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Die Sendschreiben der Offenbarung des Johannes: Literarische Gestaltung – Buchkompositorische Funktion – Textpragmatik

Published online by Cambridge University Press:  03 December 2014

Martin Stowasser*
Affiliation:
Institut für Bibelwissenschaft – Fachbereich Neues Testament, Kath.-Theol. Fakultät der Universität Wien, A – 1010 Wien, Schenkenstraße 8–10, Austria. email: martin.stowasser@univie.ac.at
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Abstract

The Letters to the Seven Churches in the Book of Revelation follow a fixed sevenfold literary pattern. The single form elements are developed in view of the special situation of each of the seven churches but, at the same time, aim to create linkages with the main body of the book. In addition, referencing between form elements within one and the same letter often help to construe ambiguous metaphors. While the seven letters all together build a unit, this unit falls into two groups: the letter to Thyatira closes the first section, the letter to Laodicea closes the second one, with the letter to Sardis serving as a hinge between the two groups. The literary and the text-pragmatic purpose of the seven letters are well combined. In the second group, the linkages serving as a connection with the rest of the book make an increasing use of motives that describe the final victory at the end of the Book of Revelation. In this way, the author tries to focus the reader's attention on this eagerly awaited future.

German Abstract: Die sieben Sendschreiben der Offenbarung des Johannes sind nach einem literarischen Schema gestaltet, dessen Formelemente inhaltlich auf die jeweilige Gemeindesituation hin entfaltet werden, zugleich aber buchkompositorisch geschickt mit dem restlichen Buch vernetzen. Darüber hinaus bestehen öfter Bezüge einzelner Formelemente innerhalb eines Schreibens, die helfen, die oft mehrdeutigen Bilder inhaltlich zu erschließen. Die sieben Sendschreiben bilden intern zwei Gruppen, was den Schreiben nach Thyatira und Laodicea eine Schlussstellung und dem nach Sardes eine Scharnierfunktion zuweist. Literarisches und textpragmatisches Ziel werden dabei gekonnt verbunden, indem für die buchkompositorischen Vernetzungen in der zweiten Gruppe zunehmend Motive aus dem vom Sieg geprägten Schlussteil der Offenbarung Verwendung finden, wodurch der Blick konsequent auf diese ersehnte Zukunft hin ausgerichtet wird.

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Articles
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Copyright © Cambridge University Press 2015 

Die Sendschreiben der Offenbarung des Johannes (Offb 2–3) sind nach einem feststehenden fünfteiligen Schema gestaltet.Footnote 1 Sie werden mit einem Schreibbefehl eröffnet, und der Gemeindeengel als Adressat genannt (Τῷ ἀγγέλῳ τῆς ἐν … ἐκκλησίας γράψον). In der anschließenden Botenformel stellt sich Christus als Absender vor, wobei unterschiedlichste Prädikationen seiner näheren Charakterisierung dienen (Τάδε λέγει ὁ …). Die Analyse der Situation der Gemeinden, verbunden mit Lob und Tadel, erfolgt im umfangreichen Botenspruch, der stets mit οἶδα eingeleitet wird. Den Abschluss bilden ein durchgehend gleich formulierter Weckruf, der sich an alle Gemeinden wendet (Ὁ ἔχων οὖς ἀκουσάτω τί τὸ πνεῦμα λέγει ταῖς ἐκκλησίαις), sowie der Überwinderspruch, mit dem Heil und Belohnung für die angemahnte Glaubenstreue in der spezifischen Gemeindesituation zugesprochen werden (Τῷ νικῶντι/Ὁ νικῶν …).

Die konkrete Ausgestaltung dieser Briefelemente kombiniert übergeordnete literarische Intentionen mit höchst aktuellen Botschaften an die sieben Gemeinden. Der Verfasser verfolgt also eine Doppelstrategie, die er äußerst gekonnt umsetzt. Die Einzelteile des streng durchgehaltenen Formschemas werden (bis auf den Weckruf) sehr gezielt mit je eigenen Inhalten gefüllt. Der Verfasser steht dabei in lebendigem Austausch mit den Christen bzw. unterschiedlichen Gruppen von ihnen in den ausgewählten Städten und sucht seinen Einfluss auf sie geltend zu machen. Zugleich verfolgt die Ausgestaltung der Formelemente literarische wie buchkompositorische Ziele. Die Sendschreiben werden mit den Buchteilen davor und danach systematisch verknüpft, aber auch innerhalb der Schreiben wird durch Bezüge einzelner Formelemente aufeinander eine große Geschlossenheit erreicht. Diese formale Stringenz erweist sich besonders dann als hilfreich, wenn Bilder und Motive in den Sendschreiben aufgrund ihrer Offenheit schwierig zu interpretieren sind, das strukturbildende System es jedoch erleichtert, sie zu deuten.

Die Sendschreiben und ihre Einzelelemente sind also nach erkennbaren Prinzipien konzipiert. Der formale Gestaltungswille ist dabei als streng, aber nicht starr einzustufen, da Johannes sich mehrfach dann als flexibel erweist, wenn seine textpragmatische Intention es verlangt. Das tritt nicht zuletzt bei seiner Absicht zutage, die sieben Schreiben intern in zwei Gruppen aufzuteilen. Im Folgenden soll zunächst die systematische Vorgehensweise des Verfassers präzise dargelegt werden. Dann ist aber auch zu zeigen, wo seine literarische Technik Hilfestellungen dafür bietet, verwendete Bilder bzw. Motive zu entschlüsseln, und wo der Primat der Textpragmatik zur Variation seines schematisierten Vorgehens in den Sendschreiben führt.

1. Die Botenformel

Für die Selbstvorstellung des Christus in den Botenformeln der ersten vier Sendschreiben bildet die Vision des Menschensohnähnlichen (1.12–20) sehr präzise den Anknüpfungspunkt:Footnote 2

2.1 = 1.12, 16, 20 ([ἔχων] ἐν τῇ δεξιᾷ χειρὶ αὐτοῦ ἀστέρας – ἑπτὰ λυχνίας χρυσᾶς … ἐν μέσῳ τῶν λυχνιῶν) // 2.8 = 1.17–18 (ὁ πρῶτος καὶ ὁ ἔσχατος – ἐγενόμην νεκρὸς καὶ ἰδοὺ ζῶν) // 2.12 = 1.16 (ῥομϕαία δίστομος ὀξεῖα) // 2.18 = 1.14–15 (οἱ ὀϕθαλμοὶ αὐτοῦ ὡς ϕλὸξ πυρὸς … οἱ πὸδες αὐτοῦ ὅμοιοι χαλκολιβάνῳ).

Dabei fällt auf, dass mit dem fünften Sendschreiben nach Sardes (3.1 ὁ ἔχων τὰ ἑπτὰ πνεύματα τοῦ θεοῦ καὶ τοὺς ἑπτὰ ἀστέρας) eine Veränderung eintritt. Den Referenztext für die Botenformel bildet nicht mehr bloß die Vision des Menschensohnähnlichen (ἀστέρας ἑπτά), sondern Johannes beginnt Vernetzungen mit dem apokalyptischen Visionsteil zu schaffen, der auf die Sendschreiben folgtFootnote 3 – mögen diese (zumindest teilweise) auch schwerer eindeutig zu identifizieren sein als die klaren Verknüpfungen der ersten vier Botenformeln. In jener des Schreibens nach Sardes besitzt der Christus neben den sieben Sternen auch die sieben Geister Gottes. Diese ἑπτὰ πνεύματα werden bereits im Präskript zwischen Gott und Christus genannt (1.4) und gehören zur Trias der Absender der Sendschreiben. Sie sind dort allerdings theozentrisch verstanden, denn ihre Mittelstellung soll sie nicht Christus vor- oder überordnen, sondern an Gott als dessen dienende Geister heranrücken. Daher legt sich für 3.1 eher 5.6 als Referenzpunkt nahe, da τὰ [ἑπτὰ]Footnote 4 πνεύματα τοῦ θεοῦ auch dort mit einem Christusbezug versehen ist. Die sieben Geister stehen dem Lamm als dessen Dienstengel zur Verfügung. Die sieben Sterne hingegen greifen 1.16 auf, was die Bezüge zum Menschensohnähnlichen fortsetzt. Die Botenformel von Sardes bietet also ein Mischsystem an Referenzpunkten und beendet den einlinigen Bezug zur Anfangsvision des Menschensohnähnlichen, wie er die Botenformeln davor prägt.

