Google Scholar.

52 McL. Wilson, R., A Critical and Exegetical Commentary on Colossians and Philemon (ICC; London/New York: T&T Clark, 2005) 281Google Scholar: ‘It would probably be unwise to think of them all as minors’; ‘in an early Christian community several different age-groups might well have been represented, and each of these groups might have reacted in a different way to parental authority.’

53 Sie hören dann auch die an die Väter gerichtete Weisung (3.21). Vgl. Lohse, E., Die Briefe an die Kolosser und an Philemon (KEK IX/2; Göttingen: Vandenhoeck&Ruprecht, 1968) 226fGoogle Scholar.; vgl. Gärtner, M., Die Familienerziehung in der Alten Kirche. Eine Untersuchung über die ersten vier Jahrhunderte des Christentums mit einer Übersetzung und einem Kommentar zu der Schrift des Johannes Chrysostomus über Geltungssucht und Kindererziehung (Kölner Veröffentlichungen zur Religionsgeschichte 7; Köln/Wien: Böhlau, 1985) 36fGoogle Scholar.

54 (Ps-)Plutarch, Kinderzucht, 13: ἀπαυδῶντϵς κπίπτουσι, καὶ ἄλλως βαρυνόμϵνοι ταῖς κακοπαθϵίαις οὐ δχονται τὴν μάθησιν ϵὐηνίως.

55 Vgl. Wolter, M., Der Brief an die Kolosser. Der Brief an Philemon (ÖTK 12; Gütersloh: Gütersloher Verlagsaus; Würzburg: Echter, 1993) 201Google Scholar: Die Väter sollen von ihrer patria potestas ‘einen solchen Gebrauch machen, der ihren Kindern nicht das Selbstvertrauen nimmt’, womit die Väter ‘zu einem rationalen Einsatz ihrer Befugnis angehalten’ würden.

56 So Sellin, G., Der Brief an die Epheser (KEK 8; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008) 458 Anm. 169Google Scholar. Zur textkritischen Diskussion vgl. Metzger, B.M., A Textual Commentary on the Greek New Testament (Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2d ed. 1994) 541fGoogle Scholar.

57 Sellin, Epheserbrief, 460: ‘Gerechtigkeit ist eine grundsätzlichere Tugend als die ϵὐαρστησις (“Wohlgefallen”) … “Gerecht” ist ein Verhalten, das die Gemeinschaft stabilisiert und fördert und—im Falle der Familie—den Frieden des “Hauses” wahrt. Der Gehorsam der Kinder ist dafür notwendig. Die Formulierung aus Kol 3,20 (“wohlgefällig im Herrn”) ist dem Verfasser des Eph offenbar zu schwach.’

58 Mose erinnert an den den Israeliten zuteil gewordenen Schutz. In 1 Kor 10.11 meint νουθϵσία zwar ‘Warnung’, aber dieser Sinn ergibt sich dort aus dem Kontext. Der Begriff νουθϵσία kann vermutlich als ‘Ermahnung’ in einem weiteren Sinne (‘Belehrung’) verstanden werden; bei Plato Pol 399b stehen jedenfalls νουθτησις und διδαχή unmittelbar nebeneinander: Gott werde durch Gebet (ϵὐχῇ) beeinflußt, ein Mensch durch Belehrung und Ermahnung (διδαχῇ καὶ νουθϵτήσϵι).

59 Sellin, Epheserbrief, 462. Die Kritik an der von mir in meiner Dissertation Die Aufhebung der Zeit (1975) vorgetragenen Position ist berechtigt, und insoweit ist meine damalige Position zu modifizieren. Vgl. auch Hübner, H., An Philemon. An die Kolosser. An die Epheser (HNT 12; Tübingen: Mohr Siebeck 1997) 253Google Scholar: ‘Wer sich in die gottgesetzte Familienordnung fügt, dem hat Gott ein langes Leben verheißen.’ Hier melde sich ‘die weisheitliche Überzeugung vom Tun-Ergehens-Zusammenhang, die doch bereits im AT radikal problematisiert wurde’.