Diese Neuorientierung setzt sich im Sendschreiben nach Philadelphia fort. In 3.7 (ὁ ἅγιος, ὁ ἀληθινός, ὁ ἔχων τὴν κλεῖν Δαυίδ, ὁ ἀνοίγων καὶ οὐδεὶς κλείσει καὶ κλείων καὶ οὐδεὶς ἀνοίγει) verweist der Verfasser mit den ersten beiden Epitheta Christi auf 6.10 (ὁ ἅγιος καὶ ἀληθινός). Ein absolutes und mit Artikel versehenes ὁ ἀληθινός findet sich in der Offenbarung lediglich in 3.7, die Kombination (wenn auch ohne Artikel) mit ὁ ἅγιος eben nur noch in 6.10.Footnote 5 Das Motiv des Schlüssels Davids (ὁ ἔχων τὴν κλεῖν Δαυίδ), das auf Jes 22.22 abhebt, eröffnet mehrere Möglichkeiten einer Bezugnahme. Es könnte auf 1.18 verweisen,Footnote 6 allerdings sind dort die Schlüssel zur Unterwelt gemeint, in 20.1 jene des großen Abgrundes. So legt es sich nahe, weniger die Schlüssel im Vordergrund zu sehen,Footnote 7 sondern mit dem Hinweis auf „David“ eine ebenfalls christologische PerspektiveFootnote 8 zu vermuten, wie sie auch beim Systemwechsel davor in 3.1 leitend ist. Deshalb bietet sich erneut an, die Vision des Lammes, das in 5.5 als ἡ ῥίζα Δαυίδ (vgl. 22.16)Footnote 9 bezeichnet wird, anvisiert zu sehen.

Die letzte Botenformel nach Laodicea (3.14) bietet die umfassendste Aneinanderreihung an Christusepitheta von allen sieben: ὁ ἀμήν, ὁ μάρτυς, ὁ πιστὸς καὶ ἀληθινός, ἡ ἀρχὴ τῆς κτίσεως τοῦ θεοῦ. Diese Fülle entspricht der Schlussstellung des Sendschreibens und soll so die Macht und Bedeutung Christi zusammenfassend unterstreichen. Die gewählten Würdebezeichnungen verdanken sich aber auch hier nicht dem bloßen Zufall noch sind sie als repetitiv einzustufen, sondern folgen vielmehr weiterhin dem Grundschema der Botenformeln, was es erleichtert, ihre Referenzpunkte zu erkennen.

Mit ὁ μάρτυς greift der Verfasser auf die stark entfalteten Christusaussagen des PräskriptesFootnote 10 (1.4–8), näherhin 1.5, zurück. Mit dieser Erweiterung wird 1.4–20 zum Bezugspunkt der Sendschreiben, der damit noch stärker in Richtung Anfang des Buches rückt. Ebenso jedoch ist die Botenformel durch ὁ πιστὸς καὶ ἀληθινός erneut mit dem apokalyptischen Hauptteil, diesmal 19.11 (ὁ πιστὸς καὶ ἀληθινός), vernetzt. Absolutes ὁ πιστός steht neben einem absoluten ὁ μάρτυς zwar auch schon in 1.5 und wird zumeist als Referenzpunkt aufgefasst,Footnote 11 doch macht der Aspekt der Kombination 19.11 wahrscheinlicher. Wie Johannes in 3.7 ὁ ἅγιος ὁ ἀληθινός kombiniert und mit der Erweiterung um ἀληθινός auf die idente Zusammenstellung beider Begriffe in 6.10 (ὁ ἅγιος καὶ ἀληθινός) abzielt, verfährt er auch in 3.14. Seine kombinierende Vorgehensweise in 3.7 lässt jedenfalls dieselbe auch in 3.14 plausibel erscheinen und somit 19.11 als Referenzpunkt wahrscheinlicher sein als 1.5 mit seinem absoluten ὁ πιστός.

Die beiden anderen Würdebezeichnungen der Botenformel nach Laodicea bleiben sowohl inhaltlich als auch nach ihrem Verweischarakter schwieriger zu bestimmen.

Das ὁ ἀμήν ist als Christustitel ein neutestamentliches Hapax und findet sich in titularer Verwendung überhaupt nur Jes 65.16 für Gott selbst.Footnote 12 Wie beim Bezug von Offb 3.7 auf 6.10 könnte erneut ein Gottesepitheton für Christus aufgegriffen sein, das inhaltlich den Aspekt der Wahrhaftigkeit herausstellt, der auch zwei andere Ausdrücke in 3.14 (ὁ μάρτυς, ὁ πιστὸς καὶ ἀληθινός) zusammenschließt. Mit ὁ ἀμήν wäre dann also eine sprachliche Variation intendiert, welche freilich einen Referenzpunkt im restlichen Buch vermissen ließe. Das schematisierte Vorgehen des Verfassers in den Botenformeln lässt jedoch eher einen Bezugstext im Schlussteil der Offenbarung des Johannes vermuten. Dazu bietet sich Offb 21.1 an, wo die Vision eines neuen Himmels und einer neuen Erde die Heilszeit anbrechen lässt. Exakt dazu leitet Jes 65.16a, das mit אָמֵן (Sym: ἀμήν) endet, über: ἔσται γὰρ ὁ οὐρανὸς καινὸς καὶ ἡ γῆ καινή (Jes 65.17 LXX).

Jes 65.16b/17b umschließen die Ansage der kosmischen Erneuerung rahmend. Danach wendet sich der Blick Jerusalem zu, das bejubelt wird (ποιῶ Ιερουσαλὴμ ἀγαλλίαμα, Jes 65.18 LXX), Weinen und Klagegeschrei (ϕωνὴ κλαυθμοῦ οὐδὲ ϕωνὴ κραυγῆς, Jes 65.19 LXX) wird man hingegen nicht mehr hören. Diese Elemente prägen auch die Weiterentwicklung des Heilsszenarios in Offb 21.1–4: Der Seher erblickt ein neues und heiliges Jerusalem (τὴν πὸλιν τὴν ἁγίαν Ἰερουσαλὴμ καινήν, 21.2), die bisherigen Unbilden des Lebens werden nicht mehr sein (ὁ θάνατος οὐκ ἔσται ἔτι οὔτε πένθος οὔτε κραυγὴ οὔτε πόνος, 21.4). Neben ὁ οὐρανὸς καινὸς καὶ ἡ γῆ καινή sind also Grundlinien des Jesajatextes sowie mit Ιερουσαλήμ und κραυγή auch weitere Stichworte in Offb 21.1–4 aufgenommen. Dass im Jesajabuch unmittelbar davor vom „neuen Namen“ (ὄνομα καινόν (Jes 65.15 LXX – vgl. Offb 3.12)) die Rede ist, mag Zufall sein.Footnote 13

Für ἡ ἀρχὴ τῆς κτίσεως τοῦ θεοῦ sticht zunächst ebenfalls kein eindeutiger Bezug ins Auge, wie er die ersten Botenformeln prägt, doch kann auch hier die literarische Technik weiterhelfen. Im vom Heil dominierten Schlussteil des Buches bezeichnen sich Gott (Offb 21.6) wie Christus (22.13) als ἡ ἀρχὴ καὶ τὸ τέλος, was mehr eine kosmologische denn eine zeitliche Dimension besitzt.Footnote 14 Ähnlich wie in 3.14 mit seinem Bezug zu 19.11 wäre in diesem Fall erneut eine Vernetzung mit dem Schlussteil der Offb, näherhin den Schlussworten des Christus (22.13), vorgenommen: ἐγὼ τὸ ἄλϕα καὶ τὸ ὦ, ὁ πρῶτος καὶ ὁ ἔσχατος, ἡ ἀρχὴ καὶ τὸ τέλος (Offb 22.13).Footnote 15

Das Referenzsystem der Botenformeln kann also als systematisch konzipiert bezeichnet werden. Nach dem stringenten Bezug der ersten vier Sendschreiben auf die Vision des Menschensohnähnlichen wird mit dem fünften Sendschreiben (nach Sardes) der Radius erweitert und die Blickrichtung verändert. Abgesehen von ὁ μάρτυς, das in 3.14 (Laodicea) auf 1.5 zurückgreift und sich dem zusammenfassenden und in dem Sinn klimaktischen Charakter der letzten Botenformel verdankt, werden die letzten drei Sendschreiben mit den großen Abschnitten des apokalyptischen Hauptteils vernetzt. 3.1 (Sardes) verweist auf die Vision vom Lamm (5.6), 3.7 (Philadelphia) ruft mit der fünften Posaune den Plagenzyklus (6.10) und zugleich die Schlussvision des Endheils (22.16) auf, dann verknüpft 3.14 (Laodicea) erneut mit dem Höhepunkt der Heilsvision und dem Abschluss des Buches (22.13). Die Christusepitheta der Botenformel erzeugen also ein Netz, das die großen Einzelteile des Buches zusammenspannt. Die Auswahl der Bezüge verfolgt dieses buchkompositorische Ziel und gibt deshalb mit dem Schreiben nach Sardes die einlinige Anbindung an die (erweiterte) Vision des Menschensohnähnlichen am Beginn des Buches auf. Damit deutet sich eine Einteilung der Sendschreiben in zwei Gruppen hier erstmals an.

2. Der Überwinderspruch

Die Überwindersprüche, die den verheißenen Heilshorizont motivierend aufleuchten lassen, sind ebenfalls nach einem übergeordneten Konzept gestaltet, das mit seiner Vernetzungstechnik jenem der Botenformeln ähnelt. Die einzelnen Bezüge werden fast durchwegs und großteils deutlich mittels Stichworten geschaffen.

Der „Baum des Lebens“ (ἐκ τοῦ ξύλου τῆς ζωῆς, 2.7) kehrt in 22.2, 14, 19 ebenso wieder wie „der zweite Tod“ (ἐκ τοῦ θανάτου τοῦ δευτέρου, 2.11) in 20.6 und „der Name, den niemand kennt, außer sein Träger“ (ὄνομα καινὸν γεγραμμένον ὃ οὐδεὶς οἶδεν εἰ μὴ ὁ λαμβάνων, 2.17) in 19.12. Aus 2.26–7 (ποιμανεῖ αὐτοὺς ἐν ῥάβδῳ σιδηρᾷ … δώσω αὐτῷ τὸν ἀστέρα τὸν πρωϊνόν) begegnet „der Morgenstern“ nochmals in 22.16, das „Weiden mit eisernem Zepter“ greift hingegen nicht nur 19.15 auf, sondern zusätzlich 12.5. Wie bei der Botenformel verändert bzw. erweitert sich also der Bezugsrahmen erneut nach einigen Sendschreiben und die folgenden Überwindersprüche setzen das so fort.Footnote 16 Das Schreiben nach Sardes verweist mit dem „Buch des Lebens“ (ἐκ τῆς βίβλου τῆς ζωῆς, 3.5) deutlich auf den Schlussteil des Buches (20.12, 15; 21.27), jedoch ist mit dem Verwenden des Bildes in 13.8 sowie 17.8 die einlinige Bezugnahme zur abschließenden Heilsvision am Ende der Offenbarung ebenfalls aufgegeben. Mit der mehrgliedrigen Namensreihe aus 3.12 (τὸ ὄνομα τοῦ θεοῦ μου καὶ τὸ ὄνομα τῆς πόλεως τοῦ θεοῦ μου, τῆς καινῆς Ἰερουσαλὴμ ἡ καταβαίνουσα ἐκ τοῦ οὐρανοῦ ἀπὸ τοῦ θεοῦ μου, καὶ τὸ ὄνομά μου τὸ καινόν) verfährt der Verfasser ganz ähnlich. „Die neue Stadt Jerusalem, die herabsteigt“, kehrt als zentrales Bild der anbrechenden Heilszeit in 21.2 wieder, hingegen stößt man auf die Kombination vom „(neuen) Namen Christi und Namen seines Gottes“ – zumindest sinngemäß – im proleptischen Mittelteil,Footnote 17 nämlich 14.1, wieder (τὸ ὄνομα αὐτοῦ [= des Lammes] καὶ τὸ ὄνομα τοῦ πατρὸς αὐτοῦ γεγραμμένον ἐπὶ τῶν μετώπων αὐτῶν). Das Bild von Gott und dem Lamm, die auf ihren Thronen sitzen, das 3.21 vor Augen stellt (Ὁ νικῶν δώσω αὐτῷ καθίσαι μετ᾿ ἐμοῦ ἐν τῷ θρόνῳ μου, ὡς κἀγὼ ἐνίκησα καὶ ἐκάθισα μετὰ τοῦ πατρός μου ἐν τῷ θρόνῳ αὐτοῦ), ist als Ausdruck des endgültigen Siegeszustandes für das Buchende reserviert (ὁ θρ?νος τοῦ θεοῦ καὶ τοῦ ἀρνίου, 22.3), auch wenn das Lamm davor in größtmöglicher Nähe dessen zu stehen (!) kommt, der auf dem Throne sitzt (vgl. 5.6, 13; 7.10, 15, 17).Footnote 18 Die einlinige Anbindung des letzten Überwinderspruches an das Schlussbild des göttlichen Triumphes entspricht damit dem klimaktischen Charakter, den die Botenformel des Sendschreibens nach Laodicea bereits erkennen ließ.

Durch die verheißenen Siegesgaben werden die Überwindersprüche besonders mit dem Abschlussteil der Offenbarung (Offb 19–22) in inhaltlichen Zusammenhang gebracht, wo Gottes (und des Lammes) Triumph sichtbar werden. Die Erweiterung dieses Referenzsystems besonders auf den proleptischen Mittelteil in Kapitel 12–15,Footnote 19 die das gesamte Endzeitdrama im Kleinen darstellen, ehe der abschließende dritte Plagenzyklus mit den sieben Schalen anhebt, zieht die siegreiche Perspektive verstärkt und motivierend in die Gegenwart der Lesenden hinein, spannt aber auch kompositionstechnisch ein dichteres Netz über das Buch. Die Erweiterung des Bezugssystems, das mit dem Schreiben nach Thyatira einsetzt und dem klimaktischen Zweck entsprechend in jenem nach Laodicea wieder auf das Schlussbild 22.1–5 enggeführt wird, deutet erneut eine Unterteilung der sieben Sendschreiben in zwei Gruppen an. Ebenso ähnelt der Befund jenem bei den Botenformeln darin, dass die Bezüge, die den apokalyptischen Visionsteil und die Überwindersprüche verbinden, bei den letzten Sendschreiben (sprachlich) undeutlicher und daher schwerer zu bestimmen sind.