60 M. Y. MacDonald, ‘A Place of Belonging: Perspectives on Children from Colossians and Ephesians’, Child (ed. Bunge) 278–304, hier: 300f.: ‘The merging of household and house-church space in the New Testament era created unique opportunities for the evangelization of children’; Eph 6.4 markiert ‘the beginning of considerable interest in the Christian socialization of children’.

61 Lona, H. E., Der erste Clemensbrief (KAV I; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1998) 284Google Scholar; vgl. Lindemann, A., Die Clemensbriefe (HNT 17; Tübingen: Mohr Siebeck, 1992) 80Google Scholar.

62 Gärtner, Familienerziehung, 41 verweist darauf, dass νοι nach der antiken Dreiteilung der Lebensalter Männer bis zum Alter von vierzig Jahren sein können.

63 Tertullian De anima 39.4. Er fügt hinzu: Ceterum, inquit (sc. Paulus), immundi nascerentur (vgl. den Vulgatatext: alioquin filii vestri immundi essent).

64 Der Schüler kann sich leichter als der Lehrer von den ‘Befleckungen’ fernhalten, die vor allem bei Festlichkeiten mit dem Schulwesen verbunden sind (Tertullian De idololatria 10).

65 Vgl. Gemeinhardt, P., Das lateinische Christentum und die antike pagane Bildung (STAC 41; Tübingen: Mohr Siebeck, 2007) 511Google Scholar: ‘Bildung erwarben antike Christen nicht, insofern sie Christen, sondern insofern sie antike Menschen mit einem bestimmten kulturellen Erbe waren.’ Vgl. Chr. Markschies, ‘Lehrer, Schüler, Schule: Zur Bedeutung einer Institution für das antike Christentum’, in Egelhaaf-Gaiser, U./Schäfer, A. (hg.), Religiöse Vereine in der römischen Antike. Untersuchungen zu Organisation, Ritual und Raumordnung (STAC 13; Tübingen: Mohr Siebeck, 2002) 97120Google Scholar, hier: 103: ‘Die meisten Christen besuchten wohl ohne großes Zögern als Schüler den paganen Elementarunterricht.’

66 Origenes Contra Celsum III 55–58. Vgl. Tloka, J., Griechische Christen. Christliche Griechen. Plausibilisierungsstrategien des antiken Christentums bei Origenes und Johannes Chrysostomus (STAC 30; Tübingen: Mohr Siebeck, 2005) 1821Google Scholar zur ‘Problemanzeige: Christentum und παιδϵία’.

67 Vgl. Bauer, W., Das Leben Jesu im Zeitalter der neutestamentlichen Apokryphen (Tübingen: Mohr Siebeck, 1909) 92–4Google Scholar; Aasgaard, R., The Childhood of Jesus: Decoding the Apocryphal Infancy Gospel of Thomas (Eugene, OR: Cascade, 2009)Google Scholar.

68 Barth, G., Die Taufe in frühchristlicher Zeit (Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 2d ed. 2002) 119Google Scholar und andere sehen in Hebr 6.1ff. den Hinweis ‘auf eine der Taufe vorangehende Grundunterweisung’, aber der Bezug der Wendung διδαχὴ βαπτισμῶν auf die (einmalige) Taufe ist keineswegs sicher.

69 Dass es zu Konflikten kommen kann, wenn Angehörige der Familie, nicht aber der pater familias Christen werden, erwähnt Tertullian im Apologeticum (3,4).

70 So Schenke, der Hinweis von L., ‘Zur sogenannten “Oikosformel” im Neuen Testament’, Kairos 13 (1971) 226–43Google Scholar, hier: 243.