Anders allerdings als bei der Botenformel schafft der Verfasser beim Überwinderspruch zusätzlich durchgehende Bezugnahmen auf den Botenspruch,Footnote 20 der die aktuelle Situation der sieben angeschriebenen Gemeinden behandelt. Es bestehen Zusammenhänge auf der Wortebene wie auch bloß thematische. Ephesus und Pergamon verbindet das Problem der Nikolaiten, wobei 2.14 zeigt, dass sich „Essen“ (ϕαγεῖν εἰδωλόθυτα)Footnote 21 als Teil jenes Problems erweist, das Johannes als Anbiederung an die Gesellschaft und Glaubensabfall bewertet. In beiden Überwindersprüchen findet sich ein Motiv, das mit Speise zu tun hat. Jene „Sieger“, die der Versuchung widerstehen, Götzenopferfleisch zu verspeisen, werden dafür vom Baum des Lebens essen dürfen (ϕαγεῖν ἐκ τοῦ ξύλου τῆς ζωῆς, 2.7) bzw. das verborgene Manna wird ihre Speise sein (τῷ νικῶντι δώσω αὐτῷ τοῦ μάννα τοῦ κεκρυμμένου, 2.17).Footnote 22 In Smyrna verschärft sich die Spannung zur Polis und manchen droht der Tod (γίνου πιστὸς ἄχρι θανάτου, 2.10).Footnote 23 Es gilt dennoch treu zu bleiben, will man nicht der endgültigen Vernichtung, dem zweiten Tod (ὁ νικῶν οὐ μὴ ἀδικηθῇ ἐκ τοῦ θανάτου τοῦ δευτέρου, 2.11) anheimfallen. Ziel ist es, dem möglichen Märtyrertod nicht auszuweichen, da den zweiten Tod nicht zu fürchten braucht (vgl. 20.5b, 6), wer an der ersten Auferstehung teilhat. Die Verbindung zwischen Botenspruch und Überwinderspruch erfolgt also über das Stichwort „Tod“, allerdings beinhaltet sie eine semantische Verschiebung. Noch engere wörtliche Zusammenhänge schafft Johannes in den Sendschreiben nach Sardes und Philadelphia. In Sardes tragen viele den Namen, der eigentlich Leben bedeutet, zu Unrecht (ὄνομα ἔχεις ὅτι ζῇς, καὶ νεκρὸς εἶ, 3.1b), aber wer umkehrt, dessen Name wird nicht aus dem Buch des Lebens getilgt werden (οὐ μὴ ἐξαλείψω τὸ ὄνομα αὐτοῦ ἐκ τῆς βίβλου τῆς ζωῆς, 3.5b).Footnote 24 Das in der Taufe geschenkte Leben, das man wie einen Namen trägt, ist beinahe erstorben (στήρισον τὰ λοιπὰ ἃ ἔμελλον ἀποθανεῖν, 3.2b); es muss sich jedoch in Glaubenstreue wie Glaubenspraxis bewähren, soll der Name nicht aus jenem Buch getilgt werden, in dem die Namen deren eingetragen sind, die für das Leben in Herrlichkeit bestimmt sind (vgl. Dan 12.1; Mal 3.16). Nur wenige hingegen geben in Sardes ein gutes Beispiel und haben ihre Kleider nicht befleckt (ἃ οὐκ ἐμόλυναν τὰ ἱμάτια αὐτῶν, 3.4), d. h., sie haben den Bedrängnissen durch die Polis und dem „System Rom“ Stand gehalten. Sie und diejenigen, die ihnen nacheifern, werden mit den weißen Kleidern des Heiles bekleidet werden (περιβαλεῖται ἐν ἱματίοις λευκοῖς, 3.5a). Selbst in Philadelphia, wo es nichts zu tadeln gibt, sondern man den Namen (Christi) nicht verleugnet hat (οὐκ ἠρνήσω τὸ ὄνομά μου, 3.8), greift der Überwinderspruch dreifach das Stichwort des Namens auf und verheißt ihn als Heilsgabe (γράψω ἐπ᾿ αὐτὸν τὸ ὄνομα τοῦ θεοῦ μου καὶ τὸ ὄνομα τῆς πόλεως τοῦ θεοῦ μου … καὶ τὸ ὄνομά μου τὸ καινόν, 3.12).

Die Abstimmung zwischen Botenspruch und Bildwelt des zugehörigen Überwinderspruches orientiert sich durchgehend an der aktuellen Situation und an einzelnen Konfliktherden der Gemeinden. Dieser offenkundig systematische Zusammenhang erleichtert es, die inhaltliche Dimension auch bei Bildelementen in einzelnen Überwindersprüchen zu erhellen, die für sich betrachtet nur schwer zu deuten sind, wie dies z. B. in 3.12a und 2.17c der Fall ist.

In 3.12a wird den Glaubenstreuen in Aussicht gestellt, dass sie gleich einer Säule im Tempel Gottes sein werden, der dann ganz sicher nicht mehr verlassen werden muss (ποιήσω αὐτὸν στῦλον ἐν τῷ ναῷ τοῦ θεοῦ μου καὶ ἔξω οὐ μὴ ἐξέλθη ἔτι). Damit wird der Hinweis auf die durch Christus bereits für immer „geöffnete Tür“ (V. 8a) vom Anfang des Botenspruches aufgegriffen.Footnote 25 „Geöffnete Tür“, „Säule“, „hinausgehen“ verweisen auf Räumliches. Eine Säule impliziert Unverrückbarkeit, die auffällige Zusicherung, den Tempel ganz sicher nicht mehr verlassen zu müssen (οὐ μὴ), unterstreicht diesen Gedanken durch ein zweites, eigentlich in Spannung zur Säule stehendes räumliches Bild. Zweifach wird ausgedrückt, dass man bleiben darf. Die beiden Bilder sind gezielt als Gegensatz zum Ausschluss aus der Synagoge zu verstehen,Footnote 26 die freilich als „Synagoge Satans“ (3.9) am Ende wird anerkennen müssen, dass Christus die Gemeinde (und nicht die Synagoge) „geliebt hat“ (3.9). Man wurde vor die Tür gesetzt, wird aber unverrückbar (wie eine Säule) zur eschatologischen Heilsgemeinde gehören.Footnote 27 Die Tür dazu ist durch das Lamm geöffnet worden, welches Gott sein endzeitliches Volk bereits erworben hat (5.9). Das Bild ist also, wie in den Überwindersprüchen üblich, situationsbedingt gewählt,Footnote 28 und die Technik des Verfassers, Bezüge zwischen diesem und dem Botenspruch herzustellen, ermöglicht seine Entschlüsselung. Aufgrund des aktuellen Hintergrundes steht das Bild von der „Säule im Tempel“ auch nicht in Gegensatz zum Neuen Jerusalem, das keinen Tempel kennen wirdFootnote 29 bzw. dessen Tempel Gott und das Lamm sein werden (Offb 21.22).Footnote 30

Das systematische Vorgehen des Verfassers weist auch in 2.17c die Richtung, um die Bildwelt inhaltlich zu konkretisieren. Dort wird zusätzlich zum „verborgenen Manna“, das – wie oben dargelegt – dem Essen von „Götzenopferfleisch“ entgegengesetzt ist, ein „weißer Stein“ (ψῆϕος λευκή) verheißen, beschriftet mit einem „neuen Namen“ (ὄνομα καινόν), welcher jedoch ausschließlich seinem Träger bekannt ist. Die Treue angesichts des Martyriums (κρατεῖς τὸ ὄνομά μου, V. 13), die trotz der anhaltenden Dominanz des Thrones Satans in 2.13 gelobt wird, legt es aufgrund der sonst üblichen Bezugstechnik nahe, beim weißen, mit dem Namen seines Trägers versehenen Stein an einen Triumph für Glaubenstreue zu denken.Footnote 31 Sein Weiß signalisiert jedenfalls die Zugehörigkeit zu jenen, die ihre Gewänder im Blut des Lammes weiß gewaschen haben (vgl. 6.11; 7.13–14.), aber auch einen engen Bezug zum siegreichen Christus, der auf weißem Ross mit weißgewandeter Streitmacht Gericht hält und einen Namen trägt, den keiner kennt, außer er selbst (vgl. 19.11–14). Von den zahlreichen Deutungsvorschlägen für den antiken Vorstellungshintergrund zum SteinFootnote 32 fügt sich jener von ZahnFootnote 33 am besten in das vom Verfasser geschaffene Bild. Es handelt sich um eine Anspielung auf Marmortäfelchen, die den Siegern im Wettkampf gegeben wurden und deren eingravierte Namen trugen.

Vor dem Hintergrund dieser gezielten Abstimmung von Motiven der Überwindersprüche auf den zugehörigen Botenspruch fällt die ganz andere Vorgehensweise in den beiden Sendschreiben nach Thyatira und Laodicea auf. Hier sind die Überwindersprüche nicht mit Bezügen zur aktuellen Gemeindesituation ausgestattet, sondern enthalten nur allgemeine Topoi. In Thyatira sprechen das „Weiden mit eiserner Keule“ sowie der verheißene „Morgenstern“ (2.26–8), den Überwindern die zukünftige Macht über die Heidenvölker zu, doch werden weder die Motive noch Konfliktlinien mit der Gruppe um Isebel aufgegriffen, wie sie der Botenspruch andeutet (πορνεῦσαι καὶ ϕαγεῖν εἰδωλόθυτα, 2.20). Der deutlich anders geartete Befund im Verhältnis zwischen Boten- und Überwinderspruch wiederholt sich unübersehbar im Schreiben nach Laodicea (3.12)Footnote 34 und weist diesen beiden Sendschreiben eine kompositorische Sonderstellung zu.

3. Aufteilung der sieben Sendschreiben in zwei Gruppen

Das dargelegte Referenzsystem für Botenformel und Überwinderspruch sowie die motivlichen wie thematischen Bezüge zwischen Botenspruch und Überwinderspruch demonstrieren einen ausgeprägten literarischen Gestaltungswillen für die einzelnen Sendschreiben. Darüber hinaus bilden sie jedoch auch ein zusammengehöriges Corpus.

Zur Anordnung der sieben Sendschreiben sind diverse Hypothesen aufgestellt worden. So schlägt MorrisFootnote 35 eine Zentrumsstruktur vor, WallFootnote 36 und BealeFootnote 37 hingegen plädieren für ein chiastisches Bauprinzip. Die Autoren orientieren sich ausschließlich am Inhalt der Sendschreiben, der den Glaubenszustand der Gemeinden widerspiegle: Gemeinde 1 und 7 seien äußerst gefährdet, Gemeinde 2 und 6 hingegen stünden vor Gott exzellent da, die Gemeinden 3, 4 und 5 wären als mittelmäßig einzustufen. Die deutlich gesetzten formalen Signale des Verfassers werden hier jedoch gänzlich ausgeblendet. Dies gilt ebenfalls für DulkFootnote 38, der für eine heilsgeschichtliche Anordnung eintritt, die er den Überwindersprüchen entnehmen will: „basic salvation-historical line of paradise – exodus – temple service – ministry of Jesus“.Footnote 39 Für die beigebrachten alttestamentlichen Bezüge benötigt man freilich teilweise ein hohes Assoziationsvermögen und muss zudem die Bileamsgestalt (gestützt auf frühjüdische Belege) vor die Sinaitheophanie ordnen, damit die postulierte heilsgeschichtliche Abfolge entsteht.

Beachtet man die formalen Signale, die der Verfasser gesetzt hat, sind die sieben Sendschreiben deutlich in zwei Gruppen untergliedert. Neben den diesbezüglich schon genannten Beobachtungen zu Boten- und Überwinderspruch führen noch weitere Besonderheiten zu dem Schluss, dass das vierte Sendschreiben nach Thyatira den Abschluss der ersten Gruppe darstellt, das darauf folgende fünfte nach Sardes den Beginn der zweiten. Das siebente und letzte Schreiben nach Laodicea wiederum besitzt gemeinsame Besonderheiten mit jenem nach Thyatira, ist also ebenso als Abschluss – und zusätzlich als Übergang zur Thronsaalvision (Offb 4) – konzipiert.

Mit dem vierten Sendschreiben nach Thyatira endet, wie oben gezeigt, die durchgehende Serie jener Botenformeln, die ausschließlich mit dem Beginn des Buches, näherhin der Beschreibung des Menschensohnähnlichen, verknüpft sind. Beim thyatirischen Überwinderspruch fällt außerdem auf, dass er als einziger nicht nur mit καί eingeleitet wird, sondern auch das stereotype νικᾶν einmalig in den Sendschreiben eine erläuternde Erweiterung erfährt: ὁ νικῶν καὶ ὁ τηρῶν ἄχρι τέλους τὰ ἔργα μου… (2.26). Zusätzlich wird das Siegen der treuen Christen hier mit einem expliziten Bezug zum siegreichen Christus versehen (ὡς κἀγὼ εἴληϕα παρὰ τοῦ πατρός μου, καί δώσω αὐτῷ τὸν ἀστέρα τὸν πρωϊνόν, 2.28).

Ähnliche Besonderheiten prägen auch das siebente und letzte Sendschreiben nach Laodicea als Abschluss der zweiten Gruppe. Wiederum bietet nur dieser Überwinderspruch in 3.21 einen Hinweis auf den Sieg Christi (ὡς κἀγὼ ἐνίκησα) und besitzt wie jener des Schreibens nach Thyatira keinen inhaltlichen Bezug zum Botenspruch. Er umschreibt lediglich allgemein Triumph und Herrschaft am Ende.

Den zwei Schreiben nach Thyatira und Laodicea fällt demnach die Aufgabe zu, die beiden Gruppen von Sendschreiben jeweils abzuschließen, weshalb ihre Überwindersprüche nicht wie die anderen mit aktuellen Bezügen zur Gemeindesituation ausgestattet sind, sondern allgemeine Topoi enthalten. Doch kommt dem letzten Überwinderspruch nach Laodicea auch eine „buchkompositorisch wichtige Funktion“Footnote 40 zu. Er schließt nicht nur das Corpus der Sendschreiben insgesamt ab, sondern liefert eine sprachliche wie konzeptionelle Brücke zum unmittelbar danach eröffneten apokalyptischen Visionsteil, wenn er auf „Gottes Thron“ (5.1, 7; vgl. 22.3), den Sieg des Lammes und dessen Thron (5.5; vgl. 22.1, 3) sowie auf das künftige Herrschen der Christen (5.10; vgl. 22.5) verweist. Dem korrespondiert die buchkompositorisch parallele Gestaltung der Botenformel im ersten Sendschreiben nach Ephesus (2.1). Sie schließt mit ihren „sieben goldenen Leuchtern“ und „sieben Sternen“ eng und direkt an die Vision des Menschensohnähnlichen (vgl. 1.13, 16) an, da einzig diese beiden Elemente dort abschließend herausgegriffen und gedeutet werden (vgl. 1.20). Damit besitzen die sieben Sendschreiben unter formalem Gesichtspunkt eine Rahmung sui generis.