71 Vgl. Lehmeier, Oikos und Oikonomia, 338–42.

72 Apg 2.38,41; 8.12f.,16; 10.47f.

73 Vgl. Apg 16.15 (Lydia wird getauft καὶ ὁ οἶκος αὐτῆς). In 16.30–32.erhält der römische Kerkermeister auf seine Frage, was er tun müsse, um gerettet zu werden, die Antwort: πίστϵυσον πὶ τὸν κύριον Ἰησοῦν καὶ σωθήσῃ σὺ καὶ ὁ οἶκός σου. Paulus und seine Begleiter verkündigen dann das Wort des Herrn ihm ‘samt allen in seinem Hause’ (σὺν πᾶσιν τοῖς ν τῇ οἰκίᾳ αὐτοῦ), woraufhin der Kerkermeiser καὶ οἱ αὐτοῦ πάντϵς ‘sogleich’ getauft werden—von einem Bekenntnis ist nicht die Rede. Barth, Taufe, 118 meint, das sei nach der Zielsetzung der Apg auch nicht anders zu erwarten; Lukas wolle Missionserfolge zeigen, und dabei ‘würde die penible Erwähnung eines Taufunterrichts nur stören’. Warum?

74 Vgl. Avemarie, F., Die Tauferzählungen der Apostelgeschichte. Theologie und Geschichte (WUNT 139; Tübingen: Mohr Siebeck, 2002) 83103Google Scholar. Der Hinweis auf einen festen Ablauf: Predigt, Glaube, Taufe trägt insofern wenig aus.

75 Dass Sklaven und auch Vieh zum οἶκος gerechnet werden können, sagt nichts über das hier zur Diskussion stehende Thema: Eine Zwangstaufe von Sklaven ist unwahrscheinlich, auch wenn Sklaven möglicherweise die Taufe erduldeten und sich nicht von sich aus für sie entschieden. Zur Sache vgl. Hofius, O., ‘Glaube und Taufe nach dem Zeugnis des Neuen Testaments’, in ders., Neutestamentliche Studien (WUNT 132; Tübingen: Mohr Siebeck, 2000) 253–75Google Scholar, hier 271: Für die Taufe ist ‘einzig und allein Gottes Heilstat in Jesus Christus’ konstitutiv, nicht der Glaube des Menschen, der getauft wird.

76 Apg 8.36 (τί κωλύϵι κτλ.) bezieht sich nicht auf einen möglicherweise vorhandenen Hinderungsgrund für die Taufe, sondern entspricht einem knappen ‘Why not?’, so Barrett, C. K., The Acts of the Apostles. Vol. I. Preliminary Introduction and Commentary on Acts I–XIV (ICC; Edinburgh: T&T Clark, 1994) 432Google Scholar; anders Avemarie, Tauferzählungen, 66.

77 Vgl. dazu Windisch, H., ‘Zum Problem der Kindertaufe im Urchristentum’, ZNW 28 (1929) 118–42CrossRefGoogle Scholar; Oepke, A., ‘Urchristentum und Kindertaufe’, ZNW 29 (1930) 81111CrossRefGoogle Scholar., sowie in den 1960er Jahren die Debatte zwischen J. Jeremias und K. Aland.

78 Vgl. Gärtner, Familienerziehung, 73–9 und Finsterbusch, ‘Kollektive Identität’, 111–16.

79 Heckel, U., Der Segen im Neuen Testament. Begriff, Formeln, Gesten. Mit einem praktisch-theologischen Ausblick (WUNT 150; Tübingen: Mohr Siebeck, 2002) 63Google Scholar folgert, dass ‘das Kinderevangelium nicht die Funktion einer Taufätiologie haben’ könne. Das μὴ κωλύϵτϵ habe nichts mit ‘einem (Tauf-)Hindernis’ zu tun, sondern hier werde ‘ein Abwehrverbot ausgesprochen’. Mit der Handauflegung als Segensgeste wolle Jesus ‘nicht nur den Jüngern zeichenhaft demonstrieren, dass die Kinder zum Reich Gottes dazugehören’ (ibd 328). Aber warum wollten ‘die Jünger’ die Begegnung der Kinder mit Jesus ‘abwehren’, wenn es, wie Heckel meint, nicht um die Taufe als Zeichen ihrer Zugehörigkeit zum Reich Gottes ging?

80 Vgl. G. Klein, ‘Bibelarbeit über Markus 10,13–16’, Die Kinder im Evangelium (hg. G. Krause; PSA 10; 1973) 12–30, hier: 24: Die Jünger erscheinen in V. 13b als ‘die Amtsträger, die über die Zulassung der Menschen zu Jesus verfügen’.