Seinem literarischen Gestaltungswillen entsprechend, eröffnet das fünfte Sendschreiben nach Sardes für den Verfasser die zweite Gruppe, was Besonderheiten dieses Schreibens verdeutlichen. Wie jenes nach Ephesus, das der ersten Gruppe voransteht, nimmt auch die Botenformel nach Sardes auf die „sieben Sterne“ Bezug (vgl. 2.1; 3.1). Eine Doppelung von Christusepitheta findet sich in den Botenformeln sonst nicht.Footnote 41 Erstmals in der Abfolge der Botenformeln besitzt diese zugleich einen Bezug nach vorne wie nach hinten im Buch (1.16; 5.6).Footnote 42 Als auffällig, weil sprachlich einmalig, erweist sich auch der Anschluss des Überwinderspruches von Sardes mit Ὁ νικῶν οὕτως (3.5). Nur er greift auf diese Weise das Schlussbild des Botenspruches im Überwinderspruch direkt auf und führt es weiter (καὶ περιπατήσουσιν μετ᾿ ἐμοῦ ἐν λευκοῖς (3.4) … οὕτως περιβαλεῖται ἐν ἱματίοις λευκοῖς (3.5)).Footnote 43

Eine Zweiteilung des Corpus der sieben Sendschreiben (1. Gruppe: Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira – 2. Gruppe: Sardes, Philadelphia, Laodicea) lässt sich also durch mehrere Textsignale plausibel machen. Sie weisen jenem nach Thyatira wie jenem nach Laodicea eine Schlussstellung zu. Lediglich der auffällige Wechsel zwischen der Position von Weckruf und Überwinderspruch fügt sich nicht in diese Reihe von Beobachtungen ein. Der Überwinderspruch ist in den ersten drei Sendschreiben nach dem gleichbleibend formulierten Weckruf platziert und bildet deren Abschluss. Mit dem nach Thyatira wechseln die Positionen,Footnote 44 was in Spannung zur sonst erkennbaren Zugehörigkeit des vierten Sendschreibens zur ersten Gruppe steht, deren Abschluss erst durch das Schreiben nach Thyatira erfolgt. Die neue Schlussstellung des Weckrufes korrespondiert zwar mit jenen anderen Veränderungen von Formelementen, die mittels der Ausrichtung auf den Schlussteil des Buches die zunehmend universale Bedeutung des Geschehens herausstellen wollen, das weit über den Horizont von sieben Gemeinden hinausgeht, kommt jedoch unter gruppenstrukturellem Aspekt in Thyatira zu früh.

Der Grund, von dem sonst ziemlich deutlichen System von zwei Sendschreibengruppen abzuweichen, mag sich in einer spezifischen Akzentsetzung für Thyatira finden, wie er einzelne Sendschreiben punktuell kennzeichnet. Denn Christus kündigt sein Kommen auch für Ephesus (2.5), Pergamon (2.16) und Sardes (3.3) im Botenspruch an, um Gegner zu bekämpfen oder zu strafen, aber nur in Thyatira, wo Christus sein Gericht an Isebel und ihren Getreuen ebenfalls in Aussicht stellt (2.22–3), weitet sich die mahnende Perspektive bereits im Botenspruch verallgemeinernd auf sämtliche Gemeinden: καὶ γνώσονται πᾶσαι αἱ ἐκκλησίαι ὅτι ἐγώ εἰμι ὁ ἐραυνῶν νεϕροὺς καί καρδίας, καί δώσω ὑμῖν ἑκάστῳ κατὰ τὰ ἔργα ὑμῶν (2.23b). Die Funktion der Weckrufe besteht grundsätzlich darin, „das für die einzelne Gemeinde jeweils individuell Gesagte für alle Gemeinden gültig zu erklären“Footnote 45. Diese allgemeine Perspektive ist für den Verfasser gerade in Thyatira von besonderer Bedeutung, was 2.23 ausdrücklich ins Wort hebt und durch das Achtergewicht des Weckrufes eine zusätzliche Unterstreichung erfährt. Seine Schlussstellung in Thyatira resultiert demnach aus einer spezifischen Akzentsetzung, die einzelne Sendschreiben immer wieder prägt und zu Variationen führt. In Thyatira nimmt der Verfasser deshalb die formale Störung in Kauf, die seine Gruppenanordnung der Sendschreiben damit erfährt. Insofern ist das Achtergewicht des Weckrufes in Thyatira kein struktureller Fauxpas, sondern verdankt sich der für den Verfasser paradigmatischen Situation in jener Gemeinde. Christus setzt durch die Krankheit der Prophetin ein Zeichen, das alle kleinasiatischen Gemeinden von der Wahrheit der Botschaft des Johannes überzeugen wird. Sein inhaltliches Anliegen überwiegt gegenüber dem formalen Gestaltungswillen.Footnote 46

4. Buchkompositorische Funktion und Textpragmatik der Sendschreiben

Die sieben Sendschreiben bilden einen fest integrierten Bestandteil der Offenbarung des Johannes. Die intensive buchkompositorische Vernetzung geschieht sowohl mittels der Botenformel als auch des Überwinderspruches und verfolgt zugleich ein textpragmatisches Ziel. In der Botenformel basiert die Verknüpfung primär auf den christologischen Bildelementen. Diese schaffen den Gegensatz zum „System Rom“, da die Bezüge die Herrschermacht Christi hervorheben. Die intensive Ausrichtung auf den Christus, der herrscht und triumphiert, soll die Glaubenstreue in den bedrängten Gemeinden (vgl. πίστις, 2.13, 19; ὑπομονή, 2.2–3, 19; 3.10) stärken. Der Schwenk in der Blickrichtung der Botenformeln, der mit dem Sendschreiben nach Sardes einsetzt, unterstützt dieses Anliegen zusätzlich. So orientieren sich die christologischen Elemente der Botenformel nach und nach nicht mehr ausschließlich an der Anfangsvision des Menschensohnähnlichen, sondern durch neue Anknüpfungspunkte, die in die zentralen Abschnitte des apokalyptischen Hauptteiles führen (Vision vom Lamm, Plagenzyklus, Schlussvision des Endheils), wächst der literarische Zusammenhalt des ganzen Buches und verstärkt der Verfasser zugleich sein textpragmatisches Ziel. Die geplagten Leserinnen und Leser sollen realisieren, dass ihre gegenwärtige Drangsal bereits von jener Zukunft umgriffen und erfasst ist, die der errungene Sieg des Lammes garantiert. Die literarische Dynamik des Schwenks in den Verknüpfungen der Botenformel hin zur positiven Zukunftsvision am Ende des Buches soll die Angeschriebenen existentiell erfassen, mitreißen und (weiter oder neu) motivieren.

In den Überwindersprüchen wird mittels der buchkompositorischen Vernetzungen die mentale Ausrichtung der Angeschriebenen auf Triumph und Heil zusätzlich gefestigt. Diese Perspektive der Kapitel 19–22 leuchtet durch die literarischen Bezüge wie ein fernes Licht in die bedrückende Gegenwart der angeschriebenen Gemeinden und überstrahlt so auch die dazwischen liegende plagenreiche Phase des anhebenden Endgerichts. Die Einzelbilder der νικᾶν-Sprüche sind also gezielt aus dem triumphalen Schlussbild genommen, dessen motivierende Kraft dazu eingesetzt wird, die aktuelle Phase der Drangsale in den Gemeinden bewältigen zu helfen.

Um dies noch zu verstärken, sind die von der gegenwärtigen Gemeindesituation geprägten Botensprüche mit den zukunftsorientierten Überwindersprüchen ebenfalls mittels Bildern und Motiven eng verwoben. Nur jene von Thyatira und Laodicea bilden dabei eine gezielt geschaffene Ausnahme, wodurch die Sendschreiben als zwei Gruppen erscheinen (Ephesus, Smyrna, Pergamon, Thyatira – Sardes, Philadelphia, Laodicea). Diese Zweiteilung, die den Schreiben nach Thyatira und Laodicea eine Schlussstellung und dem von Sardes eine Scharnierfunktion zuweist, verdankt sich allerdings nicht einem Hang zu literarischer Spielerei. Der Schwenk in der Verknüpfungsrichtung der Botenformel prägt die zweite Gruppe und schafft ein Achtergewicht. Indem für die Vernetzungen zwischen den Sendschreiben und dem übrigen Buch hier zunehmend Motive Verwendung finden, die aus dem von Sieg und Freude geprägten Schlussteil der Offenbarung stammen, wird der Blick in den Gemeinden konsequent auf diese Zukunft ausgerichtet.

Der Positionswechsel des Weckrufes bereits im Sendschreiben nach Thyatira, der den anderen Hinweisen auf eine Einteilung der sieben Schreiben in zwei Gruppen zuwiderläuft, verdankt sich dem paradigmatischen Charakter des Unglücks, das Isebel, die Gegnerin des Johannes in Thyatira, mit ihrer Krankheit bereits getroffen hat. Es soll allen Gemeinden als lebendige Warnung dienen. Der stets die Einzelsituation transzendierende Weckruf, der die Mahnungen und Zusagen auf sämtliche Gemeinden ausdehnt, wird deshalb bereits im vierten Sendschreiben in die Endstellung gerückt, obwohl das unter literarisch-systematischem Gesichtspunkt im ersten Sendschreiben der zweiten Gruppe, jenem nach Sardes, besser passen würde.

Stellenweise führt also die spezielle Situation einer Gemeinde zu Variationen in der sonst sehr schematischen Gestaltung der Sendschreiben und ihrer Konzeption als zusammengehöriges Corpus. Solche Besonderheiten bzw. Abweichungen signalisieren aber weniger, dass der Verfasser an die Grenzen seines Willens oder seiner Fähigkeit zu gestalten gekommen ist, sondern dass er der Textpragmatik den Vorzug gegenüber Formalem einräumt.

References

1 Zur Terminologie und Formbestimmung vgl. Giesen, H., Die Offenbarung des Johannes (RNT; Regensburg: Friedrich Pustet, 1997) 93–4Google Scholar; Lichtenberger, H., Die Apokalypse (ThKNT 23; Stuttgart: W. Kohlhammer, 2014) 82–3Google Scholar.

2 Vgl. auch Satake, A., Die Offenbarung des Johannes (KEK 16; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008) 150CrossRefGoogle Scholar.

3 Aune, Anders D. E., Revelation A (WBC 52A; Dallas, TX: Word Books, 1997) 121Google Scholar, der sich vom Konkordanzbefund täuschen lässt und auf Offb 1.9–20 fixiert bleibt; ähnlich P. Prigent, L'Apocalypse de Saint Jean (CNT(N) 14; Genève: Éditions Labor et Fides, 20003) 113 mit Anm. 3 sowie S. 147.

4 Das ἑπτά ist textkritisch unsicher. Vgl. Aune, Revelation A, 324.

5 Vgl. auch Giesen, Offenbarung, 131; ohne Referenzpunkt Satake, Offenbarung, 181; Beale, G. K., The Book of Revelation: A Commentary on the Greek Text (The New International Greek Testament Commentary; Grand Rapids: Eerdmans, 1999) 283Google Scholar, will hingegen „a paraphrastic development of ,faithful witness' in 1:5a“ erkennen. – Offb 6.10 ist zwar Teil des ersten Plagenzyklus, doch durchbricht das 5. Siegel ihn insofern, dass den Geschlachteten unter dem Altar mit der weißen Stola bereits ein Zeichen ihres Sieges verliehen wird. Die Anrede ὁ δεσπότης verknüpft ὁ ἅγιος καὶ ἀληθινός mit Gott, doch sind zahlreiche Epitheta in der Offenbarung des Johannes zwischen Gott und Christus austauschbar.

6 So z. B. Giesen, Offenbarung, 132; Satake, Offenbarung, 181; Beale, Revelation, 283.

7 Das Schlüsselmotiv ist stärker mit Blick auf den Botenspruch von Philadelphia gewählt, wie die enge Anbindung durch θύραν ἠνεῳγμένην … οὐδεὶς δύναται κλεῖσαι unmittelbar danach (V. 8) erkennen lässt. Solche Vernetzungen zwischen Botenformel und Botenspruch sind nichts Außergewöhnliches: vgl. ganz deutlich 2.1 // 2.5; 2.12 // 2.16; ev. auch 2.8 (νεκρὸς καὶ ἔζησεν) // 2.10 (ἄχρι θανάτου … τὸν στέϕανον τῆς ζωῆς).

8 Zum vermutlich messianischen Verständnis von Jes 22.22 im Targum vgl. Prigent, Apocalypse, 154.

9 Wiederholte Aufnahmen von Begriffen bzw. Motiven verdanken sich der „spiralförmigen Erzählstruktur“ der Offenbarung. Vgl. u. S. 56 Anm. 17.

10 Zu den Briefelementen der Offenbarung des Johannes vgl. grundlegend Karrer, M., Die Johannesoffenbarung als Brief: Studien zu ihrem literarischen, historischen und theologischen Ort (FRLANT 140; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1986)CrossRefGoogle Scholar.

11 Vgl. z. B. Giesen, Offenbarung, 139; Satake, Offenbarung, 186.

12 Allerdings nur im hebräischen Text, nicht aber LXX (τὸν θεὸν τὸν ἀληθινόν); anders allerdings Sym: τὸν Θεόν, ἀμήν.

13 Der Schriftgebrauch des Verfassers ist jedenfalls nicht streng atomistisch. Auch das zentrale Bild des βιβλίον κατεσϕαγισμένον (Offb 5.1) beinhaltet nicht nur Wehe und Klagen, sondern ebenso die Sicht auf Erlösung und Heil. Wie in Ez 2.9–10 wird es dem süß wie Honig (Ez 3.3), der auf der Seite Gottes steht und seinen Willen erfüllt. Zum mannigfaltigen Umgang des Verfassers mit alttestamentlichen Texten, der häufig auch den Kontext miteinbezieht vgl. umfassend Beale, Revelation, 76–99.

14 Vgl. Aune, D. E., Revelation C (WBC 52C; Nashville, TS: Thomas Nelson, 1998) 1126Google Scholar. – Wegen des binominalen Charakters in 21.6, 22.13 lehnt Prigent, Apocalypse, 163, eine Bezugnahme ab und vermutet gnostisierende Vorstellungen, die nach Kolossä (vgl. Kol 1.15–18) verweisen.

15 In 5.13 lobt die gesamte Schöpfung (πᾶν κτίσμα) Gott und das Lamm. ᾿Αρχή könnte dann die Schöpfungsmittlerschaft (so Giesen, Offenbarung, 139) oder jedenfalls die Vorordnung vor alle Schöpfung (so U. B. Müller, Die Offenbarung des Johannes (ÖTBK 19; Gütersloh: Gütersloher Verl.-Haus/Würzburg: Echter, 19952) 135–6) und Nähe zu Gott anklingen lassen. Dann wäre einmal mehr die Vision vom Lamm der Referenzpunkt in einer Botenformel der zweiten Gruppe (zur Zweiteilung des Sendschreibencorpus vgl. u. S. 60–64). Allerdings setzt der Wechsel von κτίσις (sonst nur noch Offb 8.9) zu κτίσμα ein zusätzliches Fragezeichen hinter diese Lösung.

16 Anders als bei den Botenformeln setzt der Wechsel nicht erst mit dem Sendschreiben nach Sardes, sondern bereits mit jenem nach Thyatira ein. Zu einer weiteren und inhaltlich gut begründbaren Variation bezüglich der Schlussstellung des Schreibens nach Thyatira in der ersten Gruppe der Sendschreiben vgl. u. S. 63f.