81 Gnilka, Anders J., Das Evangelium nach Markus. 2. Teilband. Mk 8,27–16,20 (EKK II/2; Zürich: Benziger; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1979) 81fGoogle Scholar.: Das Verhältnis zu Kindern sei ‘kein aktuelles Gemeindeproblem’ gewesen, und das Problem Kindertaufe sei ‘für diese frühe Zeit nicht zu erwarten’. Gnilka führt das Wort in v. 14 und die Szene als ganze auf Jesus selbst zurück. Yarbro Collins, Mark, 473 betont, dass ‘this blessing is to be understood in the strong sense, as conveying some concrete benefit to the children.’ Aber was genau wäre damit auf der Ebene der erzählenden Gemeinde gemeint?

82 Vgl. Müller, Mitte, 353–6.

83 Bakke, When Children Became People, 229.

84 Klauck, Hausgemeinde, 55; ähnlich Barth, Taufe, 134f. Etwas unglücklich ist es freilich, wenn Barth unter Verweis auf die ‘Vikariatstaufe’ knapp feststellt: ‘Nicht alles, was in der Frühzeit praktiziert wurde, kann bloß seines Alters wegen schon als normativ gelten.’ In 1 Kor 15.29 geht es um eine sehr spezielle magische Praxis, die von Paulus jedenfalls nicht gelobt wird, mit der Kindertaufe dagegen wird zum Ausdruck gebracht, dass auch Kinder zu Jesus ‘kommen’ dürfen.

85 Gegen Wright, Infant Baptism, 1–54.

86 Tertullian De Baptismo 18.1: ceterum baptismum non temere credendum esse, sciunt quorum officium est. In Bapt 18.2, 3 wendet Tertullian viel Argumentationskraft auf, um die so rasch erfolgte Taufe des äthiopischen Eunuchen und des Paulus plausibel zu machen.

87 Vgl. Heckel, Segen, 64: Tertullian ‘zitiert dieses Jesuswort nur widerwillig als Einwand, den seine Kontrahenten gegen das Hinauszögern der Kindertaufe angeführt haben’.

88 Tert De Bapt 18.5: Veniant ergo dum adolescunt, dum discunt, dum quo ueniant docentur, fiant Christiani cum Christum nosse potuerint!

89 Tert De Bapt 18.6.

90 So m.R. Jeremias, J., Nochmals: Die Anfänge der Kindertaufe … (TEH NF 101; München: Chr. Kaiser, 1962) 55Google Scholar.

91 Selbst wo sie als ‘Bad der Wiedergeburt’ gedeutet wird, ist offenbar nicht vorausgesetzt, dass die ‘Wiedergeburt’ erst in einem höheren Lebensalter möglich ist (vgl. Tit 3.5; 1 Petr 1.3, 23). Aus der Formulierung in Joh 3,4 (… γρων ὤν) ist nichts für das Taufalter abzuleiten, selbst wenn mit dem ‘Geboren werden ἄνωθϵν’ die Taufe gemeint sein sollte.

92 Gärtner, Familienerziehung, 67, 68.

93 Cyprian ep 64; vgl. dazu Wiedemann, Adults and Children, 101f. Aland, K., Taufe und Kindertaufe. 40 Sätze … (Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus, 1971) 28fGoogle Scholar. nennt ‘sämtliche patristischen Zeugnisse für den Brauch der Kindertaufe in der Frühzeit’ und stellt fest, dass ihre Zahl gering ist. Aber in der Zeit vor Tertullian wird die Einführung der Kindertaufe niemals thematisiert, und eine Debatte über das Taufalter gibt es gar nicht.

94 Bakke, When Children Became People, 247 unter Hinweis auf die Nähe von Abendmahl und Passa. Vgl. Grethlein, Chr., ‘Abendmahl—mit Kindern?! Praktisch-theologische Überlegungen’, ZThK 106 (2009) 345–70Google Scholar, vor allem 350–5.

95 Die schwedische Schriftstellerin Ellen Key veröffentlichte 1900 ein Buch mit diesem Titel (‘Barnets århundrade’), das sehr bald in viele Sprachen übersetzt wurde.