17 Die Prolepse von Offb 12–15 ist Teil jener „spiralförmigen Erzählstruktur“, bei der sich in der Offenbarung des Johannes „die Zeitstufen ständig durchdringen“. St. Schreiber, „Die Offenbarung des Johannes“, Einleitung in das Neue Testament (Hg. M. Ebner/St. Schreiber; KStTh 6; Stuttgart: Kohlhammer, 20132) 566–93, hier 568–9.

18 Beale, Revelation, 134–5, ersetzt teilweise die wörtlichen Bezugnahmen gänzlich durch motivliche und bezieht deshalb auch das δώσω αὐτῷ ἐξουσίαν ἐπὶ τῶν ἐθνῶν der Sieger in 2.26 auf 22.5 (καὶ οἱ δοῦλοι αὐτοῦ … βασιλεύσουσιν εἰς τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων); vgl. βασιλεύσουσιν aber auch in 5.10; 20.6. Der Verfasser greift jedoch nicht sämtliche Elemente der Überwindersprüche später auf (vgl. 3.5b) und eine Throngemeinschaft mit dem Lamm im strengen Sinn kehrt als Bild ebenfalls nirgends wieder.

19 Einzige Ausnahme bildet der zusätzliche Bezug von 3.5 auf 17.8.

20 Zu einzelnen solchen Verbindungen zwischen Botenformel und Botenspruch vgl. o. S. 63 Anm. 7.

21 Zum religiösen wie sozialen Hintergrund des Problems vgl. Müller, Offenbarung, 97–8.

22 Vgl. zu Pergamon auch Satake, Offenbarung, 167.

23 Vgl. Stowasser, M., „Synagoge des Satans: Innerjüdische Bruchlinien in der Offenbarung des Johannes”, Die Offenbarung des Johannes: Kommunikation im Konflikt (Hg. Th. Schmeller, M. Ebner, R. Hoppe; QD 253; Freiburg im Breisgau: Herder, 2013) 137–64Google Scholar, hier 148.

24 Vgl. auch Giesen, Offenbarung, 129: „Das bildet einen deutlichen Kontrast zum geistlichen Tod in v. 1.“

25 Die andere Verbindungslinie schafft das Stichwort des „Namens“ (V. 8b // V. 12c).

26 Es ist kein Zufall, dass das betonte οὐ μή sich in gleicher Weise nur noch im Überwinderspruch an die Gemeinde von Smyrna findet (2.11b), die ebenfalls im Konflikt mit der „Synagoge des Satans“ lebt (2.9). Dem (wohl bereits erfolgten) Ausschluss aus der Synagoge war die Androhung mitgegeben, mit solcher Verstoßung der ewigen Verdammnis (ὁ θάνατος ὁ δεύτερος) anheimzufallen. Vgl. Karrer, Johannesoffenbarung, 194. – Zum jüdischen bzw. judenchristlichen Ursprung des Neologismus vom „zweiten Tod“ vgl. Aune, Revelation C, 1091–3.

27 Zum Tempel als Bild für die Kirche vgl. 1 Kor 3.1–16; 2 Kor 6.16; Eph 2.19–22; 1 Petr 2.4–10.

28 Giesen, Offenbarung, 135, vermutet als aktuellen Bezugspunkt ein zerstörerisches Erdbeben, das die Stadt heimgesucht hatte.

29 Solche Spannungen erklären sich durch die Verwendung ganz unterschiedlicher Heilsbilder in der Offenbarung, die als Nebeneinander, nicht aber als kohärente Ereignisfolge eines Nacheinander zu deuten sind. So zu Frey, Recht J., „Was erwartet die Apokalypse? Zur Eschatologie des letzten Buches der Bibel“, Die Johannesapokalypse: Kontexte – Konzepte – Rezeption (Hg. J. Frey, J. A. Kelhoffer, F. Tóth; WUNT i 287; Tübingen: Mohr Siebeck, 2012) 473551Google Scholar, bes. 541.

30 Das Element der (dreifachen) Beschriftung mit den unterschiedlichen Namen verdankt sich eher der Kreativität des Verfassers und muss nicht auf antiken Vorbildern von beschrifteten Säulen beruhen (dazu vgl. Aune, Revelation C, 242).

31 Vgl. denselben inhaltlich recht deutlichen Bezug zum Stichwort „Namen“ auch zwischen 3.8 und 3.12.

32 Vgl. die Diskussion bei Satake, Offenbarung, 167–8; Aune, Revelation A, 189–91.

33 Vgl. Th. Zahn, Die Offenbarung des Johannes (2 Bde.; KNT 18; Leipzig: A. Deichert, 1924–6; zitiert hier: Wuppertal: R. Brockhaus, 1986) 277–8Google Scholar.

34 Prigent, Apocalypse, 168: „Cette finale [= 3.21] rappelle de très près Ap. 2,26–7.“

35 Vgl. Morris, L., The Revelation of St. John (TNTC; Grand Rapids: Eerdmans, 1969) 57–8Google Scholar.

36 Vgl. Wall, R. W., Revelation (New International Biblical Commentary; Peabody, MA: Hendrickson, 1991) 69Google Scholar.

37 Vgl. Beale, Revelation, 226–7.

38 Vgl. den Dulk, M., „The Promises to the Conquerors in the Book of Revelation“, Bib. 87 (2006) 516–22Google Scholar.

39 Dulk, „Promises“, 522.

40 Satake, Offenbarung, 149.

41 Zwischen der Doppelbezeichnung ὁ ἅγιος, ὁ ἀληθινός in 3.7 und ὁ πιστὸς καὶ ἀληθινός als Einzelbestimmung in 3.14 ist zu unterscheiden. Vgl. o. S. 52f. mit Anm. 5.

42 Vgl. dazu o. S. 52. – Auch die Überwindersprüche kennen eine Schemaänderung, indem – allerdings bereits mit dem Sendschreiben nach Thyatira beginnend – die Vernetzungen mit der Schlussvision um solche mit der Prolepse der Kapitel 12–15 erweitert werden. Vgl. o. S. 56.

43 Dies könnte sich jedoch auch einer individuellen Akzentsetzung verdanken, welche die Sendschreiben stellenweise prägt, und nicht so sehr dem übergreifenden literarischen Gestaltungswillen.

44 Von kompositorischem Interesse ist bei der Umstellung von Weckruf und Überwinderspruch in der Literatur immer wieder die Rede, zumeist allerdings ohne näher zu erläutern, worin selbiges besteht (vgl. z. Roloff, B. J., Die Offenbarung des Johannes (ZBK NT 18; Zürich: Theologischer Verlag, 2001 3) 48Google Scholar). Satake, Offenbarung, 151, erkennt eine grundlegend buchgestaltende Funktion des Weckrufes darin, dass statt Christus „der Geist“ zum Subjekt der Rede wird und so der Visionsteil (vgl. 1.10; 4.2) in den Blick kommt, interpretiert allerdings den Positionswechsel aus der Perspektive des Überwinderspruches: „Er [= Verf.] hat beim Schreiben gemerkt, dass die Verheißung ihrer Natur gemäß eine enge Beziehung zu den Mahnungen hat, die im Hauptteil [= der Sendschreiben] ausgesprochen werden … Es ist also zweckmäßig, den Überwinderspruch dicht an den Hauptteil zu rücken und den Weckruf ganz an das Ende zu stellen.“

45 Müller, Offenbarung, 93.

46 Eventuell war die Anordnung der Sendschreiben auch wegen der geographischen Route, die das Buch nehmen sollte, nicht beliebig veränderbar, da die Städte „alle an der großen Verbindungsstraße liegen, die von Ephesus aus nordwärts über Smyrna und Pergamon führte und anschließend über Thyatira, Sardes, Philadelphia und Laodizea südwärts zurück nach Ephesus“. So Müller, Offenbarung, 82, der zumindest gegen die Verbindung zu militärischen Poststationen Bedenken anmeldet.